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2 May, 25 tweets, 8 min read
#b2104 VA gegen Änderung IfSG

Sven Liebich, extrem rechter Agitator und Aktivist aus Halle, früherer Kader des Neonazi-Netzwerks Blood & Honour, erregte während der Veranstaltung der Pandemieleugner durch seine provokante Kleidung Aufsehen. Er wurde u.a. in lässiger Haltung vor
Denkmal für die ermordeten Juden Europas fotografiert.
Liebich hat dabei ein kurzes Video drehen lassen.
In seiner kurzen Ansprache beginnt er mit einer "Erinnerung an dunkle Zeiten", einer Wendung, die für die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus steht.
Er deutet einen Zusammenhang des Termin für die Novelle des IfSG mit dem Geburtstag von Adolf Hitler am Vortag an, behauptet, Angela Merkel habe den Geburtstag "möglicherweise" im Kanzleramt gefeiert, denn sie träte "zumindest" in die "Fußstapfen dieses Diktators", und geht dann
zur größtmöglichen Provokation über: Er "glaube", "es wird auch bald angefangen, Gas auf die Leute zu sprühen", und setzt fort mit "und auch das kennen wir, Gas auf die Leute."
Im Kontext des Holocaust-Mahnmals (nicht "für", wie Liebich sagt) spielt er eindeutig auf den Mord an
den europäischen Juden durch das Giftgas Zyklon B in Auschwitz und anderen Lagern mit Gaskammern an. Diesem Verbrechen setzt er seinen Glauben gleich, man würde bald "Gas auf die Leute... sprühen".
Würde Liebich darauf angesprochen, würde er mutmaßlich antworten, er meine
Wasserwerfer, deren Wasser Capsaicin enthalte, den Wirkstoff von Pfefferspray. Eine Falschbehauptung der Pandemieleugner besagt genau das für den Wasserwerfereinsatz in Berlin im November. Damit erklärte sich das Verb "sprühen", das aber ebenso auf die Duschkopf-Attrappen in
den Gaskammern zutrifft, wobei das Giftgas nicht aus den Attrappen austrat.
Es folgt nach mehreren unwahren Behauptungen zur Meinungsfreiheit und zum Demonstrationsrecht die Behauptung, die Polizei Berlin sei "wie eine SA von Merkels Gnaden."
Keine seiner Behauptungen hat einen Bezug zur Realität. Alle Behauptungen dienen dazu, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu delegitimieren und den Nationalsozialismus und dessen gewalttätiges Wirken zu relativieren. Beides gehört zusammen, während er sich zugleich als
Opfer des Nationalsozialismus inszeniert - nicht des historischen, sondern des "Faschismus des Merkel-Regimes", wie es unter Pandemieleugnern heißt.

Dazu trägt er das Tagebuch der Anne Frank unter dem Arm, die sich als Heranwachsende ab 1942 mit ihrer Familie in einem Hinterhaus
verstecken musste, um der Judenverfolgung zu entgehen, und schließlich doch 1945 in Bergen-Belsen ermordet wurde. Liebich erklärt, das Buch habe die Polizisten beeindrucken sollen, um sie zur "Remonstration" zu bewegen. Tatsächlich missbraucht er Anne Frank, nicht nur in Berlin
sondern auch auf seinem Blog. Dort behauptet er, sie wäre "bei uns", bei ihm und seinen rechtsextremistischen Anhängern, und bringt sie in einen Zusammenhang mit dem rechten Verschwörungsmythos einer "Islamisierung".

Er trägt ein T-Shirt mit einem aufgedruckten Judenstern, dem
Symbol, mit dem der NS-Staat Juden markierte, seit 1939 in Polen, seit 1941 im gesamten Herrschaftsbereich.
Der sog. Judenstern ist untrennbar mit der "Endlösung" verbunden, dem Mord am europäischen Judentum.
Die Aufschrift lautet: "Ungeimpfte sind hier nicht erwünscht". Während
der Judenstern im NS letztendlich immer den Tod seines Trägers bedeutete, missbraucht Liebich ihn für eine behauptete Ausgrenzung von Impfgegnern.

Der Judenstern erscheint erneut mit dem Wort "Ungeimpft" auf seinem Mundschutz. Da einer nicht reicht, hat er gleich zwei genommen.
Besonders perfide ist der sog. Judenstern auf seiner Armbinde. Nach der "Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden" von 1941 mussten Judensterne ausschließlich "sichtbar auf der linken Brustseite des Kleidungsstückes in Herznähe fest aufgenäht" getragen werden.
Liebich kennt die Symbolik der Nazis. Bei andern Inszenierungen verwendet er Armbinden zur Verhöhnung der Republik, die vom Original abgeleitet sind: der Armbinde mit dem Hakenkreuz, das fast von Beginn an zur "Bewegung" gehörte und schließlich mit der Hakenkreuzfahne zum
offiziellen Staatssymbol wurde.

Eine weitere, tiefer liegende Bedeutung mag mit der der Ausgabe des Tagebuchs von Anne Frank verbunden sein. Viele Verlage führen das Tagebuch, er zeugt eine Ausgabe aus dem früheren Verlag von Samuel Fischer.
Fischer, ein deutscher Jude, war
ein hervorragender Verleger, der mit seinem Verlag ein bedeutendes Haus aufbaute. 1933 wurde ihm die Leitung über Teile seines Geschäfts entzogen, nach seinem Tod 1934 folgte die Arisierung seines Verlags und Lebenswerkes.
Von der Ansprache über die Kleidung bis zur verbogenen Symbolik ist die Selbstdarstellung Sven Liebichs nichts anderes als eine Verhöhnung der jüdischen Opfer des NS, ihrer Entrechtung, ihrer Ausgrenzung, ihres Beraubt-Werdens, des Mordes an ihnen, all ihrer unzähligen Leiden.
In seinem Shop betreibt Liebich die Verhöhnung weiter. für 2,99 gibt es "2 Stück Juden-Upgrade zum Ungeimpft-Shirt Vinyl Aufkleber Cover Up".
Selbst die Schriftart entspricht der, mit denen die Nazis bewusst die hebräische Schrift verunglimpften.
Liebich bewegt sich an den Grenzen des rechtlich Zulässigen. Die Staatsanwaltschaft in Halle will immer wieder nicht erkennen, dass Liebich geltendes Recht verletzt. Die Forderung nach einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft Rechtsextremismus wurde im Landtag abgelehnt. Argument.
Vor-Ort-Staatsanwaltschaften kenne sich am Besten vor Ort aus. Aber offenbar nicht mit Rechtsextremismus und Antisemitismus.
Ist der Auftritt von Liebich Volksverhetzung? Nein, sagen die Staatsanwaltschaften, er äußert sich ja nicht gegen heute lebende jüdische Deutsche.
Doch der ganze Auftritt spricht für das Gegenteil. Das ist die Konsequenz daraus, sich selbst an die Stelle der Opfer zu setzen.
@GStABerlin @polizeiberlin
Bitte mal Anfangsverdacht nach §130 StGB prüfen. Ihre Demo, ihr Fall. Und gestehen Sie bitte Antisemiten keine Demoroute entlang des Mahnmals zu.
@BfV_Bund
Ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt haben leider Twitter verschlafen. Bitte mal weiterleiten.

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