Corona-Update 18.12.2020: Alle Zahlen in Deutschland steigen weiter, nunmehr seit 2 Wochen. 7-Tage-Schnitt bei Toten (blaue Treppe, 566/Tag) jetzt über doppelt so hoch wie auf Höhepunkt der 1. Welle, bei Neuinfektionen (~24.000, schwarze Tr.) über 4 x so hoch. 7-Tage-R bei 1,12.
Das bedeutet, dass wir demnächst mehr als 1000 Tote pro Tag beklagen werden. Bemerkenswert ist, dass sich das Plateau bei den Neuinfektionen (Mitte Nov.-Anf.Dez.) nicht in der Zahl der Toten bemerkbar macht. Liegt vermutlich an Demografie und Testregime.
Alle Bundesländer mit steigenden Zahlen und hohen Inzidenzen. Sachsen, Thüringen, Baden-Württemberg, Saarland und Brandenburg schlimmer betroffen als der Bundesdurchschnitt.
In den Top-30 auf pavelmayer.de/covid/risks 19 ostdeutsche Landkreise, darunter die Top-5, und alle Hotspots liegen auf dem Land oder in der Provinz. Keine Großstädte unter den Top30.
Testzahlen steigen wieder, 10,7% mehr Tests, 20,7% mehr positive Tests. Mit 11,49% neuer Höchstwert bei der Positivenrate, gestiegen um 11,1%. Der Anstieg der Zahlen ist also real und kein Artefakt des Testens.
In Berlin sieht es anders aus als im Bund. Zahl der Neuinfektionen eher gleichbleibend, 7-Tage-R bei 1,01, aber die Zahl der neuen Todesfälle ist weiter gestiegen.
Die Zahl der Toten korrespondiert im wesentlichen mit der Inzidenzentwicklung bei der Altersgruppe 80+; daher macht sich das Plateau bei der Gesamtinzidenz bisher nicht als Plateau bei den Sterbezahlen bemerkbar.
Auch die Testzahlen und die Inzidenz steigen in Berlin, und die Berliner Labore sind wieder überlastet.
In der Hälfte der Berliner Bezirke steigen die Zahlen, in der anderen Hälfte fallen sie. Die Rangfolge der Bezirke schwankt stark, was vor allem auf Ausbrüche in Heimen zurückzuführen ist, die einzelne Bezirke immer wieder nach oben katapultieren.
In Holland, Tschechien und der Schweiz ziehen die Fallzahlen an, nachdem sie durch harte Lockdowns zunächst stark gesenkt wurden. In Dänemark extremster Anstieg, nachdem die Zahlen dort wie bei uns ein Plateau erreicht hatten. ourworldindata.org/coronavirus-da…
Österreich, Italien und Polen konnten Inzidenzen deutlich senken, aber auch dort gehen die Zahlen nicht mehr zurück. Deutschland mit geringerer Dynamik als diese Länder, aber "robust" steigenden Zahlen.
Gute Bekämpfungserfolge in Frankreich und Belgien, aber auch dort sinken die Fallzahlen nicht weiter und sind noch zu hoch.
Ein ganz anderes Bild ergibt sich bei der Zahl der neuen Todesfälle. Hier haben es Holland und Dänemark geschafft, ihre Alten in der 2. Welle viel besser zu schützen. Österreich und die Schweiz dagegen entwickeln sich gerade zu Todeshotspots.
Zusammengefasst kann man sagen, dass "Strategien" zur Bekämpfung von Corona nicht nur Deutschland schlecht funktionieren, sondern in den meisten Nachbarländern noch schlimmer sind. Es gibt dabei aber eine Menge Unterschiede.
So haben einige Länder ihre Alten viel besser geschützt als Deutschland, wo man das Gefühl hat, dass viele Heime schlicht unterausgestattet und schlecht geführt sind und von der Politik im Scheitern im Stich gelassen wurden.
Niemand kann derzeit sagen, wie sich die Zahlen über Weihnachten und in den Januar hinein entwickeln werden, aber ein rasches Sinken der Fallzahlen ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass wir ein neues, höheres Plateau erreichen oder die Zahlen weiter steigen.
So sieht die Inzidenzentwicklung bei verschieden R-Werten aus. Wir sind gerade auf der 1,1-Trajektorie und müssten ab morgen auf 0,8 kommen, um bis Mitte Januar unter 50 Neuinfektionen zu kommen, was ich derzeit für ausgeschlossen halte.
Bestenfalls könnten das ein oder zwei Bundesländer schaffen, unter 50/100.000 Neufälle pro Woche kommen, am ehesten noch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern oder Bremen, aber bei den ersten beiden steigen die Zahlen gerade sehr stark an.
Derzeit Lockerungen im Januar überhaupt in den Mund zu halte ich für unseriös und unverantwortlich. Es gibt bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlen sinken werden. Geschlossene Schulen etc werden R bestenfalls um 0,2 senken, aber dagegen stehen Weihnachten und Silvester.
Alles eher deprimierend. Die Politik hofft und setzt wieder auf ein Wunder, das zwar nicht ausgeschlossen, aber äußerst unwahrscheinlich ist. Unabhängig davon wir werden sehr sicher bald über 1000 Tote am Tag sehen, alles Leute, die schon infiziert sind.
Ach ja, und wir werden über Weihnachten auch ein Zahlenchaos ohnegleichen erleben, weil Ämter und Labore und Ärzte nicht arbeiten werden und wir so auch noch halb blind werden für die Infektionsentwicklung.
Die Zahlen hier sind auch die Grundlage für den @me_ukw podcast, den ich heute Nachmittag mit @timpritlove aufnehmen werde.
Passt auf euch auf, bleibt gesund und lasst euch nicht unterkriegen!
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Wird sich wohl etwas hinziehen mit den Impfungen in Berlin. Es war mal die Rede von 20.000 Impfungen pro Tag, aber das ist wohl die Kapazität der Impfzentren. Impfstoff wird im 1. Quartal 2021 eher für 8.000 Dosen pro Tag reichen, also 4.000 Personen. bz-berlin.de/berlin/berlin-…
Es gibt in Berlin rund 170.000 Personen im Alter 80 und darüber, die zu impfen 42 Tage dauern würde, wenn am Anfang bereits die Durchschnittsmenge da wäre, aber die "voraussichtliche" 18.000-Dosen-Lieferung reicht für einen(!) Tag, wenn alle Impfzentren voll loslegen würden.
Unklar ist auch, was "zunächst" bedeutet und wann die nächste Lieferung kommt. "Zunächst" klingt nicht so, als wäre das der Start einer regelmäßigen täglichen oder wöchentlichen Lieferung, sondern "unser" Anteil an den Dosen, die in den letzten Monaten vorproduziert wurden.
Interessanter Ansatz, mit Hilfe von Drifterkennung die Auswirkungen von NPIs auf die Ausbreitung von Covid zu quantifzieren: Ergebnis: 1 Tag spätere Schulschliessungen hätten in der 1. Welle bei uns die Gesamtzahl der Corona-Fälle mehr als verdoppelt. publikationen.bibliothek.kit.edu/1000126905
Schulschliessungen eine Woche später hätten die Gesamtzahl der Infektionen vervierfacht. Unklar, wie sich das Aufhalten der Schulen über Wochen im Oktober, November und Dezember genau ausgewirkt hat, aber vermutlich hätten wir über 90% der Toten und Infizierten vermieden.
Der Zusammenhang ist einfach zu verstehen: Lässt man die täglichen Fälle sich in zwei Wochen verdoppeln, sind es nicht nur die zusätzlichen Fälle in diesen zwei Wochen, sondern alle Fälle in der Zeit, bis man auf den Wert runter ist, wo man war, und das kann viel länger dauern.
Weiss jemand näheres, warum die RKI-NPGEO-API kaputt ist? Und was das Problem ist? Der Downloadlink ist ja ganz nett, aber da kommen die Daten u.a. mit anderen Datumsformaten, und ich habe die API genommen, weil der .csv Download im April kaputt war.
Die Symptome sind wie folgt: Mit der API holt man sich jeweils bis zu 5.000 Datensätze pro Anfrage, bis die knapp 700.000 Datensätze für den aktuellen Tag da sind. Derzeit bricht die API nach 35.000 Datensätzen ab, aber je öfter man es versucht, umso weiter kommt man.
Irgendwann am Nachmittag oder Abend kommt man dann durch. Es sieht so aus, als wenn der Server einen Cache anlegt, aber dafür zu lange braucht, so dass es einen API-Timeout gibt, wenn es einen Cache-miss gibt. Aber wie kann es einen halben Tag dauern, bis der Cache da ist?
In den Hollywood-Versionen von Pandemien gibt es in der Regel keine Lockdowns, alle Länder werden von der Seuche überrannt, die Ordnung bricht zusammen und die Helden suchen nach dem Urstamm des Krankheitserregers, um einen Impfstoff zu entwickeln.
Darüberhinaus sterben die Leute auf furchtbar dramatische Art in aller Öffentlichkeit wie die Fliegen, aber kaum jemand schützt sich effektiv.
Wäre Covid-19 so tödlich wie diese Hollywoodseuchen, die meist Ebola als Vorbild haben und 90-100% der Infizierten sterben, hätten wie keine Diskussion über Bekämpfung light. Wir hätten es erst nie so weit kommen lassen.
Corona-Update 11.12.2020: "Alles steigt"
- Höchstwerte bei Neuinfektionen (29.875), blaue Treppe
- Höchstwerte bei Toten (598), schwarze Treppe
- 7-Tage Schnitt ~20.000 Neuinfektionen/Tag
- 7-Tage Schnitt ~400 Tote/Tag.
- 7-Tage-R seit 1 Woche > 1 und steigend, aktuell 1,05-1,1
- Alle Bundesländer wieder über 50 Neuinfektionen/100k
- Sachsen, Thüringen, Bayern, Berlin, Saarland und Baden-Württemberg schlimmer als der Bundesschnitt
- Fast überall steigen die Zahlen, Saarland und Thüringen mit ~40% Zuwachs in den letzten 7 Tagen
(pavelmayer.de/covid/risks:)
- Top 30 mit 9 x Sachsen, 7 x Thüringen, 4 x Bayern, 3 x Brandenburg, 3 x BaWü, 2 x RLP, 1 x Berlin
- 7-Tage-Inzidenzen überwiegen zwischen 300 und 600/100.000 Einwohner
- Spitzenreiter das Bayrische Regen mit 624/100.000
Die neuen Testzahlen verheißen auch nichts Gutes. 3,3% weniger Tests, 6,4% mehr positive Ergebnisse, und 9,4% höhere Positivenquote, gestiegen von 9,29% auf 10,25%. Wieso testen wir eigentlich weniger, wenn die Infektionen steigen?
Wurde nicht immer betont, wie wichtig Testen zur Corona-Bekämpfung ist? Oder zumindest als Grundlage für Entscheidungen? Und hieß es nicht immer, wir würden so viel Testen in Deutschland? Nun, die meisten Länder testen mehr, Dänemark sogar rund 6 mal so viel pro Einwohner.
Haben wir denn wenigstens vorher mehr getestet als die meisten anderen vergleichbaren Länder? Nope. Wir lagen immer im Mittelfeld. ourworldindata.org/coronavirus-da…