Das nächste Corona-Weekly auf ukw.fm wird als einen Schwerpunkt die neue Virusmutation aus England haben, und @timpritlove und ich versuchen uns gerade, ein Bild zu machen. Ich glaube, was @c_drosten und andere in hier darüber sagen: bz-berlin.de/deutschland/pr…
Im Artikel steht, dass so lange wir Kontakte mimimal halten und die Zahlen sinken, keine unmittelbare Gefahr besteht. Was aber bedeutet das für zukünftige Lockerungen? Wir wissen, dass es nach Lockerungen Rebound-Effekte gibt und die Kontakte oft weit über das Normal steigen.
Das bedeutet aus meiner Sicht, dass diese ansteckendere Variante ein deutliches Hindernis für Lockerungen darstellen könnte, weil die Zahlen dann noch viel schneller wieder ansteigen würden als in der Vergangenheit, wenn gelockert wird und sich diese Variante ausbreitet.
Ob und wie groß diese Gefahr ist, hängt davon ab, wie schnell wir die Zahlen zurückdrängen können, aber derzeit gelingt uns das nicht, was bedeutet, dass sich auch die neue Variante ausbreitet, und zwar stärker, als es die normale Variante tut.
Das bedeutet wiederum, dass zum Lockerungszeitpunkt umso mehr vom neuen Virus quasi in den Startlöchern steht, um sich auszubreiten. Andererseits ist unser Land groß, und wenn die Zahlen klein sind, braucht es eine Weile, bis sich ein Virus landesweit verbreitet.
In London hat es ca. 3 Monate gedauert, bis die Variante dominierte, und landesweit ist das wohl noch immer nicht der Fall, wenn ich richtig informiert bin. In England wird wohl jetzt auf die Londoner gezeigt, die über Weihnachten die neue Variante in die Provinz tragen.
Ich würde das gerne mit mehr Zahlen hinterlagen und grob zu modellieren versuchen, aber ich bin unsicher, wie ich das angehen soll, denn das Szenario ist kaum überschaubar. Das beginnt damit, dass der Verbreitungsgrad in Deutschland unbekannt ist.
Ich könnte zumindest eine Obergrenze bestimmen, wenn ich wüsste, wie viele Proben eigentlich in Deutschland wöchentlich auf das neue Virus untersucht werden und wie die sich rekrutieren. Weiß jemand nähers?
Mein Wissenstand ist von covidcg.org/?tab=global_se…, und der besagt, dass in Deutschland extrem wenig Proben auf ihr Genom untersucht werden, so daß es kein Wunder ist, dass die UK-Variante B.1.1.7 in Deutschland nicht nachgewiesen wurde.
Wenn in Deutschland 0,8 von 1000 Proben sequenziert werden, sind das z.Z. ~20 pro Tag, und wir brauchen 2 Monate, um die Ergebnisse international zu melden. Oh, und wenn Zahlen 2 Monate alt sind, wären es 5 Sequenzierungen pro Tag.
Hat jemand Lust zu rechnen, wie viel Fälle einer Variante nötig sind, bevor wir die Variante mit 1%,10%, 90% und 99% Wahrscheinlichkeit in einem Monat finden, wenn wir 5 oder 20 Proben pro Tag sequenzieren? Bitte lasst mich das nicht auch noch machen müssen.
Des weiteren bin ich mir nicht sicher, inwieweit die Verbreitung von Corona Classic die Verbreitung von Corona UK beeinflusst. Ist man gegen Corona UK immun, wenn man Corona Classic hatte? Vermutlich überwiegend ja, aber vielleicht nicht jeder.
Da die Impfstoffe auch gegen Corona UK helfen, besteht wohl Kreuzimmunität, aber an welchen Virusproteinen sich die Immunantwort bei Erkrankung orientiert, kann individuell verschieden sein und sich von der Immunantwort auf Impfstoffe unterscheiden, wenn ich das richtig verstehe.
Wahrscheinlich wäre den Engländern aber aufgefallen, wenn das ein signifikantes Problem wäre, so dass ich davon ausgehe, dass wenn man CovId Classic hatte, man auch sehr wahrscheinlich gegen Covid UK immun ist, aber das ist Spekulation. Weiß jemand genaueres?
In der breiten Bevölkerung dürfte es für die Ausbreitung aber keinen Unterschied machen, weil wir von Herdenimmunität viel zu weit entfernt sind. In Heimen, wo zum Teil 90% der Bewohner angesteckt haben, mag das eine Rolle spielen, aber die sind eine kleine Minderheit.
Es mag auch Gegenden geben, wo es extrem viele Fälle gab, aber selbst da reicht der Anteil Immuner bestenfalls für einen geringen Einfluß auf die Ausbreitung, und die Zahl dieser Gegenden ist im Vergleich zum ganzen Land noch gering.
Im Moment, mit all dem spärlichen Wissen über Corona UK, kann man wohl dennoch sagen, dass es für die nächsten Wochen keinen Unterschied machen wird. Der Einfluss dürfte weit geringer sein ist als unsere Messfehler.
Wer Information oder Papers oder Äußerungen qualifizierter Experten zum Thema neuekennt: Ich bin dankbar für Hinweise und werde mich mit @timpritlove bemühen, alles zusammenzutragen und so gut es geht zu bewerten.
sollte heissen: zum Thema neue *Coronavirus-Variante B.1.1.7 aus England* kennt
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Corona-Update 25.12.2020: Zahlen steigen gerade langsamer, 7-Tage-R ~1,02, ~25.000 Neuerkrankungen pro Tag im Wochenschnitt, Inzidenz 211/100.000. 4.244 Todesfälle in den letzten 7 Tagen. Die Zahlen unterschätzen aber das Geschehen derzeit zusätzlich wegen der Feiertage.
~130 Landkreise haben an Heiligabend keine neuen Fälle verarbeitet, ~50 Landkreise gar nicht gemeldet, und jetzt ist Wochenende. Es baut sich also gerade ein Überhang auf, der sich demnächst in höheren Zahlen niederschlagen wird.
Bei den Bundeslädern weiter Sachsen mit höhster Inzidenz (524/100.000), Sachsen-Anhalt mit höchstem Wachstum (+35%), 8 Länder mit Inzidenz über 200, 8 Länder darunter.
Ich ergötze mich nicht wirklich daran, wenn Befürchtungen, die ich so nebenbei auf Twitter äußere, später von Experten bestätigt und den Mainstream-Medien aufgegriffen werden. spiegel.de/wissenschaft/m…
Lieber wäre mir, wenn Experten und aktive Politiker, die mir gegenüber eigentlich einen Wissens- und Informationsvorsprung haben, Dinge vor mir rechtzeitig erkennen und verhindern würden.
Wir haben die Zahlenschwankungen an Ostern erlebt, die Einschätzungen der Wirkung von Maßnahmen erschwert haben, und jetzt wiederholt es sich, zu einem noch ungüstigeren Zeitpunkt. Was man dagegen tun könnte?
Interessant, sich die Nachrichtenlage zu dem Zeitpunkt anzusehen, als der Corona R-Wert messbar zu sinken begann. Kann Zufall sein, aber wenn nicht, wäre "Nachrichtenlage" ein vielleicht entscheidener Einflußfaktor auf den die Ausbreitung des Virus.
Frage mich, ob "Propaganda", oder nennen wir es "zweckgerichtete Kommunikation", tatsächlich eine probate, nicht-medizinische Intervention ist. Auf jeden Fall gibt es Propagande, die die Ausbreitung fördert.
Ich finde sachliche und ehrliche Kommunikation am wünschenwertesten, aber ist gibt ja genug Leute, die man damit nicht erreicht. Wäre es ethisch, z.B. mit mehr Gruselbildern aus Krankenhäusern und Promi-Corona-Schicksalen mehr Leute zu erreichen?
Vergangene Woche habe ich diesen Preprint aus Karlsruhe kommentiert, und es hat mir keine Ruhe gelassen, ob die Ergebnisse über stimmen *können*. Ergebnis: Ich halte Effekte in dieser Größenordnung wie Paper angenommen für ausgeschlossen.
Dennoch deutet vieles darauf hin, dass ein nur gering späterer Lockdown zu viel höheren Zahlen geführt hätte, als vielen klar sein dürfte. So hätte ein Verzögerung der Reaktion auf die 1. Welle um nur 3-4 Tage die Gesamtzahl der Infizierten nach 80 Tagen verdoppelt.
Die folgende Simulation ist eine starke Vereinfachung, aber halte sie zur Plausibilitätsprüfung geeignet. Gespeist wird sie durch einen Anfangswerte für Inzidenz und R, dem Beginn der Intervention, der Dauer, wann sie ihre volle Wirkung erreicht und auf was der R-Wert sinkt.
Also diese Nachricht klingt so, als würden Infizierte munter durch die Welt fliegen, aber niemanden hat es bisher interessiert, und niemand hat getestet, bis „plötzlich“ die neue Variante da war. Oder wie habe ich das zu verstehen?
Wenn diese neue Variante in UK die Dominierende ist und seit Wochen damit Infizierte hier einreisen, hat sie auch längst bei uns Fuß gefasst. Dass die englische Muatation erst jetzt bekannt wurde, stimmt mich auch nicht zuversichtlich, dass das Virus gut beobachtet wird.
Offenbar ist das Monitoring so weitmaschig, dass neue, gefährlichere Varianten erst erkannt werden, wenn man praktisch nicht mehr machen kann, und das Einschleppen einer neuen Variante bleibt über Wochen unbemerkt. Kann man da wirklich nichts besser machen?
Wird sich wohl etwas hinziehen mit den Impfungen in Berlin. Es war mal die Rede von 20.000 Impfungen pro Tag, aber das ist wohl die Kapazität der Impfzentren. Impfstoff wird im 1. Quartal 2021 eher für 8.000 Dosen pro Tag reichen, also 4.000 Personen. bz-berlin.de/berlin/berlin-…
Es gibt in Berlin rund 170.000 Personen im Alter 80 und darüber, die zu impfen 42 Tage dauern würde, wenn am Anfang bereits die Durchschnittsmenge da wäre, aber die "voraussichtliche" 18.000-Dosen-Lieferung reicht für einen(!) Tag, wenn alle Impfzentren voll loslegen würden.
Unklar ist auch, was "zunächst" bedeutet und wann die nächste Lieferung kommt. "Zunächst" klingt nicht so, als wäre das der Start einer regelmäßigen täglichen oder wöchentlichen Lieferung, sondern "unser" Anteil an den Dosen, die in den letzten Monaten vorproduziert wurden.