#JudithKerr100: Blick auf einen Feldhang im heutigen Friedenthalpark am Halensee in Berlin-Grunewald - und damit auf das einstige Areal des "Luna Parks" (1910 bis 1933), in dem sich Judith #Kerr und ihr Bruder einst aus Abenteuerlust über ein elterliches Verbot hinwegsetzten.
Der "Luna Park" war ein Freizeitpark, der in den ersten Jahren seines Bestehens Tag für Tag mehr als 50.000 Menschen aus ganz Berlin und seiner Umgebung anzog. Rummelattraktionen bestimmten sein Programm ebenso wie Theater, Revuen, Musik, Tanz und oftmals abendliches Feuerwerk.
Max #Schmeling (* 1905, † 2005) bestritt hier im Jahr 1926 seinen ersten Titelkampf - siegreich. Judith #Kerr dagegen erinnerte sich an ihrem Lebensabend an ein besonderes Vergnügen, das nach der zweiten Neueröffnung des Parks (im Jahr 1929) zahllose Kinder angezogen haben muss.
Judith #Kerr in "Eine eingeweckte Kindheit" (Textauszug): "Dann war da die Sache mit der Berg- und-Tal-Bahn im Luna Park. (Gibt es das überhaupt noch?) Damals war sie ganz neu. Nun wurden wir zwar öfter in das Wellenbad geschickt, das war nebenan, aber der Luna Park war uns aus
irgendeinem Grund verboten. Außerdem hatten wir gar kein Geld dafür. Da hat sich mein Bruder ausgerechnet, daß, wenn wir statt mit der Straßenbahn, mit der S-Bahn führen, einmal umstiegen und dann, glaube ich, noch etwas zu Fuß gingen, daß wir auf diese Weise einen Teil unseres
Fahrgelds einsparen könnten. Vielleicht, so meinten wir, wäre es genug, um die Berg- und-Tal-Bahn auszuprobieren.
Das taten wir auch, und wir konnten unser Glück kaum fassen, denn, als wir bei der Berg-und-Tal-Bahn ankamen, sagte man uns: "Schnell, steigt ein! Ihr braucht nichts
zu bezahlen." Die Bahn war schon ziemlich besetzt, aber wir bekamen wunderbare Plätze ganz vorn, und dann ging es los. Wir fanden es großartig. Erst als wir ganz am Ende kreischend in das letzte Tal hinuntersausten, fiel uns auf, daß das Ganze gefilmt wurde. Wir fragten: "Was
ist das für ein Film?", und man sagte uns stolz: "Das ist für die Wochenschau. Das kommt in alle Kinos."
Also, monatelang haben wir uns darüber Sorgen gemacht. Was würden unsere Eltern sagen, wenn sie ins Kino gingen und plötzlich auf der Leinwand meinen Bruder und mich
kreischend in der Berg-und-Tal-Bahn sähen? Es war ein Alpdruck. Und, da wir keine Ahnung hatten, wann die Vorführung stattfinden sollte, hat es ewig gedauert. Aber entweder ist der Film nichts geworden, oder es war zu jener Zeit zu viel im Theater los. Auf jeden Fall haben unsere
Eltern uns nie im Kino gesehen."
Der "Luna Park" wurde unter dem NS-Regime im Jahr 1935 abgerissen, auch aufgrund der Stadtplanung für die Olympischen Spiele von 1936 in Berlin - und am Halensee ist heute nicht einmal mehr zu erahnen, dass und wie hier einst "das Leben tobte".
Ausblick am mehrgeschossigen Mietshaus am Kürfürstendamm 124, direkt am westlichen Ende der bekanntesten Prachtstraße von ganz Berlin. Der Eingangsbereich zum einstigen "Luna Park" befand sich hier, wo heute die mehrspurige Stadtautobahn zum nahen "Dreieck Funkturm" führt.
Lesetipp (incl. historischem Bildmaterial) zur Geschichte des "Luna Parks": #Niedbalski, Johanna: "Lunapark in Berlin: Extrem laut und unglaublich voll", in: "Der Tagesspiegel", Ausgabe vom 2. April 2015.
Bayerisches Viertel in Berlin-Schöneberg, 11. Juni 1993, #otd vor genau 30 Jahren: Einweihung der 80 Gedenktafeln für die "Orte des Erinnerns" in den Straßen rund um den Bayerischen Platz.
Die Mahnung ist geblieben und aktueller denn je: Nie wieder Nazityrannei, #niewieder!
Das Bayerische Viertel in Schöneberg wurde bis zum Jahr 1914 angelegt und erbaut - auf Initiative vor allem von Herrn Kommerzienrat Salomon #Haberland (geb. 1833, gest. 1914), eines in Berlin bereits alteingesessenen Textil- und Terrainunternehmers.
Das Viertel war ab dem Jahr 1914 zuerst eine Ortslage der damaligen kreisfreien Stadt Schöneberg und ab dem Jahr 1920 dann ein Stadtteil im neu geschaffenen "Groß-Berlin" - und der jüdische Bevölkerungsanteil war von Anfang an sehr hoch.
#JudithKerr100: Blicke auf das heutige Reichstagsgebäude in Berlin-Tiergarten.
Der Reichstagsbrand am Abend des 27. Februar 1933 war eines der wenigen konkreten zeitgeschichtlichen Ereignisse in Berlin, die Judith #Kerr in "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" schilderte.
Die Autorin griff diese Nacht in ihrem bekanntesten Buch in einer der letzten Textpassagen auf, die auf die damalige Reichshauptstadt sehen: Anna und Max, das literarische Geschwisterpaar, hat bereits die Koffer gepackt - zur bevorstehenden Flucht mit der Mutter in die Schweiz.
"Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", Kapitel 3, Textauszug: "In dieser Nacht erwachten die Kinder vom Lärm der Feuerwehrwagen. Es war nicht nur einer oder zwei, sondern mindestens ein Dutzend, die mit lautem Schellengeklingel die Hauptstraße entlangkamen. Als sie aus dem
#JudithKerr100: Botschaft der Französischen Republik 🇫🇷, Pariser Platz 5, Berlin-Mitte.
Das Areal des einstigen "Palais Beauvryé" war seit dem Jahr 1871 der Standort der Botschaft - und Judith #Kerr begegnete in ihrer Kindheit hier einmal Charlie #Chaplin (* 1889, † 1977).
Das Erlebnis blieb ihr dauerhaft in Erinnerung, bedingt durch die Anwesenheit des Filmstars bzw. weltbekannten Komikers.
Judith #Kerr in "Eine eingeweckte Kindheit" (Textauszug): "Ich erinnere mich auch an eine sehr großartige Kindergesellschaft in der französischen Botschaft.
Charlie Chaplin war da, und am nächsten Tag war ein Bild von ihm mit meinem Bruder in der Zeitung. Erst vor wenigen Monaten habe ich irgendwo gelesen, daß dies eine Gesellschaft für die Kinder von bedeutenden Berliner Juden war – ein Protest des französischen Botschafters
Wahl zum Deutschen Reichstag, 20. Mai 1928, #otd vor 95 Jahren: Die NSDAP erringt einen Stimmenanteil von lediglich 2,6 Prozent im gesamten Deutschen Reich - am Tag eines sehr, sehr deutlichen Wahlsieges der SPD, welche die Wahl mit 29,8 Prozent der abgegebenen Stimmen gewinnt.
Resultat der Wahl ist ein sozialdemokratisch geführtes Regierungsbündnis, an dem neben der siegreichen SPD weitere vier Parteien beteiligt sind - und zwar das Zentrum, die Deutsche Demokratische Partei (DDP), die Deutsche Volkspartei (DVP), die Bayerische Volkspartei (BVP).
Das Regierungsbündnis wird in der Geschichtsschreibung als "Große Koalition" bezeichnet, in der die genannten vier bürgerlichen Parteien (s. o.) aber nach teils deutlichen Stimmenverlusten in die Verantwortung treten. Der Stimmenzuwachs für die SPD dagegen ist ebenfalls deutlich.
19. Mai 1943, #otd vor 80 Jahren: Joseph #Goebbels, nationalsozialistischer Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda seit dem Jahr 1933, erklärt ganz Berlin zur "judenfreien" Stadt, wie es in der rassistischen Sprache des NS-Regimes heißt.
Zu diesem Zeitpunkt leben im gesamten Deutschen Reich nur noch etwa 20.000 Jüdinnen und Juden, darunter Ehepartnerinnen und Ehepartner aus so genannten "Mischehen" und untergetauchte "U-Boote", wie sich viele der in den Untergrund geflohenen Jüdinnen und Juden selbst bezeichnen.
Das Foto im ersten Tweet des Threads zeigt eine Gedenktafel in der Duisburger Straße in Berlin-Wilmersdorf, welche die innerstädtische Geschichte der so genannten "judenreinen Gebiete" dokumentiert - zumal die Straße selbst über mehrere Jahre zum Tatort des Naziterrors wurde.
✍️ "Ein Heer von braunen Ratten frisst im Land." Vers von Albrecht #Haushofer (* 1903, † 1945 (#otd)), Professor für Geographie und Schriftsteller, unter dem Naziterror im Widerstand, am 23. April 1945 von der SS ermordet.
Büste in der "Straße der Erinnerung", Moabit, #Berlin.
Albrecht #Haushofer schloss sich unter dem NS-Regime dem konservativen Widerstand an, wurde nach dem erfolglosen Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 verhaftet und in der Nacht vom 22. auf den 23. April 1945 erschossen. #otd