#Servicetweet#PIMS#LongCovid#MIS-C
Mediales Thema ist seit kurzem eine mögliche Erkrankung von coronainfizierten Kindern an dem Kawasaki-Syndrom (PIMS/MIS-C).
Mehrere Medien u. Lauterbach berichteten, alarmierend im Grundton.
Der Spiegel bezieht sich auf diese Studie aus den USA (April 2021). Sie enthält eine Analyse sämtlicher MIS-C-Fälle bei Kindern, die coronapositiv getestet wurden oder nicht negativ getestet wurden.
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Die Studie fragt nach den klinischen Charakteristika sowie zeitlicher und geografischer Verteilung von MIS-C Fällen bei Kindern (Personen unter 18 Jahren). 1.733 Fälle wurden registriert, von März 2020 bis Januar 2021, insbesondere nach dynamischen Infektionsgeschehnissen.
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Die betroffenen Kinder litten an schweren Symptomen, die eine Hospitalisierung erforderten. Die allermeisten Kinder haben keine Langzeitschäden (90 Prozent). Bei 9 Prozent gibt es diese (unklar welches Ausmaß) und ein Prozent (s. US-Studie) verstirbt.
/4 mdr.de/wissen/kinder-…
Zur Einschätzung des Risikos ist notwendig, den Anteil von MIS-C-Fällen an allen Infizierten zu ermitteln. Laut Studie stellen Kinder ca. 10 Prozent der gesamten Fälle in den USA. Das entspricht etwa 2,4 Millionen (Jan 2021). Setzt man nun den obigen Wert ins Verhältnis,
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also 1.733/2.400.000, dann stellt man fest, dass bei maximal ca. 0,07 Prozent aller infizierten Kinder ein MIS-C festgestellt wurde oder, anders, maximal 7 von 10.000 Kindern hatten dieses Syndrom. Unklar ist jedoch, ob alle diese Prozentzahl stimmt, da
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nur ca. 60 Prozent C19-Symptome und/oder positiven PCR-Test hatten.
Warum maximal?
Aufgrund der gewählten Methodik ist möglich, dass die verbliebenen 40 Prozent asymptomatisch positiv waren oder eben gar nicht infiziert, aber ohne negativen Test. MaW: der Prozentsatz liegt
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irgendwo zwischen 0,042 und 0,07 Prozent.
Ist diese Angabe korrekt?
Wahrscheinlich nicht, denn es muss mit einer Dunkelziffer gerechnet werden: Eine Studie vom Sept 2020 rechnet für die USA, dass die Dunkelziffer das Drei- bis Zwanzigfache beträgt.
/8 nature.com/articles/s4146…
Bei konservativer Einschätzung wäre demnach mit ca. 7,2 Millionen infizierten Kindern zu rechnen. Die relativen Zahlen korrigieren sich dann wie folgt: Zwischen 0,014 (1.733*0,6/7.200.000) und 0,02 Prozent (1.733/7.200.000) aller infizierten Kinder wiesen das MIS-C auf. Oder,
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mit anderen Worten, 1 bis 2 von 10.000 infizierten Kindern.
Problem:
Bei alledem kann man nicht sagen, ob dieses Syndrom auf COVID-19 zurückzuführen ist oder auch sonst gekommen wäre. Es handelt sich um eine Korrelation. Hier sind weitere Studien notwendig.
So bleibt
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unerwähnt, wie viele Kinder in den in vergleichbaren Zeiträumen vorher an dem Syndrom litten. Erst wenn man diese Zahlen ins Verhältnis setzt und feststellt, dass die Zahl in 2020 höher liegt als normal, dann erhärtet dies die genannten Prozentsätze.
Festzuhalten bleibt aus
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dieser Studie:
- höchstens ein bis zwei Kinder von 10.000 Infizierten hatten PIMS
- höchstens zwei bis drei Kinder von 100.000 Infizierten hatten durch PIMS Langzeitschäden unbekannten Ausmaßes oder Länge
- höchstens drei bis vier Kinder von 1.000.000 Infizierten sind an
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den Folgen von PIMS verstorben.
Die Kausalität mit Covid-19 ist nicht abschließend geklärt, aber wahrscheinlich.
Angesichts dieser Zahlen lässt sich schlussfolgern: Das Risiko an PIMS zu erkranken oder daran schwere Folgen zu erleiden, ist vorhanden, aber sehr gering.
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Meines Erachtens ist eine dramatisierende Interpretation hier unangebracht, da sich diese durch die Empirie nicht aufdrängt.
Ich freue mich auf Fehlerhinweise und Anmerkungen.
Lauterbach argumentiert, die Analyse zeige zB, dass "einer von sieben Covid Patienten" Longcovid bekäme, vor allem Jüngere seien darunter, auch Kinder und Gesundheitspersonal.
Die Analyse stammt aus dem UK, genauer vom ONS (= brit. Statistikamt).
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Die Analyse basiert auf Daten von 21.622 Personen (sog. Coronavirus (COVID-19) Infection Survey (CIS)), die seit April 2020 PCR-positiv auf Corona getestet wurden.
Zeitraum der Befragung war Feb 2021 bis März 2021.