Heute beraten Kanzlerin und Ministerpräsidenten, wie es mit dem Lockdown weitergeht. Wo stehen wir gerade? Ein Überblick im neuen Thread zur Lage der Infektion.
Die Neuinfektionen sind auf einem Plateau. Ungefähr seit der zweiten Novemberwoche. Das ist gut, weil: Sie steigen nicht weiter. Das ist aber auch schlecht, weil: Sie sinken kaum. 
Dabei ist eigentlich das erklärte Ziel des November-Lockdowns: Die Zahlen *deutlich* nach unten zu bringen. Denn derzeit sind die Gesundheitsämter heillos überfodert.
Tag für Tag kommen mehr Fälle rein, als die Leute in den Ämtern verarbeiten können. Verarbeiten heißt: Kontakte von Infizierten aufspüren und in Quarantäne schicken. Funktionierende Gesundheitsämter können eine Menge Ansteckungen verhindern.
Das ist eine richtig beschissene Rückkopplung: Steigende Zahlen --> Gesundheitsämter schaffen's nicht mehr --> Zahlen steigen deshalb noch schneller.
Das Plateau ist also nice – der Lockdown hat schon jetzt ne Menge Leben gerettet. Aber dem eigentlichen Ziel kommen wir gerade kaum näher (wer mit der Lupe hinschaut, kann einen ganz l e i c h t e n Abfall der Kurve erahnen)
Das zeigt auch ein Blick auf die Reproduktionszahl: Die mäandert fröhlich um die Marke von 1. Bei einem funktionierenden Lockdown müsste sie deutlich drunter liegen, etwa bei 0,7.
Und *warum* wirkt der Lockdown nicht wie erhofft? Eine Rolle dürfte spielen, dass wir gerade nicht wie im April aus dem Winter rauskommen, sondern hineingehen, berichtet @ChristinaBerndt sueddeutsche.de/politik/corona… Aber das ist nur ein Grund.
Vermutlich ist der "Lockdown light" einfach zu lasch. Im Gegensatz zum Frühjahr bleiben Einzelhandel und Schulen unter Auflagen geöffnet, Treffen mit Personen aus einem fremden Haushalt sind erlaubt.
Sidenote: Es gibt politisch gute Gründe dafür, die Schulen offen zu halten, und viele Daten deuten auch darauf hin, dass das okay ist (sz.de/1.5123603). Aber dann muss man eben anderswo strenger sein. Oder es reicht halt nicht.
Gerne würde man jetzt gezielt dort nachsteuern, wo weiterhin viele Ansteckungen passieren. Der Shit ist nur: Da die Gesundheitsämter ihre Detektivarbeit nicht mehr schaffen, haben wir gerade absolut keinen Peil. Deswegen hilft nur: Kontakte weiter runter, überall wo es geht.
Das empfiehlt auch die Arbeitsgruppe von @ViolaPriesemann in einem neuen Paper: "Wenn ein Lockdown nicht nach zwei bis drei Wochen deutliche Wirkung zeigt, sollte die Strategie geändert werden". Die Kontakte müssten um weitere 30% reduziert werden. arxiv.org/abs/2011.11413
Jetzt kommt ein very scary Chart. Der zeigt, dass bei jungen und mittelalten Leuten die Ansteckungen sinken oder stagnieren. Aber bei den Leuten ab 80 steigen sie weiter. Remember: In diesem Alter stirbt jeder zehnte Infizierte an Covid-19. datawrapper.de/_/eFebR/
Darum macht es mich wirklich wütend, wenn Leute immer noch davon faseln, man müsse nur die Risikopatienten schützen. ES FUNKTIONIERT EINFACH NICHT. Zumindest nicht, wenn die Infektionen dermaßen außer Kontrolle sind. Die Kurve muss runter, stupid.
In dem Zusammenhang macht mich diese Grafik auch nur ein kleines bisserl optimistisch: Die Zunahme der Intensivpatienten hat sich zuletzt verlangsamt (Kurve neigt sich nach rechts). Aber wenn das Virus weiter so krass bei den Alten rumgeht, wird das kaum so bleiben.
Die Zahl der täglichen Todesfälle hat übrigens dieser Tage in etwa den Peak vom Frühjahr eingeholt. Hoffen wir, dass sie nicht weiter steigt.
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