Aufhebung von Bescheiden wegen Veränderung im Bewilligungszeitraum §48 SGB X
Nach der Bekanntgabe der Entscheidung verändert sich etwas. Dann wird der Bescheid angepasst - so weit so gut.
Aber dabei geschehen ab und zu Fehler und es wird fehlerhaft Geld zurückgefordert.
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§48 SGB X wird zur Aufhebung eines Bescheids mit Dauerwirkung verwendet wenn es nach der Bekanntgabe eine Veränderung gibt.
Mit Dauerwirkung sind alle Bescheide mit denen nicht nur eine einmalige Entscheidung getroffen wird. Dauerwirkung hat zB ein Leistungsbescheid.
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#IchbinArmutsbetroffen|e kennen die Problematik. Es wird eine Veränderung mitgeteilt und das #Jobcenter oder #Sozialamt braucht länger um auch die Bescheide anzupassen.
Aber ist dann ab dem Zeitpunkt der Veränderung oder ab der Entscheidung für die Zukunft aufzuheben?
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Nach §48 Abs 1 S1 SGB X ist der Normalfall eine Korrektur der Entscheidung nur für die Zukunft, also ab dem Moment der Entscheidung im Amt. Für die Zeit zwischen Veränderung und Treffen der Entscheidung soll also nichts verändert werden.
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Es gibt aber 4 sehr häufige Fälle, in denen eine Korrektur ab dem Zeitpunkt der Veränderung (also vom Zeitpunkt der Entscheidung aus rückwirkend) zulässig ist. Diese sind in §48 Abs 1 S2 SGB X definiert.
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1. Wenn die Änderung zum Vorteil des Betroffenen erfolgt. 2. Verletzung der Mitteilungspflicht
Aber nur, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde. Grob fahrlässig meint, dass etwas unbewusst war, aber derjenige es zwingend hätte wissen müssen.
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Wenn also etwas, dessen Mitteilung sich quasi aufdrängt, nicht mitgeteilt wurde, dann ist eine rückwirkende Änderung möglich.
Dies muss das Jobcenter aber nachweisen.
Wurde mitgeteilt oder ist es nicht so offensichtlich, ist keine rückwirkende Änderung nach Nr.2 möglich.
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Beispiel:
Abbruch der schulischen Ausbildung im 12/2021. Mitteilung 12/2021. Jobcenter reagiert aber erst 03/2022. Dadurch wurden 53€ Schulbeihilfe fälschlich ausgezahlt.
Keine Rückforderung möglich, da keine rückwirkende Änderung möglich, sondern nur für die Zukunft.
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3. Wenn Einkommen oder Vermögen erzielt wurde.
Bei der Erzielung von Einkommen oder Vermögen ist immer eine rückwirkende Anpassung möglich. Ein Verschulden der Überzahlung ist für die rückwirkende Korrektur nicht nötig.
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Beispiel:
Bewilligungsabschnitt bis 30.4.
Lohnerhöhung 1.2 mitgeteilt am 15.1.
+ noch mal im Weiterbewilligungsantrag
gezahlt wurde trotzdem gleich bis 1.7.
✅§48 SGB X: Rückforderung ab 1.2. bis 30.4.
❌§45 SGB X: Rückforderung ab 1.5. bis 1.7.
4. Ruhen des Anspruchs
Wenn der Leistungsberechtigte wusste oder hätte wissen müssen, dass er nicht Leistungsberechtigt ist.
11/20
Trifft keiner der Punkte zu ist nur für die Zukunft anzupassen.
Trifft einer der Punkte zu, ist ab dem Zeitpunkt der Änderung(1.), dem Beginns des Anrechnungszeitraums(3.) oder ab dem Zeitpunkt an dem der Leistungsberechtigte Kenntnis hatte oder hätte haben müssen(2.+4.)
12/20
§48 Abs2 SGB X legt fest, dass rechtliche Änderungen durch veränderte BSG-Rechtssprechung zugunsten des Betroffenen für die Zukunft (ab dem Urteilsdatum) zu ändern sind, wenn dieser es beantragt (Einzelfall). Das Amt ist nicht verpflichtet von Amtswegen anzupassen.
13/20
Weiß man aber von einem BSG-Verfahren, das einen indirekt betrifft, und will eine Änderung auch rückwirkend erreichen, ist es möglich einen Widerspruch/Überprüfungsantrag mit der Bitte um Entscheidung erst nach Abschluss des Verfahrens einlegen.
14/20
§48 Abs4 verweist "unübersichtlich" auf andere Paragraphen und wird daher häufig ignoriert.
Aber die sind wichtig.
§44 Abs3+4:
Zuständig ist die aktuell zuständige Behörde
Nachzahlungen für bis zu 4 Jahre vor dem aktuellen Jahr Details siehe hier:
§45 Abs 3 SGB X beschränkt die Zeit der Rücknahme bei Bescheiden mit Dauerwirkung (nicht nur ein einmaliges Ge- oder Verbot) auf 10 Jahre.
Theoretisch könnte das Jobcenter daher noch heute Bescheide aus 2013 zurücknehmen.
16/20
§45 Abs4 SGB X beschränkt die Zeit in der das Jobcenter einen Bescheid für die Vergangenheit zurücknehmen kann auf ein Jahr nach der Kenntnis über die Fakten, die eine Rücknahme rechtfertigen.
Diese Regelung gilt nicht bei Anpassungen zugunsten des Berechtigten.
17/20
Beispiel:
Olga hat eine Steuererstattung bekommen und dies am 25.7.21 persönlich und nachweislich mitgeteilt. Am 1.8. würde die Anrechnung des Einmaleinkommens beginnen. Hat das Jobcenter bis zum 1.8.22 nicht reagiert, kann es nicht mehr anpassen und Geld zurückfordern.
18/20
Der große Unterschied zwischen Rückforderungen nach §45 und §48 SGB X ist der Vertrauensschutz, der in §45 SGB X (Korrektur wenn von Beginn an falsch) gegeben ist, nicht aber bei §48 SGB (Anpassung wegen Veränderung im Bewilligungszeitraum).
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Rechtsgrundlagen:
§48 SGB X
§44 Abs 3+4 SGB X
§45 Abs3+4 SGB X
Viele Menschen in #HartzIV oder #Grundsicherung haben Angst, dass bei einem Verkauf von Eigentum erhaltenes Geld als Einkommen angerechnet werden könnte.
Diese Sorge ist aber unbegründet.
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Der Verkauf von eigenen Sachen, ist kein anzurechnendes Einkommen beim #Jobcenter und #Sozialamt, es sei denn es hätte die Dimension eines selbstständigen Handelns.
2/10
Durch den Verkauf von Eigentum wird eine Sache, die schon vorher Teil des Vermögens war, in Geld umgewandelt, das auch danach Teil des Vermögens ist. Das Vermögen (bestehend aus Sachen+Geld) bleibt unverändert. Es gab keinen wertmäßigen Zuwachs, daher ist es KEINE Einnahme.
1. vom Minijob darf nicht der angerechnete Betrag,
sondern nur der Freibetrag behalten werden 2. Beim Vollzeitjob gibt es noch Aufstockung 3. Führerschein wird so gut wie nie bezahlt
Gas/Heizkostennachzahlungen für #Rentner
- Beispielrechnung 7
Herr und Frau O sind #IchbinArmutsbetroffen|e Rentner und verheiratet.
Er bekommt 1500€ Brutto(1306€ Netto) inkl. Grundrente. Sie 700€Brutto (623€ Netto)
Sie müssen 600€ nachzahlen - gibt es Unterstützung?
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Ihre Wohnung kostet 650€ Kaltmiete, 80€ Nebenkosten und sie haben 70€ Gasabschlag gezahlt.
Sie selbst sagen, sie haben ein knappes Einkommen. Sie kommen klar, übrig bleibt wenig...die 600€ würden richtig weh tun.
Aber müssen sie die Nachzahlung alleine aufbringen?
Übergang vom #Sozialamt zum #Jobcenter - Kinder nehmen ihre Eltern mit oder doch nicht?
Kinder unter 15, bei denen die Eltern Geld vom Sozialamt beziehen, wechseln normalerweise am 15. Geburtstag zum Jobcenter. Manche nehmen die ganze Familie mit, andere nicht...
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Grundlage dieser Thematik ist, dass Kinder (auch Schüler) am 15. Geburtstag erwerbsfähig im Sinne des SGB II werden (außer sie sind aufgrund einer Behinderung nicht erwerbsfähig).
Grundlage hierfür ist §7 Abs1 Nr1 SGB II.
2/20
Das bedeutet auch, dass für diese Kinder, die bisher Leistungen vom Sozialamt erhielten, im Monat des 15.Geburtstags ein Antrag beim Jobcenter gestellt werden muss.
Gasnachzahlung mit Wohngeld und Kinderzuschlag
- Beispielrechnung 6
Familie A+B haben unverheiratet 2 Kinder (7;13). Er verdient als Einzelhandelskaufmann 2700€ Brutto, sie hat einen 450€-Job.
Sie beziehen 147€ Wohngeld + 385€ Kinderzuschlag
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Ihre Wohnung kostet 850€ Kaltmiete, 140€ Nebenkosten und sie haben 150€ Gasabschlag gezahlt.
Sie müssen für Gas 1200€ nachzahlen.
Mit Wohngeld und Kinderzuschlag kommen sie gut aus...aber sie hätten Probleme die 1200€ zu zahlen.