#Russland und #China feiern aktuell ihre "strategische Partnerschaft". #Putin verkauft sein Land als historischen Vorkämpfer der "multipolaren Weltordnung" gegen die "Vormacht des westlichen Imperialismus und Kolonialismus". Stimmt das? Ein kurzer historischer Thread🧵/1
Das russische Zarenreich wollte im 19. Jahrhundert eine europäische Imperialmacht sein, seine Macht in Asien und Afrika ausbauen. Die russischen Truppen drangen in Ostsibirien und der Mandschurei bis China vor und zwangen dem Kaiser "ungleiche Verträge" zur Grenzziehung auf/2
Die Russen verstanden sich als überlegene europäische ("weiße"!) Kolonialmacht gegen "unzivilisierte" Asiaten. Kulminationspunkt war der chinesische "Boxeraufstand" (1889-1901) gegen den Einfluss der Europäer und die Christianisierung. Die Russen stellten (nach Japan) das /3
zweitgrößte Militärkontingent zur Niederschlagung des Aufstands. Dabei hatte das Zarenreich sich zunächst als Freund Chinas inszeniert, heimlich die Boxer unterstützt um dann als "Ordnungsmacht" eingreifen zu können. Russische Truppen plünderten Peking und sicherten sich/4
1/3 der "Reparationen", die Peking nach der Niederschlagung des Aufstands zu leisten hatte. Das Kaiserreich sollte sich nie wieder davon erholen. Russland nutzte die Schwäche Pekings und setzte seine Eroberungen in der Mandschurei fort - erst die Niederlage gegen Japan (1905)/5
stoppte die russische Expansion. China und Russland erlebten beide Bürgerkrieg und Revolution. Stalin betrachtete Mao weiterhin aus "kolonialer" Perspektive, unterstützte Anfangs sogar die chinesischen Nationalisten (Kuoamintang). Nach dem Sieg der chin. Kommunisten (1949)/6
fügte sich Mao widerwillig der Rolle als "Juniorpartner" Moskaus. Nach dem Tod Stalins (1953) begann die Emanzipation der Chinesen und es kam zu Konflikten um die Grenzziehung. Die Sowjetunion hielt an den im 19. Jahrhundert abgesteckten Grenzen fest, Peking verlangte Revision/7
In den 1960er Jahren kam es zu einer Reihe von Grenzkonflikten und bewaffneten Auseinandersetzungen. 1969 drohten diese zu einem Krieg zu eskalieren. Einige Experten glauben, dass die Welt damals näher am Atomkrieg war als während der Kubakrise. Ein Zufall brachte Entspannung/8
Der Tod des vietnamesischen Revolutionsführers Ho Chi Minh brachte die Konfliktparteien (unter Vermittlung der USA! 😱) wieder zusammen. Der Konflikt um die Grenze ist seitdem eingefroren aber nicht gelöst. Ostsibirien gerät seit Jahren immer stärker unter den Einfluss Pekings/9
#Putins Idee die russische Siedlungsbewegung in der Region zu stärken ist gescheitert. Der demografische Wandel droht Russen dort zur Minderheit werden zu lassen. Die Fassade "felsenfester Freundschaft" zwischen Moskau und Peking trügt. Zwar versuchen beide Systeme ihre Macht/10
gegen den Einfluss v. Demokratie u. Menschenrechten zu schützen, doch der nächste Konflikt ist nicht weit. China weigert sich Spitzentechnologie mit Russ. zu teilen, während russ. Forscher wegen "Spionage für China" verhaftet wurden. "Frenemies" ist wohl das passende Wort/Ende
Literaturquelle: Jonathan Fenby: The History of modern China, 2019 (S. 86)
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Das #Medwedew mal als "Liberaler" galt ist geradezu sympathisch für die deutsche Fehlwahrnemung #Russland/s. Inzwischen haut er auf Telegram einen verbalen Hass aus, der wie die digitale Version von Julius Streichers "Stürmer" klingt. Verachtung, Pathos und Wahnsinn./
"Der Feind" sitze nicht nur "in unserem heimatlichen Kleinrussland" (#Ukraine), wo die "pseudo-Ukrainer" als "tollwütige Hunde" ihre "giftige Spucke" verbreiten. Sondern im gesamten Westen, dem Ort des "zeitgenössischen Nazismus". Suff und Extremismus.
#Putin/s Denken ist offenbar von einem zunehmend Realitätsverlust geprägt. Das #Polen den Westen der #Ukraine annektieren will ist völlig absurd. Ein guter Anlass über die Geschichte dieser Region nach 1945 und die (schwierige) ukrainisch-polnische Versöhnung zu sprechen/1
Die von Stalin angeordnete "Westverschiebung" nach 1945 beraubte viele (Ost)Polen ihrer Heimat. #Lviv (pol. Lwów) war eine überwiegend polnisch-jüdische Stadt, galt aber auch als kulturelles Zentrum der Ukraine. Nach dem Krieg gab es durchaus revisionistische Bewegungen/2
Die Sowjetunion nutzte das für ihre Propaganda und behauptete der einzige Garant ukr. #Souveränität zu sein - ein bürgerliches Polen sei zwangsläufig ein imperial-revisionistisches Land. Die anti-kommunistische Opposition in Polen reagierte darauf mit einem wegweisenden Text/3
Heute vor fast genau 70 Jahren (3. Dezember 1952) wurden Rudolf Slánský und weitere "Verschwörer" innerhalb der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei gehängt. Die Politiker wurden Opfer antisemitischer Verschwörungstheorien und der anti-jüdischen Hetze im Spätstalinismus/1
Obwohl Stalins Rote Armee das Dritte Reich besiegte und Auschwitz befreite, stieg der Antisemitismus in der Nachkriegszeit in der Sowjetunion u. im kommunistischen Block. Man sprach von Juden als "wurzellosen Kosmopoliten", anfällig für Imperialismus u. Kapitalismus"./2
Die Anklageschrift gegen Slánský und seine "Mitverschwörer" ist voller antisemitischer Motive. Noch klarer als mit den üblichen Codes wie "Zionisten", "Kosmopoliten" etc. wird hier die jüdische Herkunft der vermeintlichen Verschwörer hervorgehoben. Raffgierige "Volksfeinde"/3
Geschichte aktuell: Über die Köpfe ihrer Einwohner hinweg ist die Tschechoslowakei im Münchner Abkommen (30. September 1938) aufgeteilt worden. Das Dritte Reich bekam das Sudetenland und die Welt freute sich über den "Frieden". Ein vermeintlicher Sieg über die "#Kriegshetzer"/1
Wie der deutsche Außenminister v. Ribbentropp Politiker wie Churchill nannte, welche die Expansion des Dritten Reichs stoppen wollten. Die "internationale Presse" hätte außerdem versucht "die Völker gegen ihren Willen in einen Weltkrieg hineinzuhetzen". Er lobte den britischen/2
Premierminister Chamberlain, dessen Position in "Deutschland symphatischen Widerhall" gefunden habe, während die "unverbesserlichen Kriegstreiber" sich im "Aufrüstungsfieber" befinden würden. In Wahrheit hatte das Dritte Reich den Weltkrieg längst geplant, seinen "Lebensraum"/3
Ich hatte schon Reaktionen in russischen Medien gelesen, aber für übertrieben gehalten. Das Interview mit Papst #Franziskus ist auf vielen Ebenen verstörend. Offenbar ist sein Stereotyp "russischer Kultur" derart groß, dass es nur "Tschetschenen o. Burjaten" sein könnten, die/1
Kriegsverbrechen begehen. Da weiß man gar nicht wo man anfangen soll: Russland hat im Laufe seiner (Kolonial)Geschichte unzählige Verbrechen begangen. Von Massakern an polnischen Zivilisten im Warschauer Vorort Praga (1794) bis zu Völkermorden im Kaukasus u. Sibirien/2
Damals schon zum Teil flankiert von Vertretern d. Literatur, Musik und Kunst. Deutschland war auch die "Kulturnation" von Goethe u. Co. als es den Holocaust verübte. Viele Architekten d. Vernichtung waren hochgebildet, kultiviert und belesen. "Kultur" schützt nicht vor Barbarei/3
Wer #Russland verstehen möchte, muss die Geschichte der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau kennen. Das Gebäude gehört zu den wichtigsten Sakralbauten der Russisch-Orthodoxen Kirche. Es verkörpert die Widersprüchlichkeit der Werte, die #Putin seinem Land verordnen möchte /🧵1
Die historische Fassade trügt, denn der Bau ist genauso alt wie #Putin/s Macht. Ihre Einweihung erfolgte am gleichen Tag wie dessen Amtsantritt als Präsident - am 31. Dezember 1999. Die künstliche Historizität der Kathedrale ist das perfekte Sinnbild für Putins Ideologie/2
Das Original der Kathedrale wurde 1881 von Alexander III. eingeweiht. Der Zar war Inbegriff des restaurativen Autokraten. Feindlich gegenüber Reformen und streng orthodox. Unter seiner Herrschaft wuchs die Macht der Geheimpolizei und der Antisemitismus./3