Dass Polizeikräfte dezidiert links stehen, wie die Guardia de Asalto im Spanien der 30er, ist historisch selten. Die Aussicht, eingebunden in relativ autoritäre Strukturen den Status Quo abzusichern, zieht naturgemäß eher Leute an, d damit kein Problem haben. Ein Polizeithread 1/
Das Problem wird verschärft durch spezifische Rekrutierungsmuster und mangelnde soziale Durchmischung - denkt man etwa an den (besser gewordenen) Frauenanteil oder die (stabil katastrophale) Quote von PolizistInnen mit Migrationshintergrund in der österr Exekutive. 2/
Hinzu kommen ein hochproblematischer Korpsgeist, eine Ausbildung, die alldem nicht entgegenwirkt und fehlender politischer Gestaltungswille, daher auch mangelnde Kontrolle von Polizeiarbeit. Damit wäre auch grob umrissen, wo man ansetzen müsste. 3/
International zeigt sich, dass vor allem 4 Instrumente greifen, die aber immer auf große Widerstände innerhalb d Polizei stoßen:
1. Rekrutierung: alle Gesellschaftsschichten angemessen abzubilden und autoritäre, gewaltaffine Charaktäre auszusortieren, statt zu begünstigen. 4/
2. Ausbildung: Lehrziel muss Reflexivität sein, Demokratieerziehung darf sich nicht auf Institutionenlehre beschränken, sondern muss die Zulässigkeit gegensätzlicher gesellschaftl Anliegen unterstreichen u helfen, Konfliktsituationen nicht als persönl Angriff aufzufassen. 5/
3. Demilitarisierung. Der Zusammenhang zw martialischer Ausrüstung/Adjustierung und steigender Einsatzgewalt ist evident. Je weniger militarisiert sie ist, desto weniger schnell wird von d Polizei Gewalt angewandt, desto weniger Aggression ruft Polizeiarbeit aber auch hervor. 6/
4. Kontrolle. Aus der Psychologie wissen wir, dass Macht über andere extrem missbrauchsanfällig ist. Umso transparenter muss sie ausgeübt werden (Stw. zB "Recht zur Bilddokumentation") und umso strenger muss sie kontrolliert werden. Dass Polizei etwa eigene Verfehlungen selbst 7/
untersucht, ist absurd. PolizistInnen müssen für StaatsbürgerInnen identifizierbar sein u die Klärung von Einsatzverläufen darf nicht nur von Aussagen d Beteiligten abhängen, sondern muss sich auf möglichst umfangreiche Dokumentation stützen können (Stw. Obligate Bodycams). /8
Alles das steht in der Polizeiforschung - die im dt Sprachraum abseits der Kriminalsoziologie u ein paar versprengter HistorikerInnen u PolitikwissenschafterInnen mehrheitlich von Polizeiangehörigen betrieben wird - eigentlich außer Streit. /Schluss @ThomasWalach@eltschiggolo
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Vor 76 Jahren, am 13. April 1945, endete die Schlacht um Wien. Das Datum verweist auf das letzte Tabu im Umgang mit der NS-Geschichte: die Rolle der sowjetischen Befreier. Ein Thread.
Foto: sowjetische Truppen rücken von der Stadtgrenze in die Wiener Innenstadt vor. 1/
Die militär Lage d deutschen Truppen war von Beginn an aussichtslos. Dennoch verhinderte der NS-Gauleiter Baldur v Schirach, dass Wien kampflos übergeben wurde. Er selbst tauchte unter. Gerüchte, er sei in Wien von Zivilisten gelyncht worden, erwiesen sich später als falsch. 2/
Besonders heftig gekämpft wurde zwischen 6. und 13. April 1945 in Wien u. a. in Simmering, rund um das Arsenal und den Donaukanal. Die Rote Armee war haushoch überlegen. Im Häuserkampf waren ihre Verluste dennoch schwer.
Foto: Sowjet. Panzer in der Favoritenstraße (c hdgoe). 3/
Alte Frau will mit Rollator die dicht befahrene Gablenzgasse überqueren. In der Mitte des Zebrastreifens blockiert Rollsplitt eines der Rollator-Räder. Frau kann weder vor noch zurück. Fußgängerampel springt auf rot. Autos können nicht weiter, eines hupt ungeduldig. 1/4
Ich schnappe Rollator, hake die Frau unter, in Minischritten geht's Richtung Gehsteig. Trottel hupt weiter. Vom Straßenrand marschiert junger Mann mit der Figur eines bulligen Kampfsportlers aufgebracht zum hupenden Auto. Er klopft resolut an die Scheibe. 2/4
"Was is, Deppata? Siehst nix? Oma is kaputt. Kann nix mehr gehen wie will!" Hupen hört abrupt auf. Man bleibt seelenruhig neben dem Fahrzeug stehen, bis wir samt Rollator die Fahrbahn verlassen haben. Dann drischt er mit der flachen Hand aufs Autodach. "Fahr, Deppata!" 3/4
Ich finde das Thema Korruptionssumpf nicht zuletzt historisch interessant. Wir GeschichtsarbeiterInnen machen ja auch nichts anderes, als eine Fülle von Indizien in eine plausible Kausalkette einzupflegen. 1/5
Stelle mir das Forschungsseminar zur Causa Novomatic im Wintersemester 2051 vor, evtl als follow-up zum Proseminar "Die merkwürdigen Zufälle im Karriereverlauf des Josef Pröll oder wie günstig die Raika mithilfe eines Finanzministers dem Hypo-Schlamassel entkam". 2/5
Fest steht jetzt schon: das werden nicht nur spannende, sondern auch ziemlich lustige Lehrveranstaltungen. Zumindest bis zu den Oral-History-Interviews in den diversen Stadtrandvillen, wo die Protagonisten von damals sich von einem harten Arbeitsleben erholen. 3/5
Heute vor 102 Jahren stürzte das Haus Habsburg. Das Ende der 'guten alten Zeit' war die Voraussetzung für Demokratie, Arbeiterrechte und Wohlfahrtsstaat. In Staaten mit gefestigter demokratischer Tradition würde man das jedes Jahr ausgiebig feiern. Bei uns nicht. 1/6
Ein unvollständiges best-of der am 12. November proklamierten Republik: Frauenwahlrecht, 8-Stundentag, bezahlter Urlaub, Arbeitslosenversicherung, Betriebsrätegesetz, Abschaffung des Adels, Verbot der Kinderarbeit usw. Trotzdem - oder gerade deshalb - galt die Republik ihren 2/6
Feinden als 'rotes Regime'. Das hatte auch Auswirkungen darauf, wie der 12. November als Tag der Republik in Erinnerung geblieben ist. In der Ersten Republik war er zwar staatlicher Feiertag, wurde aber nur von der Linken gefeiert. Der Austrofaschismus hat den Feiertag 3/6