Thread by @zineworkshop

Sitzt die Assoziation der Morde in Hanau mit der AfD oder mit Teilen der AfD wirklich einem falschen Verständnis des Neuen Nazismus auf, der statt hierarchisch "improvisierend" sei, wie hier behauptet?:

https://twitter.com/zineworkshop/status/1231205295671709696?s=20

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Beleg für die Theorie des Verständnisses eines im Schema "Befehl und Tat" aktiv werdenden Faschismus war diese Passage im Aufruf zur Demonstration in Hanau am 22. Februar mit dem Motto "Migrantifa jetzt!" gegen den Terror von rechts und für eine selbstorganisierte, staatsferne

und antirassistische/anti-antisemitische antifaschistische Gegenwehr: "Nachdem Björn Höcke am vergangenen Montag zum Umsturz aufgerufen hat, ist Tobias R. in Hanau in sein Auto gestiegen und hat zehn Menschen ermordet, die in seinen Augen nicht-deutsch waren."

Die Deutung im oben verlinkten Artikel geht in die Richtung, Höckes Coup-Rede und die Tat von Tobias R. zu einer Befehlskette herabzustilisieren. Dabei zeigt die Erzählung und chronologische Aufreihung von Rede pro Mord und Mord die strukturelle Nähe von Tat und Ansage auf.

Damit ist beides in eine Relation gestellt. Und nicht entschieden, wie behauptet, Sprache und Tat würden auch hier - wie im Verdacht gegenüber der Sprachforschung, die die Rechte analysiert - sich wie Ursache und Wirkung zueinander verhalten.

Es wird aber angedeutet: Höcke (rechtes Sprechen und Phantasma) und "Aktion" verweisen auf ein offenbar gleiches Denken. Zur Sprache ist zu sagen: Ansagen und zwanghafte Wünsche (Phantasmen) werden nicht automatisch operabel, d.h. umgesetzt. Dazu bedarf es eines "Apparats",

oder einer "freien", d.h. artikulierten Konstituierung eines Apparats. Der verwirrte Einzeltäter, der sozial Isolierte, ist strukturell - sozial - darum nicht allein. So wie kein einziges Individuum solitär ist, sondern immer in Verhältnissen zu allen anderen

sozialen "Elementen" steht, genauer: handelt. Es gibt keine einsamen Wölfe, beziehungsweise einsame Wölfe sind nicht natürlich einsam sondern in sozialen Beziehungen, seien diese negativ (unbelegt, unbesetzt) oder positiv ("belebt" ) besetzt.

Die Isolierungstheorie bezieht sich auf bestimmte Standards des sozialen Zusammenlebens. Die Existenz sozialer Medien belegt, dass mediale Sozialität ausagiert wird und nicht zwingend vom pathogenen und pathologischen Fall auf mediale Sozialität insgesamt geschlossen werden

kann. Was wiederum nicht zum Umkehrschluss verleiten sollte, das mediale Ego sei fluide und evidenzfrei in seinen mentalen Konzepten und a-wissenschaftlichen Theorien. Der Mörder "erlebte" eine gewisse Evidenz in der Tat, die seine "Theorie" bestätigte.

Es steht also mehr an. Der Nazismus sieht seine Eliminatorik in der Eliminierung selbst erfüllt. Darum hat er einr mythische Grundlage, deren Signum der Zirkelschluss ist. Darum muss aber auch diese _sich_ nicht selbst fulfilling prophecy selber erfüllen.

Insofern ist das Morden in Hanau die Bestätigung des Aufstandswunsches von Höcke und nicht Ausführung eines Befehls. Diese sozialen Beziehungen sind nicht notwendig mit dokumentarisch nachweisbaren Netzwerken belegbar. Oder so: Gesellschaft besteht generell aus Netz"werken",

ohne sich ihrer bewusst zu werden. Daran, und an der Bestätigung dieser These haben Überwachung und "kybernetisches Kapital" (aka facebook und Google) ein Interesse.

@threadreaderapp unroll