Auf youtube gibt es gerade ein Video, das ein altes Thema aufgreift: Wie interpretieren wir die Inzidenz, in Abhängigkeit der Testhäufigkeit.
Das Video hört sich logisch an, macht aber eine falsche Annahme. Und also ist die Schlussfolgerung falsch 👇🏼
In dem Video wird angenommen, das Tests ZUFÄLLIG gemacht werden.
(Siehe Folie "Das mathematische Problem".)
Das ist nicht der Fall. Menschen werden nicht zufällig getestet, sondern meistens weil es einen Verdachtsmoment gibt (Symptome, Kontakt, positiver Schnelltest, etc.).
Was nimmt man als Kausalität an?
(A) Wird mehr gefunden, weil mehr getestet wird?
(B) Wird mehr getestet, weil es mehr Verdachtsfälle gibt?

Am Ende spielen beide Beiträge eine Rolle. Aber im Video wird angenommen, dass wirklich alleine und nur (A) zutrifft.
Alle weiteren Rechnungen nach dieser Folie bauen auf dieser falschen Annahme auf.
Und also sind die Folgeergebnisse nicht zutreffend.
(Die Normierung danach kann jemand anders sezieren.)
Nach der Rechnung in dem Video könnte man die Inzidenzen im Landkreis ganz einfach drücken:
Man mache für jeden Test auf Verdacht einen Test bei Personen, die sehr wahrscheinlich negativ sind (oder einen Zufallstest).
--> Schon ist die Inzidenz (fast) halbiert.
Lassen Sie mich das andere Extrem darstellen:
Im Winter hatten wir Positivraten bei den PCR Tests von über 10 %. Über Wochen.
Wenn den Winter über alle Tests rein zufällig gewesen wären, dann wären wir jetzt bei einer Gruppenimmunität. Das ist nicht der Fall.
In anderen Ländern waren die Positivraten über Wochen bei über 50 %, in anderen durchgängig unter 5 %.
ourworldindata.org/coronavirus-da…
Ja, die Positivrate spielt eine gewisse Rolle, aber nicht in dem alleinigen und linearen Maße, das hier angenommen wird.
Und der Effekt ist genau anders herum: Je höher die Positivrate, desto eher hat man infizierte Personen nicht entdeckt.
Warum kommt es zu der Zufallsannahme?
Es beruht auf dem Gerücht: Jeder, der in Kontakt mit Corona- oder SARS-CoV-2 Viren war, könne danach immer positiv getestet werden.
Das ist nicht der Fall. Ansonsten würden die Zufallstests in England ja immer höhere Positivraten finden...
Das Video greift aber ein wichtiges Thema auf:
Vermehrtes Testen wird kurzfristig "bestraft", denn man entdeckt mehr der Infektionsketten. Langfristig lohnt es sich aber, denn es stoppt die Ketten.
Lösung:
Am besten wäre es, wenn wir, genauso wie UK, ein Screening hätten, also rund 100.000 Zufallstests, die jede Woche ein objektives Bild des Ausbruchsgeschehen liefern. -
Dann müssten wir hier nicht diskutieren.

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13 Mar
Da der Artikel hinter einer Paywall ist, hier die wichtisten Punkte.
faz.net/aktuell/wissen…
👉🏿Ja, wir werden in den kommenden Monaten lockern können.
(Es sei denn, neue Varianten von SARS-CoV-2 machen uns einen starken Strich durch die Rechnung.)
👉🏿Wie stark wir lockern können, hängt vorrangig davon ab, wie schnell geimpft wird.
Read 10 tweets
6 Mar
Ich habe eine Einschätzung der Zahlen und Entwicklung formuliert. Und am Ende versucht, einen optimistischen Ausblick zu formulieren -- mit vielen Wenns.
sueddeutsche.de/meinung/corona…
Ein zentraler Punkt:
Wir werden in den kommenden Monaten sicherlich schrittweise lockern können (wenn keine starke Escape-Variante kommt).
Die Schrittgröße der Öffnungen hängt vor allem vom Impffortschritt ab.
Wir entscheiden also jetzt, ob wir im Prinzip die selben(!) Öffnungsschritte
-- bei niedriger oder hoher Inzidenz machen werden,
-- bei "leeren" oder vollen Intensivstationen
-- bei wenigen oder vielen Todesfällen und
-- ohne oder mit erneutem Lockdown.
Read 5 tweets
4 Mar
(1) Engmaschiges Testen am Arbeitsplatz, denn
- diese Personen haben Kontakte
- das Testen kann dort systematisch organisiert werden
- so kann Testen schnell zum Alltag werden
- es ist im Sinne des Betriebs, Ausbrüche zu vermeiden
- der Weg ist kurz
- ...
(2) Keine größeren Treffen & Veranstaltungen ohne Tests, denn
- Superspreading Events lassen sich schwer einfangen
- im Falle eines Falles ist die Nachverfolgung aufwendig und langsam
- selbst mit Test gibt es falsch-negative oder andere Lücken im Sicherheitskonzept
(3) Tests und ggf. Quarantäne bei Einreise, damit
- neue Varianten sich nicht so schnell ausbreiten
- neue Varianten schnell erkannt werden
- die Impfungen nicht durch Escape-Varianten ausgehebelt werden
- eine erfolgreiche regionale Eindämmung nicht gefährdet wird
Read 4 tweets
8 Feb
Wenn die Variante B.1.1.7 in BaWü derzeit ein R=1.3 hat, wie hier vermutet, dann verdoppeln sich die Fallzahlen etwa alle 1-2 Wochen.
Allerdings sind es noch recht wenig Datenpunkte, insofern muss man die genauen Zahlen mit Vorsicht betrachten.
Grobe Abschätzung: Bei derzeit rund 200 von 1000 Fällen durch die neuen Variante, hieße R=1.3 folgendes:
400 in +11 Tagen
800 in +22 Tagen
1600 in +33 Tagen
Allein die neue Variante verursacht dann in gut einem Monat rund 1600 Fälle, also deutlich mehr als die ca. 1.000 derzeit.
Das R=1.3 ist recht plausibel.
Das Wachstum ginge von da an mit der 11-Tages-Verdopplungszeit weiter, bis man aktiv gegensteuert, und/oder bis die saisonalen Effekte das Wachstum abbremsen. Ob die saisonalen Effekte aber reichen, den Trend umzukehren, ist unklar.
Read 4 tweets
7 Feb
COVID-19 betrifft die älteren mehr als die jüngeren. Inzwischen ist die altersabhängige "Infektionssterberate" recht gut bekannt, also die Wahrscheinlichkeit zu versterben, falls man sich angesteckt hat:
link.springer.com/article/10.100… oder
nature.com/articles/s4158…
Grob gilt für die Infektionssterberate (IFR) von COVID-19:
Mit 80 Jahren rund 5 %
Mit 60 Jahren rund 0.5 %
Mit 40 Jahren rund 0.05 %

Mit die Altersstruktur von Deutschland erwartet man eine IFR von rund 1 %:
Mit der IFR von rund 1 % erwartet man für Deutschland:
Wenn jede Person infiziert würde, würden rund 840.000 Menschen an COVID versterben.
Mit der entsprechenden Altersverteilung.

(Das ist reine Theorie unter der Annahme, dass überhaupt genug KH Kapazität zur Verfügung stünde).
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25 Jan
Kinderbetreuung im Lockdown kann sehr anstrengend sein. Hier eine kleine Idee:
Mit einer festen Partnerfamilie die Kinderbetreuung teilen.
👇🏼
Zwei Familien tun sich zusammen und teilen 6 Betreuungstage (z.B. Mo-Sa) auf:
Jedes der etwa vier Elternteile hat dann 1-2 feste Betreuungstage (oder 3 halbe Tage) - und noch immer 4-5 Arbeitstage.
Die festen Betreuungstage geben der Woche Struktur und helfen beim Planen:
Die Eltern wissen, an welchen Tagen sie in Ruhe arbeiten können, Termine machen - und an welchen Sie die Kinder betreuen.
Die Kinder haben Kontakte.
Und von der Krankheitsausbreitung her trägt man ein geringes Risiko, wenn beide Haushalte sonst nach außen wenig Kontakte haben.
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