Lauterbach argumentiert, die Analyse zeige zB, dass "einer von sieben Covid Patienten" Longcovid bekäme, vor allem Jüngere seien darunter, auch Kinder und Gesundheitspersonal.
Die Analyse stammt aus dem UK, genauer vom ONS (= brit. Statistikamt).
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Die Analyse basiert auf Daten von 21.622 Personen (sog. Coronavirus (COVID-19) Infection Survey (CIS)), die seit April 2020 PCR-positiv auf Corona getestet wurden.
Zeitraum der Befragung war Feb 2021 bis März 2021.
Die Fragen lauteten:
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"Would you describe yourself as having ‘long COVID’, that is, you are still experiencing symptoms more than 4 weeks after you first had C19, that are not explained by something else?"
"Does this reduce your ability to carry-out activities compared with the time before C19?”
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Die aus d. Sample gewonnen Daten extrapolierten die Analysten, so dass man schätzt, ca. 1,1 Millionen Britinnen und Briten unter 'Long-Covid' leiden würden, d.h. unter verschiedenen Symptomen, die diesem Krankheitsphänomen zugeordnet werden.
Wie ist das Framework der Studie
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einzuschätzen?
(1) Das Datenmaterial stammt aus einem Fragebogen. Es handelt sich um subjektive Einschätzungen seitens der Teilnehmer. Individuelle Wahrnehmungen von Symptomen unterscheiden sich und sind daher nicht ohne Weiteres vergleichbar. Mit anderen Worten: Kein Arzt
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hat überprüft, ob diese Symptome 'objektiv' vorlagen, Die Ergebnisse spiegeln ausschließlich die individuelle Wahrnehmung und Erinnerung der Befragten wider.
(Darauf verweisen die Autoren selbst in 'Limitations'.)
(2) Die gestellten Fragen wirken suggestiv: Es steht zu
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erwarten, dass die Befragten im Zweifel eher 'ja' antworten zu etwas, was sie ohne diese Frage gar nicht so wahrgenommen hätten. Die Fragen verzerren also die Umfrageergebnisse.
Lässt sich also aus der Analyse schließen, wie Lauterbach behauptet, "EINER von SIEBEN COVID
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Korrekt muss es, wenn überhaupt, heißen: "EINER von SIEBEN COVID Patienten berichtet mind. von einem Symptom, das dem sogenannten LongCovid zugerechnet wird".
Es kann also, aufgrund der gewählten Methodik, nicht zwingend geschlossen werden,
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dass diese subjektiven Berichte einer Analyse nach objektiv nachprüfbaren Kriterien Stand halten würde, sich also 'LongCovid' gewissermaßen auch 'von außen' feststellen ließe (zB durch einen Arzt).
Eine solche Analyse ist ohnehin schwierig, denn:
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"There is no universally agreed definition of long COVID, but it covers a broad range of symptoms such as fatigue, muscle pain, and difficulty concentrating."
Mit anderen Worten: Man sucht nach wie vor nach einer begrifflichen Bestimmung dieses Krankheitsphänomens.
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Fazit:
- Die Analyse basiert auf einer Umfrage mit Fragen, die das Ergebnis verzerren, und Antworten, die subjektive Empfindungen wiedergeben.
- Sie basiert NICHT auf Daten, die Forscher selbst anhand objektiv nachprüfbarer Kriterien an Patienten erhoben haben.
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Meines Erachtens sind Lauterbachs dramatische Schlussfolgerungen sehr verkürzt; sie sind theoretisch möglich, aber empirisch sehr unwahrscheinlich - jedenfalls auf Grundlage dieser Studie.
Ich freue mich über Fehlerhinweise und Anmerkungen.
#Servicetweet#PIMS#LongCovid#MIS-C
Mediales Thema ist seit kurzem eine mögliche Erkrankung von coronainfizierten Kindern an dem Kawasaki-Syndrom (PIMS/MIS-C).
Mehrere Medien u. Lauterbach berichteten, alarmierend im Grundton.
Der Spiegel bezieht sich auf diese Studie aus den USA (April 2021). Sie enthält eine Analyse sämtlicher MIS-C-Fälle bei Kindern, die coronapositiv getestet wurden oder nicht negativ getestet wurden.
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Die Studie fragt nach den klinischen Charakteristika sowie zeitlicher und geografischer Verteilung von MIS-C Fällen bei Kindern (Personen unter 18 Jahren). 1.733 Fälle wurden registriert, von März 2020 bis Januar 2021, insbesondere nach dynamischen Infektionsgeschehnissen.
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