Die teilweise Ausnahme von Sicherheit aus der SB und das Infrastruktur-Sondervermögen sind ein großer Wurf und angesichts der Bedrohungslage überfällig. Nur mehr Geld allein bringt nichts. Es muss sinnvoll eingesetzt werden, damit wir integrierte Abschreckung und eine Gesamtverteidigung erreichen. Die Minimum Capability Requirements der NATO sind personell und materiell unverzüglich zu erfüllen. Moderne Kriegsführung findet in allen Dimensionen (Land, Luft, See, Cyberraum, Space) also als Multi-Domain-Operationen statt. Russland und China nutzen zudem Smart Power, beziehen Lieferketten und die Wirtschaft ein. Vor allem aber ist der moderne Krieg entgrenzt. Er richtet sich gegen Gesellschaften und Gesellschaftssysteme, nicht allein gegen gegnerische Armeen. Deshalb braucht es integrierte Abschreckung und Gesamtverteidigung (mil+ziv). Wichtig ist aber: Deutschland darf sich nicht aus der Verantwortung „rauskaufen“. Wir müssen Teil einer Koalition der Willigen sein, die die Ukraine unverzüglich mehr militärisch unterstützt und auch bereit ist, Truppen zu senden, um in ferner Zukunft einen Waffenstillstand robust abzusichern und bereits jetzt die Flugabwehr über der Westukraine übernimmt oder Aufklärung leistet. Die Zeiten, in denen Deutschland die schwierigen Aufgaben der Sicherheit auf andere abwälzt, müssen vorbei sein.
Was ist dazu nötig, 10 nicht abschließende Punkte, die es bei der Ausgabe der Finanzmittel zu beachten gilt: 🧵 1/
1. Bundeswehr:
Die Bundeswehr braucht Fähigkeiten insbesondere gegen Russlands Bedrohung: Drohnenkampf, seabed warfare, Cyber-Warfare, KI-Einsatz und Counter-Space Aktivitäten werden bedeutender:
Fähigkeiten zur bodengebundenen Flugabwehr ausbauen und weitreichende Fähigkeiten, weitreichende Hochpräzisionsflugkörper, Langstreckenraketen, Cyberabwehr, Drohnenfähigkeiten insbesondere bewaffnete Drohnen beschaffen und stärken. Um Kriegstüchtigkeit zu erreichen, braucht es auch offensive Fähigkeiten. Abwehr an sich reicht nicht mehr, um abzuschrecken. 2/
2. Ziv-Mil Verteidigung
Der Schutz von KRITIS, der Aufbau einer militärischen und zivilen Reserve, finanzielle und materielle Unterfütterung ziviler Verteidigung gehören dazu. Vor allem aber die Vernetzung mit militärischer Verteidigung. Der geschaffene Operationsplan Deutschland ist nur wirksam, wenn zivil-staatliche und zivil-militärische Zusammenarbeit funktioniert und v.a. personelle Wehrfähigkeit vorhanden ist. Dazu braucht es auch die rechtlichen Befugnisse und den Strukturaufbau. 3/
3. KRITIS-Schutz
Russland spioniert und gewinnt dadurch ein Lagebild über Fähigkeiten und Muster und es sabotiert gezielt sicherheitsrelevante und kritische Infratsruktur, auch in Deutschland, um das hybride Gefechtsfeld vorzubereiten. Auch das „Shaping the Battlefield“ findet in allen Dimensionen, hybrid, statt. Deshalb muss unsere KRITIS konsequent geschützt und Bedrohungen ausgeschalten werden. Das geht mit der Konsequenz und den Befugnissen, z.B. Drohnen tatsächlich abzuschießen und dem Personal, das KRITIS schützt. Cyberabwehr und Fähigkeitsaufbau braucht es deshalb auch im Bereich Ziviler Verteidigung und beim KRITIS-Schutz. Zudem gehören starke und befähigte Nachrichtendienste als essentielle Fähigkeit dazu, um Spionage und Sabotage frühzeitig zu erkennen und zum eigenen Lagebild beizutragen. 4/
4. Ökonomisierung und Effizienz
Wir brauchen Fähigkeitsaufbau, der schnell, effizient und wirtschaftlich ist. Die Bundeswehr gibt oft viel Geld für Kampfflugzeuge und Panzer aus. Und auch hier braucht es einen Aufwuchs an Material, zugleich sind flexible Drohnen billiger und effizienter und müssen stetiger Begleiter der Bundeswehr sein. Effizienz ist das Stichwort. Dazu braucht es zuerst eine konsequente Verschlankung der Beschaffung und effiziente StrukturREVOLUTION bei der Bundeswehr. Es braucht eine konkrete Beschaffungsstrategie und einen Plan für den Fähigkeitsaufbau. Rüstungs- und Sicherheitsindustrie benötigen Planungssicherheit, um sinnvoll Personal einzuplanen, Produktionsketten aufzubauen und z.B. im Bereich der Drohnenentwicklung komplette Entwicklungsstränge zu generieren, die eine technische Weiterentwicklung kontinuierlich ermöglichen. Wenn wir heute 20.000 bewaffnete Drohnen bestellen, sind diese in einem halben Jahr nicht mehr state of the art. Wichtig ist, dass wir insb. europäische Produktion ankurbeln, damit zugleich die Wirtschaft resilienter wird. 5/
5. Gesellschaftliche Resilienz, Personalaufwuchs, Mindset
Gesellschaftliche Wehrhaftigkeit lebt vor allem von der Sensibilisierung unserer Gesellschaft für die Bedrohungen und der Bereitschaft zum Handeln und zur Umpriorisierung. Unter diesen Prämissen muss auch der Aufbau eines Gesellschaftsdienstes oder einer Wehrpflicht gesehen werden. Wir brauchen Spezialisten für die Bundeswehr (auch bei Drohnenkampf und CyberOps), Personal für hybride Bedrohung im Sinne einer Gesamtverteidigung, z.B. durch Gesellschaftsunterstützungskräfte und wir brauchen Aufwuchs- und Regenerationsfähigkeiten. Also professionelle zivile wie militärische Reserve, viele Leute für zivile Verteidigung und Logistik. Personalgröße und Bereitschaft ist eine Abschreckungsfähigkeit an sich. Mit einer Wehrpflicht wie im Kalten Krieg bekommen wir das nicht, sehr wohl aber mit einem Modell, das Pflicht und Auswahlmöglichkeit verbindet. Die Staatsbürgerpflicht zur Gesamtverteidigung muss klug ausbuchstabiert werden und das beginnt mit dem Mindset. 6/
6. Militärische Mobilität
Deutschland ist Logistik-Drehscheibe für die NATO. Im Abnutzungskrieg ist die Logistik ein essentieller neuralgischer Teil. Deshalb muss das Infrastruktur-Sondervermögen mit diesem Fokus auf militärische Mobilität investiert werden: Brücken, Straßen, Schienen, Digitalisierung und Cyberschutz, sicherheitsrelevante Infrastruktur. Alles wird auch zivil genutzt und hat somit auch einen Mehrwert für die Bevölkerung. 7/
7. Politische Kommunikation
Im Abnutzungskrieg gibt es neben dem militärischen und dem zivilen Feld auch ein hybrides Gefechtsfeld. Desinformation, Verunsicherung, Angst werden durch Russland in der Bevölkerung geschürt. Umso wichtiger ist eine ehrliche, kluge und strategische politische Kommunikation, die der Bevölkerung die Bedrohungslage klar macht und sie sensibilisiert, aber auch einen klaren motivierenden Lösungsweg und eine klare Handlungsstrategie aufzeigt. Gesellschaftliche Wehrfähigkeit steht und fällt mit dem Willen der Bevölkerung. 8/
8. Europäische Lastenteilung
Um rasch einen Fähigkeitsaufbau in Europa mit größmöglicher Effizenz zu ermöglichen, braucht es konkrete europäische Lastenteilung beim Fähigkeitsaufbau. Nicht jedes Land muss alles können. Deshalb braucht es klare Absprachen, welches Land innerhalb einer Koalition der Willigen, welche Fähigkeit federführend übernimmt: Beim technischen Know-How, bei der Beschaffung, bei der Umsetzung. Interoperabilität und Standardisierung muss nun Goldstandard sein! 9/
9. Reform (Revolution) der Bundeswehr
Die Bundeswehr braucht eine Revolution bei Mindset, Strukturen und Fähigkeiten. Dazu braucht es mehr Ausgaben-Effizienz, eine Reform der Beschaffungsstrukturen, auch ein Überdenken der 25Mio-Vorlagen und den Vorrang schnellerer nationaler Ausschreibungen. Es braucht die Aufhebung der Trennung von Führungs- und Materialverantwortung, eine Abschichtung nicht-ministerieller Aufgaben und notwendige strukturelle Änderungen in BMVg und Bundeswehr. Ansonsten verlieren wir zu viel finanzieller Ressourcen in einem durchbürokratisierten Apparat, der mit Doppelzuständigkeiten und Dreifachprüfungen nicht hinterkommt. Die europäische Arbeitszeitverordnung gehört als limitierender Faktor verbunden mit einer großzügigen Regelung der Entgeltung von Überstunden gleichfalls auf den Prüfstand. 10/
10. Spannungsfall
Der Ausdruck "hybrider Krieg" ist mittlerweile fast verharmlosend. Bei genauem Hinsehen ist es eine Vorstufe bzw. parallel laufende Stufe eines Krieges. Russland hat die EU und NATO zum Kriegsziel erklärt, ob wir das wollen oder nicht. Es ist deshalb angemessen, den Spannungsfall oder Zustimmungsfall gemäß Grundgesetz zu erörtern oder Wege zu finden, damit Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze ausgelöst werden können, die insbesondere zur Erhöhung der Schutzmaßnahmen erforderlich sind. 11/
Den notwendigen Aspekt eines europäischen Nuklearschirm habe ich weggelassen – das muss gesondert betrachtet werden. 12/12
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Mit dem Amtseintritt von Donald #Trump als Präsidenten der USA ist insbesondere eine Insel massiv in den öffentlichen Fokus gerückt: #Grönland. Im September reiste ich für ein paar Tage auf die weltgrößte Insel. In diesem 🧵möchte ich ein paar Erkenntnisse meiner Reise teilen: 1/
Grönland liegt in einem geopolitischen Spannungsfeld: In einem möglichen militärischen Konfliktfall der NATO mit Russland würden über die "GIUK-Lücke" bei Grönland Nachschub & Transport der USA abgewickelt werden. Auch ist weltweit der Bedarf umfassender Klimaforschung größer als je zuvor - viel dieser Feldforschung findet in Grönland statt. 2/
Wirtschaftlich ist Grönland vom Fischfang abhängig, ca. 90% des BIPs werden aus diesem generiert. Zusätzlich dazu steuert Dänemark knapp 500 Millionen € zum Haushalt der Insel bei. Dazu kommen 225 Mio. € von der EU. Ohne diese Zahlungen wäre Grönland wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Die wichtigsten Handelspartner für Grönland sind Großbritannien, EU, Kanada & die USA, aber auch China. 3/
Es ist bedauerlich+sicherheitsgefährdend, dass #KRITIS-Dachgesetz noch nicht durch ist, jedoch hatte der Entwurf noch etliche Lücken. Bspw. Problematik des Planungssicherstellungsgesetz, Schwelle der Versorgungseinheiten bei kommunalen Betreibern etc.🧵1/ zdf.de/nachrichten/po…
KRITIS-DG selbst ist vor allem eine Klärung von Zuständigkeiten und Definition, was #KRITIS ist, es bringt noch kein MEHR an Schutz. Hierzu muss man Sicherheitsbehörden Bund, Land, Bundeswehr besser ausstatten + hybriden Instrumentenkasten einpreisen 2/
Wichtig ist deshalb #Bedrohungsgesamtrechnung aufzustellen statt Überwachungsgesamtrechnung, wie es KOA-Vertrag vorsieht. Problem ist, daß Spionageabwehr in Deutschland sukzessive abgebaut wurde & gleichzeitig Kontrollmechanismen Personal bindet + Zusammenarbeit erschwert wird 3/
Our German hybris is doing serious damage! #SPD claims in #Taurus debate & Pistorius already in June "We are the second strongest supporters of #Ukraine after the USA!" & "these are the decisive months" After more than 630 days of war, this unfortunately seems cynical, why?🧵1/
Since 24.02. GER has spent approx. 22 billion € on support for #Ukraine, 14 billion (64%) on Ukrainian refugees in Germany, primarily because of "Bürgergeld", instead of immediately recognizing their educational qualifications & promoting rapid integration into language+work. 2/
Too little military support for #Ukraine is causing more & more refugees, war casualties & victims, instead of supporting the success of the #counteroffensive through massive mil. support with e.g. #Taurus, more #Leopard, ammo etc. to support the success of the 🇺🇦 offensive. 3/
Unsere deutsche Hybris schadet gravierend! #SPD behauptet in #Taurus-Debatte und #Pistorius bereits im Juni „Wir sind nach den USA die zweitstärksten Unterstützer der Ukraine!“ & „das sind die entscheidenden Monate“ Das wirkt nach über 630 Kriegstagen leider zynisch, warum? 🧵1/
Seit 24.02. hat D ca. 22 Mrd € für die Unterstützung der #Ukraine ausgegeben, 14 Mrd (64%) für die ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland, vorrangig wegen Bürgergeld, statt ihre Ausbildungsabschlüsse sofort anzuerkennen & die rasche Integration in Sprache+Arbeit zu fördern. 2/
Durch die zu geringe militärische Unterstützung der #Ukraine werden immer mehr Flüchtlinge, Kriegsversehrte und Opfer verursacht, anstatt durch massive mil. Unterstützung mit z.B. #Taurus, mehr #Leopard, Munition etc. den Erfolg der 🇺🇦 Befreiungsoffensive zu unterstützen. 3/
1) Wie Lloyd Austin in Ramstein richtig sagte, hat die #Ukraine nur ein sehr begrenztes Zeitfenster, um den Krieg zu gewinnen. #Russland hat in den letzten Monaten Personal und Material mobilisiert & seine Wirtschaft auf eine Kriegswirtschaft umgestellt. 2/16
Kyjw hat mangels Kontinuität westlicher Waffenlieferungen im Winter seine Verluste nicht im gleichen Maß wie Russland ausgleichen können und hat nun einen eklatanten quantitativen Nachteil auf dem Schlachtfeld. 3/16
1)@Bundeskanzler sollte endlich die von 🇪🇺🇺🇸🇺🇦erbetene Führung bei Lieferung #Leopard2 KPz übernehmen. #Scholz will nicht führen, sondern spielt auf Zeit. Damit verhindert er raschere Befreiung #Ukraine – wirkt wie unterlassene Hilfeleistung, weiter kein geschützter Kampfraum🧵/8
2) Rheinmetall bot März/April 2022 100 #Marder + 88 #Leopard1 KPz aus Industriebeständen für #Ukraine an. Die ersten könnten innerhalb weniger Wochen, Großteil innerhalb Monaten bis zu 1 Jahr geliefert werden 2/8 n-tv.de/politik/Unters…
3) Es ist bis heute ein Armutszeugnis und klares Zeichen mangelnder #Führung, 0 strategischer Vorausschau, daß Angebot der Industrie bis heute nicht beschieden ist - obwohl Deutscher Bundestag Ende April mit breiter Mehrheit (586 ja!) Beschluss fasste 3/8 businessinsider.de/politik/welt/m…