🧑⚕️: #LongCovid ist psychosomatisch.
(gehört zu den funktionellen Körperbeschwerden)
🛌: Nein! Da stimmt körperlich was nicht!
🧑⚕️: Was wehrt ihr euch gegen die Tatsache, dass bei Krankheit die Psyche IMMER eine Rolle spielt?
(Depression, Bewältigung, PTBS…)
🛌: *Twittersturm*
Ich glaube, wir müssen das noch ein paar Jahre schreiben, damit es sich auch wirklich einprägt:
Das Problem, wenn #pwME/#pwLC/#pwPV gesagt wird, etwas wäre psychosomatisch, ist nicht, dass wir uns
psychischer Aspekte und Folgen der Erkrankung nicht bewusst wären, sondern, dass es um das Konzept der sogenannten "funktionellen Körperbeschwerden" geht, das weder ethischen Mindestansprüchen genügt, noch logischen Sinn ergibt.
Das Model schlägt als empathisches Vorgehen vor, Patient*innen nach Möglichkeit nicht zu behandeln und rät von Diagnostik ab, weil diese Leute nur verunsichern und in der Krankenrolle bestätigen würden.
Wenn überhaupt müssten die ‚Kranken‘, also weitestgehend gesunde Leute, die sich aber aufgrund von kognitiven Verzerrungen ausgelöst von einer dysfunktionalen Psyche für malade halten (s. das Model für „bodily distress von Henningsen et al., 2018),
zu Aktivität angehalten werden, insbesondere in der psychosomatischen Reha. Was aber bei Vorhandensein von #PEM immer wieder zu Schäden führt.
Die Psychosomatik entmündigt Menschen so sehr, dass es möglich war, diese Therapie in Leitlinien zu #MECFS festzuschreiben und
im klinischen Alltag zu etablieren, obwohl Patient*innen weltweit über Jahrzehnte beharrlich protestiert haben und es immer wieder Umfragen gab, welche die negativen Auswirkungen belegten. researchgate.net/publication/31…
Bis heute wird das in Rehakliniken oft noch so gehandhabt, dass Leute aktiviert werden, wobei immer wieder Schäden bei Betroffenen entstehen, wie die aktuelle, noch unveröffentlichte Umfrage von @LongDeutschland belegt.
Es steht also im Raum, dass es vielleicht einen Schritt zurückgehen könnte in der Hinsicht, bevor es überhaupt wirklich vorangegangen wäre.
Und ich glaube nicht, dass sich ein Gesunder vorstellen kann, was es bedeutet,durch Aktivierung einen derartigen Schaden erlitten zu haben,
dass man pflegebedürftig geworden ist und zudem massive kognitive Probleme bekommen hat. Als (relativ) junger Mensch. Nur um zu hören, dass man wahrscheinlich lediglich ein Rentenbegehren hätte und überhaupt, man hätte ja freiwillig mitgemacht.
Denn ohne die Absicht, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, wäre die Verweigerung von Rehamaßnahmen nun kaum sanktionsfähig. (Davon ab wissen viele auch gar nicht um die Problematik dieser Therapien, da es weiterhin keine breitenwirksame Aufklärungskampagne gibt.)
Und nach all dem hilflos vom Bett aus zusehen zu müssen, wie sich das Ganze bei anderen tausendfach wiederholt, während man die meiste Zeit kaum fähig ist, einen sinnigen Tweet abzusetzen. Das ist eine Ohnmachtserfahrung, die ich wirklich niemandem wünsche.
(Disclaimer: Ich habe das so formuliert, um die Problematik zu veranschaulichen. Das ist die Perspektive, die unsere Situation am besten beschreibt. Ich habe mich leider selbst ohne Aufforderung von außen kaputt aktiviert. Aber auch das hätte Aufklärung verhindern können.)
Hinzu kommt, dass die Psychosomatik auch biomedizinische Forschung blockiert, da man anhand dieses Models die Beschwerden ja schon gut erklären kann. So wird Kranken die Hoffnung genommen, sich jemals aus dieser Situation befreien zu können.
Während PG häufig nicht anerkannt oder zu niedrig angesetzt werden und es kein Konzept für aufsuchende Versorgung von Schwerstbetroffenen gibt.
Niemand bildet sich das alles nur ein, wird immer wieder betont. Auch Bettlägerigkeit nicht. Aber Hausbesuche wären keine Lösung ...
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Soweit zu meinen Einwände bezüglich der sogenannten Ethik der Lehre der „funktionellen Körperbeschwerden“.
Was hat es aber mit der fehlenden Logik auf sich?
Nun, die Theorie besagt einfach, dass alle Symptome, die sich nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht durch einen objektivierbaren Befund erklären lassen, ein psychisches Phänomen darstellen. Und ich bin wirklich nicht in Stimmung auszuführen, warum das sinnbefreit ist.
Inzwischen wird davon auch abgerückt, zwischen erklärbaren und nicht erklärbaren Symptomen zu unterscheiden.
Dass man jetzt doch ein paar Dinge messen könnte, würde nur unterstreichen, dass psychosomatische Beschwerden ernst zu nehmen wären und wegen ihrer Schwere
natürlich einen Abdruck auf dem Organismus hinterlassen.
Vergessen wird dabei aber, dass diese Syndrome ja nur in der Kategorie Psychosomatik gelandet sind, weil die längste Zeit nichts – oder nicht genug – objektivierbar war. Und Konsequenzen hat dieses Zugeständnis auch keine.
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Was ich in dem Zusammenhang unbedingt erwähnen möchte:
In der Vergangenheit hat es viele Erkrankungen gegeben, die erst als psychisch bedingt galten, und für die dann bessere Erklärungen gefunden wurden (MS, Asthma, Magengeschwür …).
Und bisher war es so, dass die Medizin diese dann still und leise aus dem Katalog der funktionellen Beschwerden herausgenommen hat, ohne das Konzept insgesamt zu hinterfragen. Meine Hoffnung ist, dass wir es dieses Mal besser machen und mal grundsätzlich über einiges nachdenken.
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Eine aktuelle Studie von Wirth & Löhn stellt die Hypothese auf, dass die orthostatische Intoleranz, also die Verstärkung von Symptomen in aufrechter Position, bei #LongCovid auf eine
💠 schlechte Blutversorgung der großen Venen, der sog. Kapazitätsgefäße,
zurückgehen könnte.
Man geht bisher allgemein davon aus, dass die orthostatische Intoleranz, manchmal einhergehend mit niedrigem Blutdruck und schnellem Herzschlag, durch eine verminderte Durchblutung des Gehirns verursacht wird.
Die Hirndurchblutung ist auf die Funktion des gesamten Blutkreislaufs angewiesen. Für die Kreislaufregulation wiederum sind u. a. die großen Venen wichtig. Bedarfsabhängig können sie viel Blut aufnehmen, so erklärt sich auch dass sie als „Kapazitätsgefäße“ bezeichnet werden.
Ärzt*innen glauben häufig, dass Untersuchungen nur Sinn machen, wenn sich aus Ergebnissen eine therapeutische Konsequenz ergibt.
Ich sehe den Punkt und habe aus diesem Grund auf eine #MCAS-Diagnostik (Mastzellaktivierungssyndrom für die Uneingeweihten) verzichtet. Antihistaminika kann ich ohne auffälliges Testergebnis probieren, zumal die Untersuchungsergebnisse offenbar nicht immer ganz eindeutig sind.
Es gibt hier in der Bubble Unklarheit darüber, was psychosomatische Krankheit eigentlich ist.
Daher ein Faden. 🧵
[Einschränkung: Ich beziehe mich hier vor allem auf den Teil der Psychosomatik, der sich mit sog. „funktionellen Körperbeschwerden“ beschäftigt.]
Was denkt man, wenn man das Wort „Psychosomatik“ hört? Man hat sofort die Assoziation, dass die Seele krank macht, oder? Logisch und plausibel. Jeder weiß dass Psyche und Körper nicht getrennt zu betrachten sind.
Aber jetzt kommt’s: Warum gilt dann das Ausbrechen einer schweren Erkrankung nach einem belastenden Lebensereignis nicht als psychosomatisches Problem?
Das liegt daran, dass die Lehre der Psychosomatik ganz andere Konzepte hat, als man dem Namen nach vermuten würde.
An uns Patient*innen (#MECFS) wurde der Auftrag herangetragen, als Expert*innen in eigener Sache Ärzt*innen unsere Erkrankung möglichst einfach zu erklären (*). Ich fange mal mit der
💠orthostatischen Intoleranz (OI)
an. Über das faszinierende Phänomen gibt es viel zu sagen.
Wie ist die OI definiert? Allgemein versteht man darunter die Verschlechterung von Symptomen in aufrechter Position. Sie kommt in den drei gängigsten #MECFS-Kriterien (CCC, ICC, SEID) vor, ist aber in keiner von ihnen Voraussetzung für die Diagnose.