Betr: Peter Ramsauer / Nebeneinkünfte

CSU-MdB Ramsauer hat dieser Tage ordentlich Stimmung gegen die neuen Transparenzpflichten für Nebeneinkünfte gemacht. Was treibt ihn an? (Vielleicht ist es ein ominöser "Mandant 2") 🧵
Ramsauer kommt in einem Artikel der Wirtschaftswoche zu Wort, der die (grob irreführende) Überschrift trägt: "Abgeordnete torpedieren strengere Regeln zu Nebeneinkünften".
wiwo.de/politik/deutsc…
In dem Text wird fälschlicherweise behauptet, dass erst 112 MdBs ihre Nebeneinkünfte beim Bundestag gemeldet hätten. Das ist Unsinn: Von 112 MdBs wurden die Angaben letzte Woche *veröffentlicht* - gemeldet wurden sie von sehr viel mehr (sie sind halt noch nicht öffentlich).
Hintergrund: Der Bundestag sagt, er könne die Tätigkeiten und Einkünfte nicht schneller veröffentlichen - einer der Gründe: Die MdBs hätten ihre Angaben auf Papier gemacht, die pdfs müssten jetzt abgetippt werden. (Dazu kann sich jeder selbst eine Meinung bilden...)
In dem WiWo-Artikel darf Ramsauer lospoltern - und das offenbar basierend auf der falschen Ausgangsthese des Autors. Der schreibt: "Für Ramsauer zeigt der extrem schleppende Rücklauf, dass die Parlamentarier die Komplexität der Regeln ablehnen...."
"...'Wenn es in dem Tempo weitergeht, ist am Ende der Legislaturperiode vielleicht etwas mehr als die Hälfte der Abgeordneten erfasst, die anderen nicht', sagt der CSU-Veteran."
Auch das ist Humbug.
1. Ob die Abgeordneten ihren Veröffentlichungspflichten nur schleppend nachkommen, dürfte Ramsauer gar nicht wissen - aus der Bundestagsverwaltung ist zum Rücklauf anderes zu hören. (Würden MdBs ihre Angaben nicht melden, droht ihnen ein Ordnungsgeld)
2. Dass bis 2025 nur etwas mehr als die Hälfte der MdBs erfasst sein könnten, ist ebenfalls aus der Luft gegriffen. In Wirklichkeit will die Bundestagsverwaltung sämtliche Einträge bis Ostern 2023 veröffentlicht haben.
Bis dahin sollen jede Woche im Schnitt 30 neue Einträge hinzukommen. Die schleppende Veröffentlichung ist zwar vollkommen inakzeptabel und Kritik daran berechtigt, aber Ramsauer redet hier offenbar wider besseren Wissens:
Am 21. Oktober 2021 hatten alle Abgeordneten eine Mail von Bundestagsvize-Präsidentin Aydan Özoğuz erhalten, mit der sie über die geplante Veröffentlichungspraxis bis Ostern informiert wurden.
Ungeachtet dessen ledert der CSU-MdB in der WiWo gegen die verschärften Transparenzpflichten, die er „völlig überzogen“ findet. Alles sei "so kompliziert, dass es einfach nicht funktioniert“. Was könnte Ramsauer stören?
In der Vergangenheit gehörte Ramsauer zu den MdBs mit den höchsten Nebeneinkünften. Allein 2017-2021 kassierte er mind. 1,07 Mio. nebenbei:
- mit Unternehmensposten
- als Präsident der deutsch-arab. Handelskammer
- als Strategieberater.
bundestag.de/webarchiv/abge…
Kurzer Blick auf Ramsauers Angaben als Strategieberater aus der letzten Wahlperiode: Von einem unbekannten "Mandant 2" hat der Ex-Minister mind. 465.000 € erhalten 👇 Screenshot von Ramsauers Ab...
Durch die neuen Transparenzregeln dürfen Geschäftspartner nun nicht mehr anonym bleiben (es gibt nur wenige Ausnahmefälle). In Kürze dürfte also bekannt werden, wer z.B. Ramsauers ominöser "Mandant 2" ist, der ihm in der Vergangenheit annähernd eine halbe Mio. € zukommen ließ.
Es ist nicht das erste Mal, dass Ramsauer gegen mehr Transparenz wettert. Einen Verhaltenskodex der @cducsubt-Fraktion nannte er mal die „Einrichtung einer Fraktions-Stasi, die alles Mögliche genehmigen muss, wenn man irgendwas tut“.
Unter diesen Voraussetzungen habe "doch niemand mehr Lust, Politik zu machen,“ beklagte Ramsauer. "Niemand" ist vielleicht etwas übertrieben, aber zumindest einer hat keine Lust mehr: Ramsauers Ex-Fraktionskollege Joachim Pfeiffer.
Pfeiffer hatte wegen des CDU/CSU-Verhaltenscodex seine Kandidatur zur Bundestagswahl 2021 wieder zurückgezogen. Mit dem Codex, der nach der Maskenaffäre eingeführt wurde, werde "das freie Mandat ausgehebelt", behauptete Pfeiffer. Heute arbeitet er für eine große Lobbyagentur.
Zurück zu #Ramsauer. Als er 2017 vom SPIEGEL mit unseren Recherchen zu seinen Nebeneinkünften konfrontiert wurde, antworte er: "Zu Fragen unseriöser Organisationen beziehe ich keine Stellung."
spiegel.de/politik/deutsc…
Den neuen Transparenzpflichten wird Ramsauer sich dagegen nicht widersetzen können. Wir dürfen gespannt sein auf die Veröffentlichung seiner Nebeneinkünfte - wann immer sie erfolgt. Und auf den Namen von "Mandant 2".
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