Die ukrainische 68ste Brigade "Oleksa Dowbusch“ hat heute Blahodatne befreit. Der Dowbusch (1700-1745) war ein legendärer huzulischer Bergräuber, den man gerne mit Robin Hood, Outlaws und romantisierten Räubern in den Karpaten wie Ondraszek, Šuhaj, Jánošík vergleicht.#dovbush
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Oleksa Dowbusch war der Anführer eine Gruppen von Opryschken, d.h. bäuerlichen Aufständischen, die sich vor allem aus desertieren Soldaten zusammensetzten, die dem harten Wehrdienst zu entgehen suchten, sich gegen den Adel auflehnten und in den Bergen durch Raubzüge lebten.
Viele Geschichten zum Dowbusch sind durch Legenden und Lieder überliefert. Ein interessanter Aspekt ist auch das sich in den Legenden spiegelnde Zusammenleben zwischen Juden & Ukrainern. Der Dowbusch ging deswegen nicht nur in die ukrainische, sondern auch jüdische Folklore ein.
Es gibt mehrere Legenden, in denen sich der Baal Schem Tow, der Gründer des Chassidismus, und der Dowbusch treffen. Die bekannteste Legende ist vielleicht jene, in denen beide versuchen einen Tunnel von den Karpaten nach Jerusalem zu graben. Boris Czerny hat u.a. dazu gearbeitet.
Um die Jahrhundertwende entdeckten ukrainische Schriftsteller und Ethnographen die Huzulen und die Gestalt des Dowbusch. Es entstehen moderne Erzählungen, später auch Verfilmungen: Hier Gruppenbild einiger ukrainischen Modernisten mit Lesja Ukrainka in der Mitte.
Einen bekannten huzulischen Opryschken-Roman schrieb z.B. der Ethnograph, Schriftsteller & Bandura-Spieler Hnat Chotkewytsch (1878 in Charkiw - 1938 hingerichtet): Der Roman heisst „Kaminna duscha“ 1911. Hier eine Stelle zum Dowbusch aus der deutschen Übersetzung:
Hier das Titelbild der dt. Übersetzung von 1968 des Romans "Kaminna duscha" (Steinerne Seele) von Chotkewytsch durch Anna-H. Horbatsch als "Räubersommer". Sie hat die ethnographischen Stellen nicht übersetzt, dabei finde ich diese gerade spannend.
Hier ein Filmstelle, in der Chotkewytsch kurz nach dem Holodomor als blinder "Kobsar" (auch das eine wichtige Figur der ukrainischen Kulturgeschichte) Bandura spielt. Der Film heisst "Nasar Stodolja“ von 1936. Die Stelle mit ihm wurde zügig von der Zensur herausgenommen. ENDE
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Der Ukrainische Künstler Bohdan Ziza wurde wegen "Terrorismus" zu 15 Jahren verurteilt, obwohl er auf der Krim zum Frieden und nicht zum Töten aufgerufen hatte. Er protestierte gegen die ständige Ermordung unschuldiger Zivilisten durch Russland.
Der 28-Jährige war das jüngste Folteropfer des FSB, der damit ein auf Video aufgenommenes "Geständnis" bekam, das dann als wichtiges "Beweismittel" gegen ihn vorgelegt wurde." /2
"Während seiner letzten Ansprache vor dem Militärgericht des südlichen Bezirks in Rostow (Russland) sagte Ziza, der Waise ist, dass er es bedauere, dass seine ältere Großmutter, die ihn großgezogen habe und nun seine Hilfe braucht, allein lässt." /3
In Russland steckt man erstaunlich viel Begriffsarbeit ins Vokabular der Auslöschung. Auf dem Podium "Welche Ukraine brauchen wir?" sprach man gepflegt über die "Post-Ukraine“. Prigoschin erhielt gleichzeitig im Donbas⬇️ 'Post-Bachmut' als abstoßendes Wagner-Geburtstagsgeschenk.
Während sich Utkin-Wagner mit den Kadyrow-Leuten stritt, redeten Männer in Anzügen in akademischer Atmosphäre auf diesem Podium am 1.6. in Moskau über die Ukraine "nach ihrer Existenz". Teilnehmer waren Dugin, Puschilin, Tabatschnyk, Kossatschow (Föderationsrat) & viele andere./1
Männer in Anzügen diskutierten z.B. über die Frage, ob Russland bis nach Lviv oder lieber Polen marschieren sollte (Puschilin). Dugin gab sich hingegen 'bescheiden': "Der Sieg besteht darin, Lviv zu erreichen. Dann können wir mit einem dauerhaften Frieden rechnen.“/2
@HromadskeUA besucht den 75-jährigen Vitaliy Tribuschnyj, den ersten Hippie von #Cherson. Seinen widerständigen Geist behielt er auch während der Besatzung. Er hatte das Glück, dass die Russen gar nicht verstanden, um was es in seinem privaten "Museum des Totalitarismus" ging./1
Hier beschreibt Vitaliy Tribuschnyj ein einschneidendes Jugenderlebnis. Man vergisst oft, dass die #Sowjetunion sehr konservative Wertvorstellungen bei Kleidung, Musik oder Verhaltensregeln hatte. Diese werden in dieser rückblickenden Episode deutlich./2
Er besaß wahrscheinlich die größte Beatles-Sammlung in der Südukraine. Die einzelnen Stücke brachten ihm Seeleute mit. /3
Meine Kollegin Claudia Dathe erläutert klug und kundig, warum viele ukrainische Autorinnen und Autoren Einladungen mit Schriftstellern aus Russland und Belarus absagen und warum sich Organisatoren dabei oft missverstanden fühlen. #Eutim @viadrina
Sie geht auf den Wunsch von Organisatoren solcher Veranstaltungen ein, den Krieg zu bebildern und individuelle Erfahrungen zu vergleichen. Dies legt das Denken offen, dass #Ukraine, Belarus & Russland eine gemeinsame Geschichte und Erfahrungsraum bis in die Gegenwart besitzen. /2
Dabei wird über den Begriff „postsowjetisch“ meist impliziert, dass die Entwicklungen in den drei Ländern seit 1991, "von einem scheinbar homogenen sowjetischen Erbe dominiert werden und dass sich die Zusammengehörigkeit innerhalb des Raumes durch dieses Erbe weiter fortsetzt.“/3
„Russophobie“ trendet wieder, obwohl Russland täglich ukrainische Städte beschießt & Menschen im Schlaf ermordet. Wahrscheinlich muss man das als Gradmesser für die Lebendigkeit des russischen Imperialismus nehmen, denn der Begriff findet sich va. in nationalistischen Texten.🧵
Der Begriff „Russophobie" oder „Antirussisch“ wird in stalinistischer Zeit gerne verwendet, um den Widerstand kleiner Völker und anderer Nationen zu brechen. Nobelpreisträger Czesław Miłosz' lässt hier 1953 eine solche stalinistische Stimme zu Wort kommen, um sie vorzuführen:
Der bekannteste Machwerk, das „Russophobie“ sogar im Titel hat, stammt von Igor Schafarewitsch (1989). Hier die erste Seite der dt. Übersetzung, in dem dieser wichtige Mathematiker dem Begriff eine russ.-nationalistische und antisemitische Grundlage gab. Man beachte *Antivolk:
Die aktuelle Feier der russisch-chinesischen Freundschaft in Russland erhält erwartungsgemäß russische Kritik als eine Politik der Unterwerfung. Wenn man die Literatur des russischen Nationalismus kennt, weiß man zudem, dass China dort meist als Feindbild gezeichnet wurde. /1
Die Bilder stammen aus einem ironischen, aber gleichwohl anti-chinesischen Video, das bei Nevzorovtv auf Telegram geteilt wurde. Es bekam gestern über 422K Abrufe. Im Video bekommt Russland in einer (fernen) Zukunft die Rolle als Vasall Chinas zugeschrieben. /2
Dabei werden ganz bewußt Parallelen zur russischen Idee der Ukraine als russischer Vasall und "Einflussraum" verwendet. Es heisst darin z. B. "wir Russen stammen vom großen chinesischen Volk" ab & "wir verdanken alles unserem großen Bruder China" etc. /3