UPDATE: Meine Reaktion ist wohl “sensibel” und die Details meiner Zeugenaussage “weniger wichtig” als die Schilderung der Atmosphäre in der Synagoge. Die Richtigstellung habe ich in einem Leserbrief formuliert und hoffe, dass dieser tatsächlich gedruckt wird. #halleprozess
Mein Leserbrief als THREAD. Darf gerne geteilt werden. @mokomokai
“Sehr geehrte Frau Ramelsberger, liebe @SZ , Vielen Dank für die Möglichkeit Ihren Bericht über meine Zeugenaussage („Jetzt hör mal zu“, Ausg. 203, 03/09/20) in einem Leserbrief richtig zu stellen. Als Überlebende
Als Überlebende des Attentats auf die Synagoge in Halle und Nebenklägerin im Prozess gegen den Täter, ist es mir besonders wichtig, den Stimmen der Nebenklage Gehör zu verschaffen. Dass mir eine inhaltlich richtige Wiedergabe meiner Zeugenaussage demnach ein Anliegen ist,
empfinde ich als legitim. Daher halte ich mich mit meiner an Sie gerichteten Bitte zur Richtigstellung der beiden Absätze aus Ihrem Artikel auch nicht für „sensibel“.
Dass „eine Richtigstellung solcher Details“ für Ihre Leser und Leserinnen „schwer zu verstehen“ sei, glaube ich nicht, und erlaube mir nachstehend nun folgende Korrekturen zu Ihrem Artikel:
Am Tag des Attentats saß ich in der Synagoge eben nicht nahe an der Türe und hatte auch keinen Blick auf den Eingangsbereich. Genau deshalb habe ich erst vergleichsweise spät verstanden, dass es sich tatsächlich um einen Anschlag auf uns Betende in der Synagoge handelte./
Es war der Kantor und kein Rabbiner, der mit seinen klaren Ansagen, dass wir uns von den Fenstern fern halten und ducken sollen, unglaubliche Stärke bewies. /
Der Freund, den ich aufspringen und die Hintertüre verbarrikadieren sah, dessen Namen ich in meiner Aussage ganz bewusst nicht genannt habe, war nicht Herr Rabbiner @JeremyBorovitz.
Wir haben auch nicht gemeinsam eine Türe mit einem Schrank verbarrikadiert. Das hat besagter Freund alleine gemacht, woraufhin ich mit Tischen die daneben liegende Flügeltüre verbarrikadierte. /
Meine Großmutter, deren Schal ich nicht im Gebetsraum zurücklassen wollte, verstarb als ich sieben Jahre alt war. Das verleiht dem Schal, der mir übrigens erst vor wenigen Jahren von einem Familienmitglied weitergereicht wurde, noch größeren emotionalen Wert. /
An Yom Kippur trage ich nicht nur „vieles“ nicht bei mir, sondern überhaupt nichts. Es ist nämlich der höchste jüdische Feiertag.
In der Hoffnung, dass dieses Schreiben das von Ihnen angeratene „Maß von Leserbriefen“ nicht sprengt, verbleibe ich,
Mit freundlichen Grüßen,
Christina Feist, Nebenklägerin im Prozess gegen den Täter von Halle”
Zwei Randbemerkungen, die ich im Brief vergessen habe, erlaube ich mir noch: Esra W. war, ein weiterer Überlebender, war, anders als im Artikel suggeriert, vergangene Woche nicht vor Ort. 1/2
Das Wort grölen, das mir per direktem Zitat in den Mund gelegt wird, verwende ich nicht. 2/2
Danke an alle fürs Mitlesen, Teilen und Unterstützen. #notjustanotherstory#medienethik#youcandobetter
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Letzte Nacht hat der Täter von Halle einen Fluchtversuch aus der JVA Burg unternommen. Schon wieder. Erschreckend ist das allemal, wenn auch nicht überraschend. Ein Rückblick 1/
Den ersten Fluchtversuch unternahm er im Frühjahr 2020, knapp vor Prozessbeginn. Dazu sollte es an sich eine Untersuchung geben. Ob diese jemals stattfand ist fraglich. Ergebnisse wurden jedenfalls nicht kommuniziert. 2/
Im Herbst 2020, während des Prozesses, erhielt ich antisemitische und misogyne Hassnachrichten. Wie sich seither herausgestellt hat, standen die Hassnachrichtenschreibenden mit dem Täter in Briefkontakt, während ich ihm Woche um Woche im Gerichtssaal gegenüber saß. 3/
Gemeinde und auch den G-ttesdienst besuchten, hätte ein schönes Zeichen der #solidarität sein können. Hätte können. Die Gruppe wichtiger Menschen kam um 12 Uhr an. Zu dieser Uhrzeit wurde das Gebet letztes Jahr durch die ersten Schüsse beim #halleattentat unterbrochen.