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18. Juli 2019. Der Tag an dem ich meine Unterstützungserklärung vom Wiener Magistrat in der Leopoldstadt bestätigen ließ und beim letzten Überbleibsel der Bundes-Grünen in einem kleinen Büro im dritten Bezirk abgegeben habe.
An just dem gleichen Tage, nur etwas später, begab ich mich mit meiner Familie und Freunden zum Copa Beach. Es war ein schöner sonniger Nachmittag. Werner Kogler lief mir genau dort völlig unerwartet über den Weg.
Ganz ohne Entourage, ohne Kameras oder sonstigen Begleiterscheinungen wie man es sich eigentlich erwarten würde. Völlig auf sich gestellt und ebenso entspannungssuchend. Erfrischend authentisch.
Auf den Zufall angesprochen, lud mich Werner Kogler auf ein Getränk ein. Ich lehnte ab.

Ich lehnte ab, weil ich mir dachte, dass auch ihm in diesem ganzen Polit-Tumult (Ibiza, Europawahlen,…) etwas Ruhe vergönnt sei.
Demselben Grund also, warum auch ich mit meiner Familie den Ort aufgesucht habe. Lediglich ein „Selfie“ wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Erwartungsschwanger und mit voller Zuversicht unterstützte ich, wenngleich nur passiv, eine von Umweltaspekten getriebene Bewegung.
Ich bin weiterhin frei von einem Parteibuch, aber es war das erste Mal seit langem, dass ich politisch verstärkt für etwas Eingetreten bin. Lange nach meinem Austritt der österreichischen Volkspartei von der ich in vielerlei Hinsicht schwer enttäuscht wurde.
Eine geschlagene Nationalratswahl später, Sondierungsgesprächen und Regierungsverhandlung folgend, ist es am 7.1.2020 soweit. Werner Kogler mit dem ich noch locker das Selfie geschossen habe ist tatsächlich Vizekanzler unseres schönen Landes.
Ich begrüße den Mut der Grünen für diesen gewagten & riskanten Schritt und bin auch etwas überrascht von dem an den Tag gelegten Pragmatismus und schmerzlichen Kompromissbereitschaft die es nun einmal braucht, wenn man keine absolute Mehrheit auf sich vereinen konnte.
Ich wurde in den vergangen Tagen oft auf diese Thematik angesprochen und ob es gut sei, so wie es ist.

Tatsächlich ist die Situation nicht einfach und viele Aspekte stehen diametral zu Grünen Wertvorstellungen.
Eine Fokussierung auf Ideologie oder gar wahltaktische Überlegungen für die kommende Wien Wahl nähren mit hoher Gewissheit den Zweifel an dem Schritt. Doch frei nach Aristoteles: Wer Recht erkennen will, muss zuvor in richtiger Weise gezweifelt haben.
Rational betrachtet, aber auch aus einem Gefühl heraus, bin ich jedoch davon überzeugt, dass es der richtige Schritt gewesen ist. Diese neue Form der Regierung bzw. des Regierungsprogramms, welches weniger ein Kompromiss des kleinsten gemeinsamen Vielfachen ist, ...
... sondern mehr eine Art Arbeitsteilung in dem die Punkte der Parteien vertreten sind, für die sie hauptsächlich gewählt wurden finde ich spannend.
Denn so ist es auch für Kleinparteien möglich „Leuchtturmprojekte“ vollumfänglich umsetzen zu können und zumindest einen Teil der Wahlversprechen einzulösen.
Außerdem wäre eine Fortsetzung der Ibiza-Koalition weiterhin möglich gewesen mit einem nur gering anders besetzten Ministerposten.
Ich verstehe aber auch, dass vor allem aus Sicht der SPÖ, es scheinbar jetzt möglich sein könnte, Grünwähler abzuholen, deren Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Davon wird es sicherlich welche geben, allerdings glaube ich nicht, dass das tatsächlich viele sein werden. Ich gehe davon aus, dass viele besonders in Zeiten der Klimakrise von den Grünen erwarten, Verantwortung zu übernehmen. Ganz andere Voraussetzungen also, als noch 2000.
Der vorgegebene sozialdemokratische Narrativ ist insofern wenig stringent, als man jetzt den Grünen vorwirft, teilweise FPÖ Punkte die noch enthalten seien zu goutieren.
Besonders im Hintergrund der bevorstehenden Burgenland-Wahl bei der die SPÖ die Koalition mit der FPÖ fortsetzen möchte.

Wofür die Grünen stehen und wofür nicht, ist umfänglich bekannt. Welche Punkte von der ÖVP stammen lassen sich partikelfrei herausdestillieren.
„Aus Verantwortung für Österreich“ ist daher vielleicht nicht nur als Titel des Regierungsprogramms zu verstehen, sondern tatsächlich eine gelebte Politik unterschiedlicher Positionen. Diese Einsicht, dass man als Kleinpartei sein Programm nicht vollumfänglich umsetzen kann, ...
... wird es unter den Wählern geben. Das bedeutet auch nicht seine Ideologie aufzugeben oder für Positionen einzustehen, denn nach der Wahl ist vor der Wahl.
Mit großer Zuversicht und gestärkten Optimismus startet für mich somit das politische Jahr 2020.

#Angelobung #Regierung #Österreich #Grüne #ÖVP #SebastianKurz #WernerKogler
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