Urlaubsbedingt bin ich etwas spät dran mit meinem Kommentar zur Debatte das wir alle mehr arbeiten sollen.😉 Aber hier dennoch ein paar Gedanken dazu.🧵Euch Allen wünsche ich natürlich einen schönen Brückentag. 1/
Das Ziel der #CDU scheint mir zu sein, dass man damit Wirtschaftswachstum schaffen will. Zumindest scheint mir das so, angesichts von Äußerungen von #Merz, dass sich mit Work-Life-Balance der Wohlstand nicht zu halten sei. 2/ ndr.de/nachrichten/me…
Dahinter verbirgt sich eine falsche Gleichsetzung von Wachstum und Wohlstand. Wenn Menschen sich individuell für kürzere Arbeitszeiten entscheiden tun sie das, weil sie dadurch ihren Wohlstand erhöhen. Hatte ich schon mal versucht zu erklären. 3/ threadreaderapp.com/thread/1695102…
In der Tat ist die durchschnittliche Arbeitszeit der Erwerbstätigen gefallen. Nicht nur in Deutschland, sondern eigentlich überall. Im Durchschnitt sind es die reicheren Länder, die tendenziell weniger arbeiten. 4/ ourworldindata.org/rich-poor-work…
Vergleicht man für die OECD-Länder, fällt auf, dass es auch keinen Zusammenhang bei der Veränderung von Arbeitszeit und Wirtschaftsleistung zu geben scheint. Eine plausible Erklärung: Wer reicher wird kann es sich auch leisten weniger zu arbeiten. 5/
Wie also arbeitet man weniger aber produziert mehr? Im Wesentlichen sind zwei Faktoren verantwortlich. Erstens, ist in Deutschland die Beschäftigungsquote gestiegen. Mehr Menschen arbeiten, bei gleichzeitig sinkender durchschnittlicher #Arbeitszeit. 6/
Meines Erachtens ist die Entwicklung zu höherer Erwerbsbeteiligung bei gleichzeitig sinkender Stundenzahl in vielerlei Hinsicht was Selbstbestimmung, eigene Absicherung, Teilhabe und Gesundheit angeht eine gute Entwicklung. 7/
Der zweite Grund ist deutlich wichtiger, weil er der treibende Faktor für höheren Wohlstand ist: die Arbeitsproduktivität. Pro Arbeitsstunde wird heute einfach deutlich mehr produziert als früher (seit 1991 45% mehr lt. Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung) 8/
Viele Menschen haben wachsenden Wohlstand verteilt auf mehr Einkommen und mehr Zeit. Die Nettolöhne je Stunde stiegen seither um 34%, die Nettogehälter pro Arbeitnehmer nur um 18%. Eben, weil man einen Teil des höheren Wohlstands auch in mehr Freizeit umwandelt. 9/
Auch das ist ein Verhalten was die ökonomische Theorie vorhersagt. Bei steigendem Einkommen wird auch mehr Freizeit nachgefragt (normales Gut). Wir sehen das auch daran, dass in reicheren Ländern die Arbeitszeiten geringer nicht höher sind. 10/
Die Konservativen sagen, dass sich mit Work-Life-Balance der Wohlstand nicht halten lasse. In Wahrheit gibt es kein Land was durch längere #Arbeitszeiten reich geworden ist und eine Folge steigenden Wohlstands waren immer auch sinkende Arbeitszeiten. 11/
Bei der Produktivität ist der Zusammenhang hingegen wie vermutet. Der ist zwar auch durch die Messung von Produktivität bedingt, aber wohl kein Ökonom würde bestreiten, dass die Produktivität der wichtigste Faktor für die langfristige Wohlstandsentwicklung ist. 12/
Wenn es um mehr #Wohlstand ginge müsste die Frage der #Produktivität und warum sie derzeit stagniert im Zentrum stehen. Schon seit Jahren wird uns versprochen, dass Digitalisierung und KI uns die Arbeit abnimmt, aber das Produktivitätswachstum war selten so niedrig. 13/
Aber das ist die schwerere Frage. Also predigt man lieber das wir zu faul sind. Die Feindbilder reichen dann von der Work-Life-Balance Gen Z bis hin zum arbeitsunwilligen Bürgergeldempfänger. Feindbilder statt Lösungen und alles mit wenig Substanz. 14/ threadreaderapp.com/thread/1816116…
Und was wäre die Folge, wenn man dem nachgibt und Feiertage streicht bzw. Arbeitszeitgesetzgebung ändert? Es fehlt ja zumindest derzeit nicht an Arbeitskräften. Die Arbeitslosigkeit steigt aufgrund der schwachen Konjunktur an. 15/
Bei fehlender Nachfrage folgt daraus a) eine höhere Arbeitslosigkeit oder b) ein Absinken der Arbeitsproduktivität bzw eine Mischung. Ersteres wenn es zu Entlassungen kommt. Letzteres wenn Unternehmen Beschäftigte dennoch erstmal halten. 16/
In Studien wird immer wieder der positive Effekt von Arbeitszeitverkürzungen auf die Produktivität nachgewiesen. Einer der Gründe für ein geringeres Produktivitätswachstum könnte auch sein, dass es kollektive Arbeitszeitverkürzungen kaum noch gab. 17/ zeit.de/news/2024-10/1…
Man findet viele arbeitsmedizinische Studien, die zum Ergebnis kommen, dass schon der 8-Stunden Tag eigentlich zu lang ist um produktiv zu arbeiten. wired.com/story/working-… Vor allem sind die negativen Wirkungen langer Arbeitszeiten gut erforscht. 18/ baua.de/DE/Angebote/Pu…
Was kommen wird ist die Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen. Wir erinnern uns: Schon die Ampelkoalition hatte dies in ihrer Wachstumsinitiative geplant. Wegen des D-Day kam es aber nicht mehr zur Umsetzung. Ich glaube nicht, dass das viel bringt. 19/
Nach Schätzungen des IAB wurden 1,19 Milliarden #Überstunden geleistet, davon allerdings 53% unbezahlt. Aber auch bei Bezahlung wäre nur der Zuschlag über den normalen Stundenlohn hinaus (Daten fehlen) steuerfrei, so wie heute die Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit. 20/
Die Steuerfreiheit könnte ein Anreiz für die Zahlung von Zuschlägen sein. Leider aber auch ein Anreiz das Grundgehalt zu senken und den Zuschlag zu erhöhen. Solche und andere Gestaltungen mit dem Ziel der Abgabenvermeidung nennt man Entgeltoptimierung. 21/
Außerdem habe ich Zweifel daran, dass Menschen auf solche Anreize stark reagieren werden. Die tatsächlichen Arbeitszeitwünsche sind so, dass die große Mehrheit der Beschäftigten lieber ihre Arbeitszeit verkürzen will. 22/ baua.de/DE/Angebote/Pu…
Aber: In dieser Studie wollen in der Untergruppe der Teilzeit-Arbeitnehmer tatsächlich 31% der die Arbeitszeit erhöhen und nur 21% weiter verkürzen. Vielleicht sollte sich die Politik stärker um die Wünsche der Menschen kümmern. Unfreiwillige Teilzeit wäre ein Ansatzpunkt. 23/
Würde man tatsächlich das Arbeitsvolumen erhöhen wollen müsste der Blick in Deutschland eigentlich sofort auf die #Frauenerwerbstätigkeit fallen. In allen Altersgruppen ist die Erwerbsbeteiligung bei Frauen immer noch geringer als bei Männern. 24/
Wäre sie so hoch wie bei Männern wären das immerhin ca. 2 Millionen Menschen mehr auf dem Arbeitsmarkt. Das wäre potentiell ein weit größerer Effekt aufs Arbeitsvolumen als durch den Überstundenvorschlag oder die Streichung eines #Feiertag zu erwarten wäre. 25/
@threadreaderapp unroll
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Fortsetzung: Deutschland hat zwar Fortschritte gemacht, aber der Vergleich der Partizipationsraten zeigt, dass es noch eine Reihe von anderen Staaten gibt, in denen die Gleichstellung noch weiter ist. 26/
Es überrascht nicht, dass die CDU dazu seltsam still wird. Denn dann geht es um das Ehegattensplitting und um Minijobs. Um Regelungen also die Konservative entweder nicht antasten oder sogar noch ausweiten wollen. Von Zuwanderung gar nicht zu reden. 27/ threadreaderapp.com/thread/1678671…
Aber: Ein höheres Wirtschaftswachstum erreicht man aktuell auf keinen Fall durch mehr Arbeitsvolumen, weil das nicht der limitierende Faktor ist. Es ist vielmehr eine Ablenkungsdebatte und der Versuch den Wirtschaftsflügel der CDU/CSU zu besänftigen. 28/
Diese Grafik kursiert von rechter Seite in den Sozialen Medien seit die #SPD versucht bei der #Einkommensteuer eine Erhöhung im oberen Einkommensbereich durchzusetzen. Sie sagt überhaupt nicht das aus, was damit suggeriert werden soll. 1/
Erstens, ist sie sogar falsch, weil sie den wahren #Spitzensteuersatz, die sogenannte #Reichensteuer ausblendet. Diese greift 2023 ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.825 Euro. Das ist definitiv viel mehr als das 1,3-fache des Durchschnitts. 2/
Was hier verwendet wurde ist der Grenzsteuersatz von 42% ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.809 Euro in 2023 (inzwischen bei 68.480 Euro). Würde man das verwenden und stimmen die 1,3 wäre der Durchschnitt bei zwischen 48 und 49.000 Euro. 3/
Ich habe das Ende der #Schuldenbremse letzte Woche nur hustend und keuchend aus dem Bett verfolgen können. Aber im Gegensatz zur Bremse habe ich mich glücklicherweise wieder erholt. Sie Ruhe in Frieden. 1/32
Ich gebe zu, dass mir zwar klar war, dass die CDU sobald sie regiert, die Bremse ändern würde. Jeder, der etwas von Politik versteht wusste das die Regierungszeit für #Merz andernfalls sehr unangenehm und unerfolgreich geworden wäre. 2/32 politischeoekonomie.com/nicht-ob-sonde…
Dass die #CDU von der Schuldenbremse aber fast nichts übrig lassen würde hat dann auch mich überrascht. Und es war natürlich nicht die #SPD, die das durchgesetzt hat. Es war von der #CDU schon seit Herbst vorbereitet. Siehe diese Recherche. 3/32
Ganz kurz zur (Sprach)verirrung des Friedrich #Merz. Ein #Sondervermögen ist natürlich eine Änderung der #Schuldenbremse. Wie ist denn das Sondervermögen Bundeswehr im Grundgesetz formuliert. Art. 87a Abs.1a: "Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann ... 1/4
...der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 nicht anzuwenden." 2/4
Also Artikel 109 und 115 (Die Schuldenbremse) wird durch Artikel 87a als eine Art Spezialnorm überschrieben und gilt insoweit dann nicht. Was er vermutlich meint: Das ist dann auf die dort festgelegte Summe gedeckelt. Ich höre etwas von 200 Milliarden plus. 3/4
Bin ich bei @jsuedekum. Und das als Gegner der #Schuldenbremse! Wir brauchen eine SB-Reform nicht nur für Verteidigung sondern generell, weil schon 2029 auch mit der Linken die 2/3 Mehrheit fehlen könnte. 1/
Kurzfristige Lösungen die das Problem nur für die nächsten Jahre lösen würden verbieten sich daher. Sie sind auch nicht nötig, weil die große Koalition eine Notlage mit einfacher Mehrheit für 2025 und 2026 beschließen kann. AfD kann auch nicht dagegen klagen. 2/
Dafür braucht man nämlich 25% der Mitglieder des Bundestags (Artikel 94 GG). Die hat die AfD nicht sondern bräuchte auch hier die Unterstützung der Linken. Die #Linke wird mit Sicherheit - anders als Merz -nicht mit der AfD gemeinsame Sache machen. Sonst wären sie erledigt. 3/
Sie sind weniger geworden die Verteidiger der #Schuldenbremse, aber offiziell verteidigen momentan noch #CDU /CSU, #FDP und #AfD die Bremse. Daher hier der Versuch einer letzten inhaltlichen Gegendarstellung von mir vor der #Bundestagswahl. 1/
Unsere Kinder müssen das NICHT zurückzahlen. Was für Individuen gilt ist für Staaten falsch, weil diese nicht sterben, und wenn dann in der Regel mit Rechtsnachfolger. Die Kinder der Gründermütter der USA haben jedenfalls Netto nichts zurückgezahlt. 😉 2/
Die wahre Belastung liegt in den Zinsen. Damit diese zu einem großen Problem werden können muss die Bedingung erfüllt sein, dass der Zinssatz, den der Staat zahlt über der Wachstumsrate der Volkswirtschaft liegt. Ökonominnen reden von r (Realzins) – g (growth = Wachstum). 3/