@FrontierEcon hat eine Studie vorgestellt, nach der Verbrenner mit E-Fuels ähnlich effizient wie E-Autos wären.
Vorweg, P2L ist nicht besser geworden, aber man rechnet den EEG hier 60% Verlust an, da es bessere Standorte in Afrika gäbe mwv.de/wp-content/upl…

Ein Debunk-Thread:
Die Effizienz des Verbrenners ist mit der in der Studie verwendeten Zahlen also nur dann annähernd gut, wenn unser Vergleicheichswert die benötigte Peak-Leistung (kWp) der PV und Windkraftwerke ist. Dennoch wird getrickst. Ich debunke hier mal ein paar Stellen:
Direkt zu Beginn ein Klassiker schlechthin: EEG decken nur 8% unseres Primärenergieverbrauchs. Brauchen wir jetzt also 12x so viele EEG? Reicht unsere Fläche dafür überhaupt aus? Müssen wir dann Atom und Kohlestrom importieren oder gar die energieintensive Industrie auslagern?
Allerdings sind hier Verluste mit einbegriffen. Bei einer Umstellung auf EEG fällt über die Hälfte weg. Hierzu kann ich die Sektorkopplungsstudie von empfehlen. Wer sich dazu weiterbilden will empfehle ich die Sektorkopplungsstudie von @VQuaschning volker-quaschning.de/publis/studien…
Stromtransport über längere Transporte wird als Grund genannt, warum Desertec scheiterte. In Wahrheit waren es aber eher politische Probleme, die einem E-Fuel Projekt ebenso drohen. Generell gibt es in der Region anhaltende Konflikte, die nicht gerade Investoren anziehen.
Das "Referenzland" Marokko hat übrigens 76 Einwohner pro km². Allerdings auch ein großes Gebirge wodurch die Dichte im Flachland natürlich höher ist. Auch da ist also mit Widerstand der Bevölkerung zu rechnen, angesichts der neuen "Kolonialisierung".
Beim nächsten Punkt musste ich ernsthaft lachen. Es geht um die Klimatisierung von E-Autos, wo man dem Verbrenner gewaltige Effizienzvorteile einrechnet, weil man ja die Abwärme nutzen kann. Die Studie nennt übrigens an keiner Stelle die Zahl, die dafür angenommen wurde.
Ich habe mir dazu mal ein paar Tests und Berichte angeschaut. Bei keinem davon war der Verbrauch über 1kW gelegen, wenn der Motor warm ist. Bei 6,5l/100km sind das gerade mal 1-2% Wirkungsgradsteigerung am Motor. Gut man könnte jetzt sagen, dass während das Auto aufgeheizt wird,
die Effizienz hoch ist, allerdings verbraucht ein kalter Motor auch mehr Kraftstoff und die Aufheizphase ist nach ein paar Minuten vorbei. E-Autos scheinen ~2kWh für die 1. Heizphase zu brauchen.

Für das Verbrennerfahrzeug wird mit 4,8l/100km gerechnet, beim E-Auto mit 20,1kWh.
Ein ordentlicher Vergleich sieht anders aus! 4,8l ist real nicht zu schaffen, selbst die genannte Quelle vom ADAC sagt 5,3. In dieser Autoklasse ist 20,1kWh/100km zudem selbst als Realwert extrem hoch. Und die Ladeverluste wären dann bereits eingerechnet!
adac.de/_ext/itr/tests…
Im Wirkungsgraddiagramm wird auch mit 30% Effizienz beim Dieselmotor gerechnet. Real sind das eher 20%, wodurch der Verbrenner nochmal 1/3 an Effizienz verliert. Effizienter als ein Elektro wird ein Verbrenner im Winter selbst in diesem Szenario nicht!
Das der Verbrauch für Heizung bei Stop and Go mehr auf die Reichweite schlägt ist klar. Allerdings läuft in diesem Fall der Verbrennungsmotor dauerhaft, nur damit es warm bleibt. Der Schadstoffausstoß ist in diesem Szenario auch merklich erhöht.
Übrigens bedeutet die halbe Reichweite nicht, dass das E-Auto dann auf einmal 20kW zusätzlich braucht. Das ist ein chemischer Prozess in der Batterie, die Kälte erhöht den Innenwiderstand, was die Reichweite einschränkt. Ist der Akku einmal warm, ist alles wie immer.
Darauf folgt eine irreführende Rechnung, wie viel Wind ODER PV zugebaut werden müsste. Es gibt in Deutschland aber immer Solar UND Wind. Wenn man die beiden vernünftig ins Verhältnis setzt (PV produziert mehr im Sommer, Wind mehr im Winter) braucht man deutlich weniger Speicher.
Natürlich brauchen wir Speicher für die E-Auto-Kette, aber 64% Verlust für P2G ist absoluter Quatsch. Schon heute schaffen Gaskraftwerke 60% Wirkungsgrad. Wenn man die Wärme nutzt (im Winter sehr sinnvoll), sogar 85%. Damit sind wir eher bei 50% Verlust.
Zudem werden P2G/P2L Speicheranlagen nur im Winter oder bei längere Dunkelflaute wirtschaftlich einsetzbar sein. Der Tag/Nacht Ausgleich und der Erhalt der Netzstabilität wird hauptsächlich durch effiziente und billige Batterien geschehen (auch andere Zelltypen sind einsetzbar)
Was ich in der Studie aber vergeblich suche? Der Energieverbrauch für die Kohlenstoffgewinnung. Gerade für Benzin und Diesel werden erhebliche Mengen an Kohlenstoff gebraucht (z.V. 75% Massenanteil bei Gas, 84,2% bei Benzin). Die hier notwendige Filtrierung aus der Luft
ist aber sehr energieintensiv, und kostet dadurch natürlich nochmal Effizienz. Da das CO2 aus dem Auspuff nicht nutzbar ist, wäre die Nutzung von Industrieabgasen (sofern ausreichend vorhanden), kein geschlossener Kreislauf.

Am Ende sollten wir auch über die Kosten nachdenken:
Auch wenn wir Tankstelle und Laster/Schiffe schon haben, die Invest.-kosten für den Erhalt der Verbrennertechnologie sind deutlich höher. Ich sehe keinen Weg, wie Syn-Fuels hier auch nur halbwegs günstig davonkommen. Schon alleine der Verbrennungsmotor frisst den Kostenvorteil Image
am Strom selbst auf. Auch ist der Aufbau gigantischer Industrieanlagen nicht gerade klimafreundlich (Beton, Rohstoffe, etc.), das müsste man ebenfalls einrechnen. Die nötigen Maßnahmen am Stromnetz sind auch für die Dekarbonisierung weiterer Sektoren notwendig.
Auch sollte man nicht andere Vorteile von Elektroautos vergessen. Sie stoßen nur minimal Schadstoffe (Abrieb) vor Ort aus, sind leise unterwegs, durch Rekuperation im Stadtverkehr sehr effizient und hohe Beschleunigungen sind ohne merklichen dauerhaften Zusatzverbrauch möglich.
Und zum Schluss noch eine Rechnung. Wenn wir statt Benzin Methan importieren, ist die Effizienz bei Herstellung gleich bis minimal besser. Nutzen wir das Methan in einem Kraftwerk, haben wir ~60% Wirkungsgrad. Dazu kommen 5% Netzverlust (keine Speicher, da on demand Erzeugung!),
15% Ladeverlust und nochmal 10% für Entladung und Motor zusammen. Das sind mit 44% immer noch die DOPPELTE Effizienz, wie wenn wir Benzin herstellen und 80% der Energie als Wärme verschenken. Nutzen wir die Wärme noch, sind wir bei sagenhaften 62% Effizienz vor Ort.
Zusammenfassend: Komische Vergleichsgrundlage, aber dennoch musste das E-Auto schlecht und der Verbrenner schön gerechnet werden, um in die Nähe zu kommen. Die Studie redet viel über am Ende geringe Effizienzboni durch Wärmenutzung, aber ignoriert CO2-Capture nahezu komplett.
Vielen Dank an @DerGraslutscher , durch den ich auf diese Studie erst gestoßen bin und @AukeHoekstra , der mich dazu inspiriert hat, mal selbst einen Debunk durchzuführen.

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Jan 11, 2023
Seit Beginn der Energiekriese ist hier in Deutschland die Kernenergie wieder im Gespräch. Der "deutsche Sonderweg" Atomausstieg wird kritisiert und es werden sogar Forderungen nach neuen Reaktoren gestellt. Aber wie sieht es in den andern Ländern aus?
Ein Mega-🧵 Image
Vorweg:
- Gerade durch die aktuellen Ereignisse ist es möglich, dass ich was übersehen habe. Bitte darauf hinweisen -ich füge das am Ende ein.
- Forschungsreaktoren <50MW sind außen vor
- Als "konkrete Planung" habe ich es gezählt, wenn Standort und Reaktortyp festgelegt waren
Fangen wir in der EU an
Belgien:
6 Blöcke; 45% des Bedarfes. Doel 3 wurde dieses Jahr abgeschaltet. Tihange 2 soll im Februar folgen - Doel 1+2 und Tigange 1 2025. Doel 4 und Tihange 3 wurden in Folge der Energiekriese um 10 Jahre verlängert und werden erst 2035 abgeschaltet
Read 44 tweets
Sep 9, 2022
Da meines Erachtens gerade viel Halbwissen über den #Stresstest zirkuliert, will ich das mal etwas einordnen:

"Das Redispatch-Problem" oder "Warum Wind im Norden für #Blackout im Süden sorgt"
#AKW #Strom
Stellen wir doch mal das Szenario "++" grob da:
Rekordlast von 85GW - Heizlüfter schnurren. Wir haben 45GW Wind, brauchen kaum Gas und können ganze 15GW exportieren (davon 10 weitergeleitet).
Der Strom ist an der Börse verkauft, alle sind glücklich. Bis auf die Netzbetreiber ...
Die sehen nämlich folgendes. Im Norden kommen die Importe aus den nordischen Ländern und Polen, von denen ein Teil über die Niederlande nach Frankreich wandern wird. Da der Wind stark weht ist im Norden jetzt zu viel Strom. Und eben mal 20GW in den Süden schieben geht nicht.
Read 19 tweets
Aug 14, 2022
@Leon_Zippel Anmerkung: Ein Verbrenner hat in der Regel einen Wirkungsgrad von 20-30%. Das liegt daran, dass er überdimensioniert ist. Motoren haben ihren effizientesten Punkt, wenn sie ~70-80% ihrer Nennleistung bei optimaler Drehzahl abgeben - bei so viel Gas beschleunigt man aber stark.
@Leon_Zippel Die Auswirkungen sieht man hier.
77,5g Benzin haben einen Brennwert von 1 kWh (≙12,9kWh/kg). Fährt man effizient, braucht der Mazda 230g. Das sind dann 33,7% Wirkungsgrad. Rufen wir innerorts nur 10kW Leistung bei 2000RPM ab, brauchen wir ~500g, also nur noch 16% Wirkungsgr.
@Leon_Zippel Wer mit dem E-Auto fährt weiß wie viel Strom man bei verschiedenen Geschwindigkeiten so braucht. 70kW Momentanverbrauch werden die wenigsten länger als ein paar Sekunden haben.
Ein 5kW-Generator hat seinen effizientesten Punkt um um 4kW. Zwar ist die Effizienz prinzipiell >
Read 5 tweets
Jul 7, 2022
Schaut man aktuell in Europa auf die Future-Märkte für #Strom, wird einem schlecht. Das hier sind Börsenpreise von 33ct/kWh, normal wären 4-8ct/kWh!
Hier braut sich eine #Strompreis-Katastrophe zusammen.
Ich versuche hier mal die Situation zu erklären 🧵
#Preisdeckel #Gaspreise Balkendiagramm: In ganz Eur...
Über diesen Future kann man jetzt Strom kaufen, der aber erst 2023 geliefert wird. Das ist natürlich nur ein kleiner Teil des Strommarktes - ein Stromanbieter kann seinen Strom auch erst am Tag zuvor kaufen. Was billiger ist, ist natürlich immer Spekulation.
Und anscheinend haben Händler gerade Angst vor sehr hohen Preisen, und sichern sich ab. Allerdings liegt genau in diesem so genannten Day-Ahead Markt das Problem. Der Preis ist für jede Stunde anders, je nach Angebot und Nachfrage.
So funktioniert die Preisbildung:
Read 10 tweets
Jun 26, 2022
I did some more calculations regarding #power supply in #France. Unfortually, my initial estimation turned out too optimistic. If #EDF does not get at least 15GW of #nuclear back to the grid, we are very likely to see forceful disconnections or rolling #blackout|s this winter
🧵
As usual, during Winter the situation in France is always narrow. On the 6th of January at 8am, even 9.2GW of #gas was insufficient, requiring 9,4GW of imports to manage 84.4GW of load. This was when France had about 51GW of nuclear available.
CW 2/2022 was similar
Right now we are sitting on just ~28GW. That's 23GW missing!

The highest import I found was 13,5GW (highest export: 17,7GW).

Given that the avg. import on these days was ~5GW, less than 39GW avail. nuclear capacity would very likely make a 84GW scenario impossible to handle!
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Apr 3, 2022
Rekord-#Strompreise in #Frankreich. Fast 3€/kWh (!) an der #Strombörse morgen um 8 Uhr in der morgendlichen Lastspitze. Solche Preise beunruhigen mich sehr. Denn es sagt viel über die Marktsituation aus.
(Danke an @herbertsaurugg der mich darauf aufmerksam gemacht hat)
🧵
Zunächst einmal stellt sich die Frage nach dem Warum. Heute Nacht wird es in Frankreich relativ kalt, mit Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt im ganzen Land, außer direkt an der Küste. Warum ist das so relevant? Frankreich heizt viel mit Strom
Oft sich es nicht einmal Wärmepumpen sondern ineffiziente Heizstäbe. Dadurch ist der #Stromverbrauch heute Nacht sehr hoch. Dazu kommt das in Frankreich gerade sehr viele #Atomkraftwerke ausfallen. Nur noch 31GW sind aktuell am Netz, 20GW weniger als 2021.
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