Bayerisches Viertel in Berlin-Schöneberg, 11. Juni 1993, #otd vor genau 30 Jahren: Einweihung der 80 Gedenktafeln für die "Orte des Erinnerns" in den Straßen rund um den Bayerischen Platz.
Die Mahnung ist geblieben und aktueller denn je: Nie wieder Nazityrannei, #niewieder!
Das Bayerische Viertel in Schöneberg wurde bis zum Jahr 1914 angelegt und erbaut - auf Initiative vor allem von Herrn Kommerzienrat Salomon #Haberland (geb. 1833, gest. 1914), eines in Berlin bereits alteingesessenen Textil- und Terrainunternehmers.
Das Viertel war ab dem Jahr 1914 zuerst eine Ortslage der damaligen kreisfreien Stadt Schöneberg und ab dem Jahr 1920 dann ein Stadtteil im neu geschaffenen "Groß-Berlin" - und der jüdische Bevölkerungsanteil war von Anfang an sehr hoch.
Die Deportationen unter dem Naziterror begannen auch im Bayerischen Viertel im Jahr 1941 und trafen hier besonders viele Jüdinnen und Juden - vom gerade geborenen Säugling bis zum greisen Menschen.
Der Stadtteil rund um den Bayerischen Platz galt ab Mai 1943 als so genanntes "judenreines Gebiet", wie es in der rassistischen Sprache des NS-Regimes hieß.
Die von Renata Stih und Frieder Schnock ("Stih & Schnock") geschaffenen 80 Gedenktafeln erinnern rund um den Bayerischen Platz an die Ausgrenzung und die Entrechtung, an die Vertreibung und die Deportation und schließlich an den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung.
Die doppelseitig gestalteten Tafeln weisen mit markanten Symbolen und in knappen Worten auf eine Vielzahl von antisemitischen Zwangsmaßnahmen hin, mit denen alle Jüdinnen und Juden im Deutschen Reich per Gesetz bzw. per Verordnung vom NS-Regime immer weiter diskriminiert wurden.
Die Gedenktafeln sind an vielen Stellen so in den Stadtteil integriert, dass sich ein Bezug der einstigen Zwangsmaßnahme zum aktuellen Straßenbild ergibt - hier zum Beispiel vor einer Backwarenhandlung.
Das Mahnmal zitiert an einigen seiner Gedenkorte aber beispielsweise auch aus privaten Briefen oder anderen Aufzeichnungen, die erhalten geblieben sind.
Details zu den "Orten des Erinnerns" und die App, die es inzwischen zu dem Projekt gibt, finden sich online auf der Website von "Stih & Schnock".
Die folgenden Fotos zeigen weitere Gedenktafeln im Bayerischen Viertel.
Wir blicken am Ende des Threads gemeinsam auf eine Gedenktafel in der Wartburgstraße (am Bayerischen Platz) - und lest bitte Wort für Wort, was uns bevorsteht, wenn unser Land und unsere Gesellschaft "gekippt" sein werden: Mord wegen eines nicht abgegebenen Haustieres.
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"Nico, warum sind eigentlich so viele Frauen aus dem Widerstand gegen das NS-Regime unbekannt geblieben...?"
Die Antwort auf diese berechtigte Frage ist sehr komplex - und der heutige Thread kann nicht mehr als ein Versuch (!) sein, dazu ein paar allgemeine Linien zu zeichnen.
Das Interesse der Geschichtsschreibung galt - wie gestern getwittert - historisch bedeutenden Frauen selten in einem angemessenen Maße. Die große Zahl an unsichtbar gebliebenen #FrauenimWiderstand gegen den Naziterror hat aber verschiedene Gründe.
Dies sind u. a. konkret...
... der schnell entstandene Stauffenberg-"Mythos" um den 20. Juli 1944, dem sich die Geschichtsschreibung immer mit besonderem Interesse widmet(e) - und der den Blick auf den vielfältigen Widerstand gegen das NS-Regime schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt stark einengte.
#FrauenimWiderstand gegen den Naziterror, ein umfassendes Thema - und heute deshalb ein Thread mit einem kurzen (!) Blick auf Unterschiede und auf Gemeinsamkeiten von entsprechenden Lebenswegen (mit jeweils einzelnen Beispielen), da ich inzwischen mehrfach dazu befragt wurde.
Der Thread erfordert zuerst den Hinweis darauf, dass es - natürlich - zu keinem Zeitpunkt DIE 'typische' Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus gab. Die Vielfalt der Lebenswege von #FrauenimWiderstand zeigt vielmehr sehr deutliche Unterschiede u. a. mit Blick auf...
... 1.) Weltanschauungen - von einem strammen Kommunismus (Erna Lugebiel, Frauen der KPD) über nicht dezidiert politisch motivierten Widerstand (Klara Grüger, Bäckerin) bis hin zu einem strammen Konservatismus (Dr. Marion Gräfin Yorck von Wartenburg, Frauen des 20. Juli 1944).
✍️ "Ich habe bisher nie so wie heute gewußt, wie stark ich bin, und dieses Wissen erfreut mich." Gertrud #Kolmar (geb. 1894, gest. 1943), Lyrikerin, unter dem Naziterror verfolgt und im KZ Auschwitz ermordet, am 26. Oktober 1941 in einem Brief an ihre Schwester. #otd
#Berlin
Gertrud #Kolmar wurde als Gertrud #Chodziesner in Berlin geboren. Sie publizierte ihre ersten Gedichte im Jahr 1917 schon als Gertrud Kolmar. Das Pseudonym spielte auf die Herkunft ihres Familiennamens an: Chodziesen (im westlichen Polen) wurde im Jahre 1878 in Kolmar umbenannt.
Das Leben war bewegt: Die Dichterin wurde diplomierte Sprachlehrerin, wirkte vor allem aber als Erzieherin (in Hamburg und in einigen Familien in ganz Berlin) und als Lehrerin, wurde schließlich Sekretärin des eigenen Vaters und blieb deshalb auch nach 1933 im Deutschen Reich.
Thread zu Rechtsgeschichte auf deutschem Boden nach dem Ende des NS-Regimes bzw. zu Fragen der juristischen Aufarbeitung des Naziterrors: Erinnerung daran, dass vier von 15 Teilnehmern der so genannten "Wannseekonferenz" (20. Januar 1942) für ihr Verbrechen nie angeklagt wurden.
Völkermord als Verwaltungsakt: Die "Wannseekonferenz" diente 15 Offizieren und hohen Beamten des NS-Staates dazu, einen Grundsatzplan für ihr weiteres, noch systematischeres Vorgehen im schon begonnenen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung aus ganz Europa zu beschließen.
Ohne Anklage blieb 1.) Dr. Gerhard #Klopfer (* 1905, † 1987), damals Leiter der "Staatsrechtlichen Abteilung III" in der Parteikanzlei der NSDAP. Verhaftung im Jahr 1946, lediglich Einstufung durch eine Spruchkammer als "minderbelastet"; Berufstätigkeit als Rechtsanwalt ab 1956.
Bernauer Straße. Erinnerung an das als "Sprung in die Freiheit" betitelte, ikonische Foto von Peter #Leibing (* 1941, † 2008), entstanden am 15. August 1961. #otd Das Foto zeigt den DDR-Grenzpolizisten Conrad #Schumann (* 1942, † 1998) auf der Flucht nach West-Berlin.
#Berlin
Conrad #Schumann wuchs als Sohn eines Schäfers in einer sächsischen Gemeinde in der ländlichen Umgebung von Riesa auf und war selbst für eine Herde von 200 Schafen verantwortlich, bevor er als junger Mann unter dem SED-Regime zur paramilitärischen Ausbildung eingezogen wurde.
Die Dienstzeit als Unteroffiziersschüler der DDR-Bereitschaftspolizei führte dazu, dass Conrad #Schumann im damaligen Ost-Berlin seinen Dienst leistete, als das SED-Regime ab dem 13. August 1961 begann, die Straßen und Schienenwege nach West-Berlin dauerhaft abzuriegeln.
Lehrter Straße 1 - 5, Geschichtspark "Ehemaliges Zellengefängnis Moabit" in Erinnerung an zahllose Opfer des Naziterrors. Folter und grausamste Haftbedingungen durch Gestapo und "Wehrmacht" sind hier ebenso belegt wie viele Morde bis in die letzten Tage des NS-Regimes.
#Berlin
Das einstige Zellengefängnis Moabit wurde im 19. Jahrhundert erbaut und diente in der NS-Zeit der Inhaftierung und der Folter sehr, sehr vieler Gefangener, die gegen das NS-Regime in den Widerstand gegangen waren.
Das Areal liegt heute direkt hinter dem Berliner Hauptbahnhof.
Foltermethoden, mit denen die Gefangenen des Zellengefängnisses Moabit durch die Gestapo insbesondere nach dem #20Juli1944 nachweislich gepeinigt wurden: Auspeitschen und gezieltes Knochenbrechen, Stockhiebe, Ziehen von Zähnen, Ziehen von Fingernägeln, Ziehen von Fußnägeln.