Koloniale Denkmäler stürzen und Straßen umbennen - das verfälscht unsere Geschichte, behaupten Kritiker der „Cancel Culture“. Warum das totaler Quatsch ist, erkläre ich in diesem #Thread. 1/12
Zunächst ist es bei manchen Namen und Denkmälern Konsens, dass sie nicht in den öffentlichen Raum gehören. Nur komplett Verirrte würden wohl gerne in der „Hitlerstraße“ oder neben einer Stalin-Statue wohnen. 2/12
Doch auch eine Nummer kleiner kann es sinnvoll sein, eine historische Figur aus dem Stadtbild zu canceln - ohne dass es irgendjemanden stört. Beispiel: der Fall des berühmten BBC-Moderators Jimmy Savile. 3/12
Nach dessen Tod 2011 kam heraus, dass Savile ein skrupelloser Pädophiler und Vergewaltiger war. In der Folge entfernten Städte wie Glasgow, Leeds oder Bristol eilig die Savile-Statuen von ihren Straßen. 4/12 bbc.com/news/uk-scotla…
Niemand kam damals auf die Idee, über #CancelCulture zu klagen - aus Respekt vor den Opfern. 5/12
Nächstes Beispiel: Hermann von #Wissmann. Auf das Konto des einstigen Kolonialbeamten gehen Tausende afrikanische Tote in der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“. 1968 stürzten Studierende das „Wissmann-Denkmal“ in #Hamburg. 6/12 google.de/amp/s/www.zeit…
Haben die 68er damit einen Teil deutscher Geschichte ausgelöscht? Nein, im Gegenteil: Die Wissmann-Statue verschwand zwar erst im Keller, wurde seither aber wiederholt im Museum gezeigt, zuletzt im @DHMBerlin. 7/12
Die dortige #Kolonialismus-Ausstellung zählte 2016 ca 50.000 Besucher. Hätten sich annähernd viele Menschen mit der Person Wissmann befasst, wenn seine Statue noch immer vor der Uni Hamburg stünde? Wohl kaum. 8/12
Ähnlich ist es bei Straßennamen. Beispiel: das ehemalige Gröbenufer in #Berlin - einst Otto Friedrich von der Gröben gewidmet, der im 17. Jhrt. in den brandenburgischen Sklavenhandel verwickelt war. 2010 wurde die Straße umbenannt. 9/12 m.tagesspiegel.de/berlin/strasse…
Heute heißt sie May-Ayim-Ufer - nach einer afro-deutschen Poetin und Vorreiterin der Schwarzen Frauenbewegung in #Deutschland. Eine Tafel würdigt vor Ort ihr literarisches Werk und ihre wissenschaftliche Arbeit zu #Rassismus und #Kolonialismus. 10/12
Bei einem Spaziergang am May-Ayim-Ufer erfährt man damit mehr über deutsche Geschichte als es am einstigen Gröbenufer je möglich war! Von wegen „Cancel Culture“. 11/12
Der Punkt ist: Nicht nur der Respekt vor den Opfern des Kolonialismus gebietet es, rassistische Denkmäler von den Sockeln zu stoßen und Straßen umzubenennen. Wenn man es richtig macht, ist es auch eine Chance für ein neues Geschichtsbewusstsein. 12/12
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Du bist rechts und total genervt von den links-grün versifften Wokies hier auf X, aber weißt nicht, wie du sie argumentativ packen kannst?
Keine Sorge, es ist nicht so schwer – hier eine Anleitung in fünf easy steps👇(1/6).
Füge zunächst einige Emoticons in dein X-Profil ein, um für alle deine „liberal-konservative“ Haltung sichtbar zu machen. Welcher Typ bist du?
🚜 = rustikal, latent gewaltbereit
🇷🇺 = du liebst Frieden und Demokratie
🚿= du denkst noch selbst (2/6)
Als Zweites solltest du den richtigen Leuten folgen: AfD-Politiker,
Impfgegner, Islamkritiker usw. zeigen dir gerne, worüber man sich gerade am besten aufregen kann.
Nach 5 bis 10 Minuten in dieser Blase solltest du bereits ordentlich Puls haben. Dann kann’s losgehen. (3/6)
Nennt mich konservativ, aber ich finde, ein CDU-Generalsekretär sollte keine Märchen der Rechtsextremen nachplappern.
Wenn Carsten Linnemann sagt, Deutschland sei von der Migration „komplett“ überfordert, dann ist das dumm, respektlos und gefährlich. Ein Thread. 1/12
Dumm ist es, weil es nicht stimmt. Deutschland braucht Migration und zwar viel mehr davon, um den Laden am Laufen zu halten. 400.000 Menschen PRO JAHR müssen dafür kommen, sagt die Wirtschaft. Menschen, die hier arbeiten, Steuern zahlen, einkaufen, Kinder kriegen, leben. 2/12
Zum Teil klappt das schon ganz gut: 75% der vor mindestens fünf Jahren gekommenen Flüchtlinge sprechen laut OECD inzwischen fließend Deutsch, 70% haben einen Job. Hier sind wir also viel näher an „Wir schaffen das“ als an „komplett überfordert“. 3/12 tagesschau.de/wirtschaft/arb…
Vielleicht ist es Zeit für einen neuen „Schweriner Weg“ wie 2006.
Damals zog die NPD mit 7,3 Prozent der Stimmen in den Landtag von MeckPomm ein.
Darauf schlossen sich ALLE demokratischen Fraktionen gegen die Neonazis zusammen. Good times. 1/11
Die Idee war: Man muss die Rechtsextremen konsequent ausgrenzen, um sie kleinzuhalten. Ja, das war damals Konsens in Mecklenburg-Vorpommern.
Kann man sich heute fast nicht mehr vorstellen. So einigten sich alle von CDU bis zur Linken darauf, NPD-Anträge immer abzulehnen. 2/11
Auch gab es eine Einigung, nur gemeinsam auf NPD-Reden zu antworten. D.h. wenn ein Nazi mit seiner Rede fertig war, antwortete ein einzelnes Mitglied der demokratischen Fraktionen – und fertig. Nächster Tagesordnungspunkt. Um dem NPD-Bullshit nicht zu viel Raum zu geben. 3/11
Warum lösen die Straßenblockaden der „Letzten Generation“ bei den Deutschen so viel Wut und Empörung aus?
Weil sie sich gegen ein zentrales Element der deutschen Kultur richten: das Auto.
Was sich daraus lernen lässt. Ein (kulturwissenschaftlicher) Thread. 1/15
Weiße Socken in Sandalen, Gartenzwerge vorm Haus, im Café getrennt bezahlen – es gibt viele Klischees vom „typischen Deutschen“. Doch was ist das eigentlich, „typisch deutsch”? Die Frage ist wie gemacht für die Ethnologie, die Wissenschaft der Kulturen der Welt. 2/15
Ethnolog:innen erforschen, was eine Kultur ausmacht: das System aus Werten und Traditionen, aus Tabus, Ritualen und Geboten, die eine Gesellschaft im Inneren zusammenhalten. In Deutschland zählt dazu: der Kult ums Auto. 3/15
Das Wort „Schwarzafrika“ ist rassistisch, die Bezeichnung „Sub-Sahara“ ebenso. Warum wir beide Wörter im Journalismus meiden sollten, zeige ich in diesem Thread. 1/11
Der Begriff „Schwarzafrika“ stammt aus der Kolonialzeit. Geprägt haben ihn im 19. Jahrhundert deutsche Sprachwissenschaftler und sog. Rasseforscher. Die vertraten ziemlich abgedrehte Ideen. 2/11
So glaubten manche, in Afrika gebe es „Mischwesen“ zwischen Mensch und Tier - weswegen sie im tropischen Regenwald ernsthaft nach Menschen mit „Affenschwanz“ suchten. Komplett gaga. 3/11