Habe Rolf #Hochhuths Kirchen- und #Holocaust-Drama Der #Stellvertreter v. 1963 gelesen und bin beeindruckt, wie gut der oft als misslungen bewertete Text als Lesedrama noch immer funktioniert. Dies gilt v. a., wenn man das Erscheinungsjahr betrachtet, in dem das Stück e. /1
enormer Erfolg war. Ein Dutzend Aufführungen nach der Uraufführung notiert die aufschlussreiche zeitgenössische Rezension v. Johannes #Jacobi. zeit.de/1964/15/warum-… Mit Blick auf 1963 war der Text f. mich instruktiv sowohl f. die sich bildende bundesdeutsche /2
demokratische Öffentlichkeit als auch das Wissen zum #Holocaust, das vorhanden und sagbar war. Größtes poetologisches Problem des Stückes dürfte bei allem dokumentarischen Anspruch sein Festhalten an einer Spielart v. #Schillers Dramenpoetik sein, die vor allem im 5. Akt, der /3
in #Auschwitz spielt, unangenehm auffällt. Obwohl Texte zum #Stellvertreter gerne die enormen Kontroversen um Inszenierungen betonen, ging es überwiegend doch eher friedlich zu, wie #Jacobi aus Berlin, Frankfurt, Bochum, Essen, Düsseldorf, Hamburg berichtet. In Frankfurt wagte /4
sich keine Hand zum Applaus zu rühren. In Bochum beklatschten unterschiedliche Zuschauerparteien unterschiedliche Passagen, vor dem Theater verteilten katholische „junge Leute“ Wochenzeitungen, die andere in einem eigens entzündeten Feuer verbrannten. Interessant an Jacobis /5
Bericht: In Essen hatte man die Inszenierung wohl mit d. Firma #Krupp abgeklärt, deren Zwangsarbeit im Drama e. wichtige Rolle spielt; Szenen, die das Leiden von Juden konkret darstellen, schienen sich insg. bes. zur Streichung anzubieten (womit wohl ein Diplomaten- und /6
Intrigenstück a la #Schiller übrig blieb). Die Inszenierungen konnten den Schlussakt kaum bewältigen, in dem, mit zeittypischem Existenzialismus, ein Pfarrer, der als Märtyrer zu sterben bereit ist, geistreiche Dialoge mit e. #KZ-Arzt über die Existenz Gottes führt. /7
Aus heutiger Sicht wird man bemängeln, dass die eigentlichen Opfer des #Holocaust im Drama zu wenig Beachtung finden. Zugleich ist es m. E. packend & d. Lakonie, mit der hier umfangreich über den Holocaust informiert wird, f. das Jahr 1963 bemerkenswert. Poetologisch ist die /8
Auseinandersetzung mit d. Problemen von Realismus und Verfremdung interessant (die nicht nur #Hochhuth beschäftigte). Zum einen soll es um #Realismus gehen, zum anderen verschiebt sich aufgrund der Grausamkeit der Geschichte alles in Richtung Allegorie, wird der /9
KZ-Arzt (wohl #Mengele nachempfunden) nicht zum Verbrecher, sondern z. faustischen Figur. Das Problem sei d. „höllische[] Zynismus dieser Realität, die in sich ja schon maßlos übersteigerte Wirklichkeit ist.“ – „Dokumentarischer Naturalismus ist kein Stilprinzip mehr.“ //
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Die #IQB-#Bildungstrends verraten viel über den #Deutschunterricht. (1.) ein paar Worte zu einigen Ergebnissen, die in d. Öffentlichkeit tls. verkürzt repräsentiert werden; (2.) was sind Probleme des Fachs Deutsch?; (3.) Erstaunliches zur empirischen Bildungsforschung. /1
Alles nachzulesen im IQB - Bericht (1.) Die ERGEBNISSE sind schlecht und zeigen zudem e. stark negativen Trend 2015-2022, der tlws. schon 2009 einsetzte. Ich beschränke mich exemplarisch auf das Lesen, was möglich ist, da die Ergebnisse für Zuhören /2iqb.hu-berlin.de/bt/BT2022/Beri…
u. Orthographie ähnlich sind. Auch schaue ich nur bsp.haft auf Bund & NRW. Vorab sei angemerkt, dass der Negativtrend im Bereich Orthographie, die heute oft symbolisch für Leistungsschwäche steht, noch am geringsten ausfällt. Erhoben wurde unter anderem, wie viele SuS sog. /3
Die knapp 30 Seiten lange Zusammenfassung des Gutachtens „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die #Grundschule“ der Ständigen wissenschaftlichen Kommission der #KMK ist bemerkenswerte Reaktion auf die #IQB-Ergebnisse. /1
kmk.org/de/kmk/staendi… Speziell für das Fach #Deutsch & sprachliche Kompetenzen enthält das rd. 200 S. lange eigentliche Gutachten weiterführende Angaben. Die fachlich nicht spezifische #Zusammenfassung ist aber bereits lesenswert & wahlweise entschlossenes o. verzweifeltes /2
Dokument, das an einzelnen Stellen erhebliche Sprengkraft haben dürfte. Es enthält viele interessante Details & Vorschlage. Grundsätzlich sehe ich aber in der Zusammenfassung fünf Tendenzen: (1.) Mindeststandards als neue Leitgröße; (2.) Verwissenschaftlichung im Sinne von /3
Die gestern vermeldete Studie des #ifo-Instituts zum Stand schulischen Lernens während #Corona hat einige kontroverse Rückmeldungen erzeugt. Einige Ergebnisse & Anmerkungen auch zur allgemeinen Studienlage: /1 ifo.de/publikationen/…
Ludger #Wößmann et al. ermitteln die Zeit, die Schüler_innen mit schulischen Aktivitäten vor Corona verbracht haben, mit 7,4 h/Tag (Durchschnitt) & stellen dem 4,3 h „Lernzeit“ Anfang 2021 gegenüber. Dies ist mehr als Anfang 2020 (damals 3,6 h). Von den 4,3 h entfällt ca. 1 h /2
auf schulischen Unterricht im engeren Sinne. Die Differenzen sind erheblich, 23% der SuS haben sich maximal 2 h/Tag mit Schule befasst, 58% max. 4 h. Der Vergleich zu Zahlen vor Corona ist m. E. zurecht kritisiert worden: Er droht, die Effizienz des Präsenzunterrichts /3
Passend zur Tagung „#HeinrichHauser und seine Zeiten“ am 22. & 23. September @Germanistik_RUB ist Hausers lange unzugänglicher Film „Chicago. Weltstadt in Flegeljahren“ erschienen & läuft morgen (20.04.) um 23:35 Uhr auch auf @ARTEde (65 Min.). arte-edition.de/item/3020.html /1
Die DVD stattet den Stummfilm nachträglich mit zwei Tonspuren aus: Musik von Andy #Miles oder Lesung kurzer Passagen aus Hausers Reportage #FeldwegeNachChicago von Wilfried #Reichardt und Hans-Ulrich #Werner. Beides hörenswert. Das Filmmaterial ist vglsw. kurz, überw. /2
sachlich-lakonisch, mit einem Interesse an technischen & architektonischen Formen und Abläufen & ihrer filmischen Inszenierung. Aufnahmen von Menschen kommen auch vor, von der - aus heutiger Sicht - oft ärmlichen Anmutung abgesehen bemerkenswert zeitlos. Die gelesenen Texte /3
D. A. Pacygas "#Slaughterhouse" ist e. Buch über industrielle Produktion v. #Fleisch, aber auch über die brutale Dynamik des US-Kapitalismus, bei d. Parallelen zur Gegenwart ins Auge fallen. Noch e. Thread über Fleisch & #Chicago, aber auch die dt.e Provinz & (kurz) Literatur. /1
1922 ist "meatpacking (...) the largest industry by volume in the United Staates", stärker als Stahl- o. Autoindustrie (140), & Chicago das unangefochtene Zentrum. Das hat nicht allein m. industrieller Schlachtung zu tun, die dt.e Autor_innen auf Durchreise bestaunen, sondern /2
mit Trägertechnologien, (1.) der Eisenbahn, deren Bedeutungsverlust gegenüber dem LKW-Verkehr in den 1950er & 60er Jahren innerhalb kürzester Zeit zum vollständigen Kollaps v. Chicago als Fleischzentrum führt; (2.) Kühlmöglichkeiten & -technik. Noch in den 1850er Jahren /3
Weitere Eindrücke zur industriellen #Fleisch-Produktion im Kontext eines Hauptseminars: Ein Thread zu e. "Visitor's Guide" d. Firma #Swift im Chicago d. frühen 20. Jhd.s & zu Fleisch, Advertising & Gender. - Um 1900, als dt. Besucher (u. a. Max Weber) nach #Chicago strömen /1
ist der Vieh- & Schlachthof (#UnionStockyard) eine gewaltige Attraktion: Ca. 500.000 Besucher kommen jährlich, schreibt Dominic A. #Pacyga i. #Slaughterhouse. Hier konnte man die "basic themes of modern industrialization" (ebd.) sehen. Die großen #Meatpacking-Firmen /2
produzierten Werbematerial, Andenken & boten neben wirkl. Führungen auch schriftliche Touristenführer als Souvenirs, wie das #VisitorsReferenceBook, das über das Repository d. #DukeUniversity studiert werden kann. Das angegebene Publikationsdatum 1903 /3 repository.duke.edu/dc/eaa/A0340