Der Ansatz der "Herdenimmunität" oder sagen wir mal faktisch, der Durchseuchung, ähnelt, in seiner Wurzel, in der dahinterstehenden Denkweise, dem Impfgegnertum.

Beide Strategien sehen im Grunde Nichtstun als das Mittel der Wahl an. "Der Natur ihren Lauf lassen".
Statt zu handeln, dabei aber gewisse - kalkulierbare(!) - Risiken einzugehen.

Auf der einen Seite wird damit die eigene Verantwortung weggeschoben. Man 'lässt ja nur der Natur ihren Lauf'. Also besser gar nicht reagieren, als falsch reagieren.
(Kein Wunder, dass auch 'besser nicht regieren als falsch regieren'-@c_lindner auf der Seite der Durchseuchungsstrategen zu finden ist, nicht?)

Bei 'der Natur ihren Lauf' lassen, wird natürlich sowohl insgeheim durchaus menschenfeindliches bis faschistoides Denken ausgelebt.
Es trifft ja nur "die Schwachen". Also, einen selbst schon mal nicht.
Das Herz-Kreislauferkrankungen, sowie Diabetes Typ 1&2 zu den häufigsten Zivilisationskrankheiten gehören, also sehr viele der Durchseuchungsbefürworter selbst tief im Feld der Risikogruppen liegen: geschenkt.
Das auch Darwin hier _wieder mal_ falsch interpretiert wird, und mit "Survival of the fittest" die Anpassungsfähigsten gemeint sind, also genau jene, die nicht trotzig Masken verweigern, sondern sich auf die veränderte Situation einstellen ... auch geschenkt.
Auf der anderen Seite, redet man sich gerne ein - und hier wird die Haltung von Durchseuchungsbefürwortern auch völlig irrational - dass einfach alles so weitergeht, wie bisher. Es wird ein bisschen mehr gestorben, aber alle anderen führen ihr Leben weiter.
"Ohne Angst" und so.

Das gerade eine Pandemie außer Kontrolle aber erst Recht zu panikhaftem Verhalten führen wird, und auch psychologisch gesehen, sich so richtig blöd auf die menschliche Psyche auswirken wird ... man ignoriert es, solange man kann.
Und noch kann man, weil unsere Regierung vernünftig gehandelt hat. Erst mal.
Ein insgeheimer Beweggrund von Impfgegner ist, die Kinder lieber nicht impfen zu lassen, denn wenn bei der Impfung was schief geht, ist man ja schuld.
Außerdem ist das eigene Kind pumperlgesund - redet man sich zumindest gerne ein.

Und Kinderkrankheiten, so glaubt man, sind nicht wirklich gefährlich. Weil wir sie aus unserer Welt verbannt haben und nicht mehr sehen, wie es ist, wenn ein Kind mit Diphtherie erstickt.
Und man kann ja die Abwehrkräfte stärken, das ist viel besser als eine Impfung. Das eine Impfung genau das ist - den Abwehrkräften das Bild des Verbrechers zu geben und es gezielt (und bewaffnet) auf die Suche zu schicken - dafür reicht die Vorstellungskraft nicht aus.
Genau die gleichen Mechanismen, Narrative und den gleichen Selbstbetrug findet man bei den Durchseuchern. Von dem völlig entgleisten, irrationalen Flügel um Naidoo, über "Eminenz statt Evidenz" Bhakdi, bis hin zur "Durchseuchung in Nadelstreifen" Streeck & der gesamten FDP.
Statt erst mal Menschen zu schützen, bis man das Virus genauer kennt und weiss, was man unternehmen kann, sollen Fakten geschaffen werden, um dann hinterher, vielleicht, einzugreifen, wenn es zu schlimm wird.
Hier spielt auch eine völlig irrationale Einstellung eine Rolle:
Man fühlt sich unbesiegbar, weil man einen Status der medizinischen und technischen Entwicklung erreicht hat, der viele Lebensrisiken als weit weg und allenfalls ein Problem von Ländern der Dritten Welt* erscheinen lässt.
*der vorbelastete Begriff steht hier absichtlich, um eine bestimmte innere Haltung zu verdeutlichen
Man glaubt auch, dass man, wenn man jetzt nicht handelt, jederzeit dann handeln kann, wenn es gefährlich für einen selbst zu werden droht.

Auch dieser Glaube ist völlig irrational und selbstüberschätzend.
Auf der anderen Seite überhöht man die Natur, der man 'ihren Lauf lassen' will. Die "Appeal to Nature" Fallacy.
Die eine Vorgehensweise ist besser, als eine zurückhaltende, evidenzbasierte Vorgehensweise, weil sie 'natürlich' ist.
Dann aber, bei der gleichzeitigen Überhöhung unseres Entwicklungsstandes, möchte man sich nicht auf die Wissenschaft verlassen, die maßgeblich und ausschlaggebend für unsere zivilisatorischen Errungenschaften war und ist.
Wie man auch ignoriert, dass die Abkehr von dem Überleben des Stärkeren und dem Faustrecht, den Kern unserer Nach-45-Zivilisation bildet.
Für mich ist es alles andere als überraschend, dass Impfgegner nahezu deckungsgleich mit Corona-Verschwörungsideologen und Durchseuchungsbefürwortern sind.

Es ist unausweichlich.
Die ideologische und narrative Basis ist die Gleiche.
Noch was in Bezug auf die FDP. Die denken natürlich nicht unbedingt wie Impfgegner, aber die von der FDP verfolgte Wirtschaftsphilosophie enthält mehr magisches Denken, als rationale Auseinandersetzung mit den Verhältnissen.
Außerdem ist die FDP sehr gerne die Kraft, die es immer besser weiß, aber nie verantwortlich ist.

Pandemien sind nun mal schwer vorherzusagen. Bei der Pandemie 2009 hatten wir ja auch Glück, weil eine vorher nicht bekannte Grundimmunität in zwei Alterskohorten existierte.
Und das Virus sich als nicht so ansteckend wie befürchtet erwiesen hat.

Man glaubt also (und das wird eben mit allem, was wir über das Virus dazulernen, zunehmend irrational) dass die Chance, dass die Pandemie schlimm wird, so bei 50/50 liegt.
Wird es nicht schlimm, dann hätte man ja umsonst der Wirtschaft geschadet und das darf nicht sein.

Also lautet die Linie der FDP: So weiter, wie bisher, Schwund ist halt immer. Wenn es doch schlimm wird, anderen die Schuld geben.
Und selbst wenn es richtig schlimm wird, wird es für die Wirtschaft vermutlich besser aussehen, als wenn wir jetzt mal die Bremsklötze reinlegen.
Genau da könnten sie irren, wenn man sich den Bericht des Internationalen Währungsfonds ansieht, der die Folgen des Frühjahrs untersucht hat.
Der IWF sieht - mit vielen vielen Vielleichts und Unbekannten - dass die negativen wirtschaftlichen Effekte durch eine (unkontrollierte) Ausbreitung des Virus, zwar erst mal flacher erscheinen, aber länger anhalten.
Während die Lockdowns (wahrscheinlich) kurze Einbrüche bedeuten, nachdenen die Wirtschaft relativ schnell auf den Stand davor zurückkommt.
Das würde spannenderweise auch den Mustern entsprechen, die man aus der Frühen Neuzeit kennt. Städte, die gegen Pest und Cholera mit strengen Regeln und Abschottung vorgegangen sind, haben sich wirtschaftlich schneller erholt, als solche die wenig unternahmen.
--- Einschub: ---

Wirtschaft ist extrem multifaktorell. Es kann andere Ursachen gegeben haben, die dazu führten, dass sich diese Städte schneller erholten, die nicht mit der Abschottung zu tun haben.
Eben Koinzidenz, statt Kausalität.
Es kann natürlich durchaus sein - und das würde ich der Führungsriege der FDP durchaus zutrauen - dass man sich durchaus der Risiken im Klaren ist, aber die Stimme sein will, die die offizielle Linie in Frage stellt und dabei auch vor Desinformation nicht zurückscheut.
Dass man aber inständig hofft, dass die Politik, besonders Angela Merkel, nicht vor den Wadenbeissern einknickt, damit nichts schlimmes passiert.
Das ist quasi die AfD-Strategie, die sich die FDP ohnehin gut an- und abgeschaut hat.
Dagegen sein, nicht verantwortlich sein und egal, wie es kommt, es immer besser gewusst haben.
Passt perfekt zu dem, was ich gerade sagte:

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