Der Pandemie-Tanz am Abgrund: Was wir über den Sommer tun entscheidet wie unser Herbst wird!
Man kann das nicht oft genug sagen: Egal wie der Sommer wird, wir müssen uns drauf einstellen, dass ab etwa September die Inzidenzen wieder hochgehen werden.
Was tun?
Threat/Blog
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Die Pandemie geht nicht einfach weg.
Und zwar aus vier Gründen:
1. Im September läuft die “Saisonalität” aus, die uns im Sommer eine abgesenkte Ansteckungsrate schenkt (siehe Lexikon der Pandemie: “Saisonalität”). dirkpaessler.blog/2021/05/02/lex…
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2. Zu Schulbeginn treffen Millionen von ungeimpften U16 aufeinander (bis dahin ist keiner unter 16 wirksam geimpft), das sind ca. 20% der Bevölkerung!
3. 40-50% der Erwachsenen unter 50 wollen sich (zumindest z.Zt.) nicht impfen lassen.
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4. Die niedrigen Inzidenzen im Sommer werden Lockerungen und damit schon vorab ein Ansteigen der Inzidenzen auslösen.
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Wie tief wir die Inzidenzen über den Sommer runterbringen wird entscheidend dafür sein, wie der Herbst abläuft. Wenn wir uns über den Sommer eine zu hohe Inzidenz “leisten”, werden wir dafür die Zeche im Herbst bezahlen.
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Sollten uns noch Mutationen dazwischen funken, wird es noch wichtiger gut über den Sommer zu kommen.
Aber: Selbst grobe Vorhersagen für die nächsten 4-16 Wochen sind aktuell sehr schwierig
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Während der weitere Verlauf für die nächsten 3-4 Wochen noch ganz gut vorherzusagen ist im Moment (es geht runter, jawoll!), gibt es beim weiteren Verlauf enorme Unsicherheiten, weil wir nicht wissen, welche Verhaltensweisen und Entscheidungen getroffen werden.
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Aber wir wissen zumindest mathematisch schon welche Varianten es geben könnte.
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Sobald die Inzidenzen runtergehen startet sofort wieder die Diskussion, was wir alles aufmachen und lockern sollen (was ja völlig verständlich ist). Was das Ergebnis dieser Diskussionen sein wird, scheint mir im Moment kaum absehbar.
Aber es gibt dabei drei Probleme:
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1. Aus meiner Sicht sind wir zu früh dran damit: frühestens ab Juni sind wir m.E. mit den Impfungen so weit gekommen, dass Öffnungen bei knapp unter Inzidenz 100 nicht sofort wieder ein Ansteigen verursachen.
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2. Wir bewegen uns mit dem Ausmaß der Öffnungen an einem Abgrund entlang, das ist eine ganze knappe Sache, die Situation ist nicht stabil.
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3. Jede weitere Lockerung steigert die Inzidenzwerte über den Sommer. Wie der Herbst wird, das hängt ganz maßgeblich auch davon ab, wie hoch oder niedrig und mit welchem Trend wir in den Herbst reingehen.
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Alle drei Punkte kann man an dieser Grafik ablesen: Hier zeige ich verschiedene mögliche Verläufe am Beispiel der Stadt Fürth (die grauen/gepunkteten Linien sind übrigens meine Prognosen der letzten 3 Wochen). 13/x
Die rote, grüne und blaue Linie zeigen meine Prognosen für drei nur um 5 Hunderstel unterschiedliche R-Werte für den Sommer. Wobei hier R-Werte des Wild-Typs des Corona-Virus gemeint sind (“RWild“), aus denen mein Modell den R-Wert für jede Kalenderwoche ausrechnet.
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Zur Einordnung: Man kann ganz grob sagen, dass das Öffnen der Schulen den R-Wert um ca. 0,1 erhöht. Der Unterschied zwischen der grüne Linie und der blauen Linie wäre also das Öffnen der Schulen.
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Wenn man sich die lange Wunschliste der anderen Lockerungen anschaut, die gerade diskutiert wird, wird schnell klar, dass wir um mehr als 0,1 hin und her diskutieren.
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Die Modell-Prognose zeigt aber, dass schon beim RWild von 1,35 die Inzidenz im September wieder über 100 gehen würde und die Bundesnotbremse auslösen würde (wenn das Gesetz im Juni überhaupt wieder verlängert wird! Noch so eine Unsicherheit!).
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Natürlich weiß mein Modell nicht genau, ab dieser Effekt genau beim Wert 1,35 passiert. Was wichtig ist, ist dass wir verstehen, dass wir laut Modellrechnung nur sehr wenig Handlungsspielraum haben.
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Bei welchem R-Wert RWild werden wir liegen im Sommer? Deine Schätzung ist so gut wie meine. Ich wünsche mir 1,25 oder weniger, ich befürchte aber, dass wir am Ende drüber liegen.
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Schauen wir uns also die drei Kurven (rot, blau, grün) im Vergleich an: Mitte Mai wird Fürth unter 100 sinken, und die Notbremse lösen, und ab da unterscheiden sich die Verläufe der Modellrechnungen: 20/x
Zusätzliche habe ich berechnen lassen (orange Linie), was wäre, wenn wir die Notbremse runter bis 35 aktiv lassen würden. Damit würden wir die Notbremse auch nur 3 Wochen später öffnen (zu dem Zeitpunkt wäre bei rot und blau die Notbremse gerade schon wieder erneut aktiv!).
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Danach bleibt die Inzidenz sehr niedrig und auch der Herbst wird sehr überschaubar. Insbesondere ist in der “orangen Variante” die Zukunft der nächsten Wochen für Bürger und Firmen “berechenbar”, weil keine weitere, plötzliche Notbremse droht.
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Klare Sache: Das ist die Variante, in der ich gerne leben möchte!
Mir geht es wie Prof. Meyer-Hermann: Ich verstehe nicht, warum wir die Notbremse nicht bei 35 machen. 23/x
Was man sich klar machen muss: Wenn die Erwachsenen im Herbst zu 60-70% geimpft sind, dann sind die Kinder und Jugendlichen die letzte homogene Gruppe, die normalerweise viele soziale Interaktionen hat und dabei immer noch immun-naiv sind.
Threat 1/x
Da könnte das Virus so richtig loslegen – Corona-Party im Klassenzimmer. In meinem Modell ergeben sich in versch. Szenarien Inzidenzen von 500-700 für die Gruppe der unter-12-Jährigen (die 12-16 Jährigen würden in meinem Modell ab August geimpft).
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Bei Inzidenz von 700 ist an keinen normalen Unterricht zu denken, denn ständig sind Klassen in Quarantäne/Isolation.
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Zeit sich mit der Saisonalität zu beschäftigen: Ein Threat.
Die Saisonalität kann eine erheblichen Verlauf auf die Fallzahlenentwicklung der Pandemie haben — aber nur dann, wenn der durch das Verhalten bzw. die Maßnahmen „erzeugte“ R-Wert bereits im Bereich um 1 liegt: ...
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...dann können im Frühling aus steigenden Zahlen wie von Geisterhand sinkende Zahlen entstehen, ohne dass sich das Verhalten geändert hat. Wir laufen seit Monaten beim R-Wert um die eins herum.
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Jetzt sinken die Zahlen schneller als die Impfungen das alleine geschafft hätten, und im blödesten Fall entsteht bei den Entscheidern der Eindruck: ach, guck mal, die Pandemie läuft aus…. Oder – noch schlimmer – man öffnet auch noch dies&das.
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@erlangen_de rutscht gerade in diesen Tagen nochmal unter die 100, das würde in meinem Modell die Notbremse nochmal öffnen, und zwar zu früh (die Impfungen und die Saisonalität können das nicht auffangen), sodass dann nochmal die Inzidenz ansteigen müsste...
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... und der Peak erst im Mai erreicht wird. Alle anderen sind noch über 100 und haben ihren Peak jetzt oder gerade gehabt.
Über den Sommer liegen die Landkreise und Städte zwischen 25 und 50 und am Ende des Sommers laufen alle in einen Jojolockdown.
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Neue Version meines Pandemie-Prognose-Modells mit div. Verbesserungen!
Good News: Absinken ab dieser Woche. Mit Bundesnotbremse bleibt die 3. Welle in den ITS auf Niveau der 2. Welle
Bad News: Im Sommer Inzidenz um 50, im Herbst Jojo-Lockdown mit U16/Kinder-Welle
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Ich habe die maximalen Impfquoten pro Altersgruppe aktualisiert und habe - hoffnungsvoll - Impfungen für 12-16 ab August und für Jüngere ab November eingebaut.
Damit ergibt sich aktuell (26.4.2021) in den nächsten Wochen mit Bundes-Notbremse und sonst keinen Änderungen an unserem Verhalten bzw. den Maßnahmen (weder Lockerungen noch Verschärfungen) folgender Verlauf der Fallzahlen: 3/x
Willst Du besser verstehen, wie verschiedene Parameter der Pandemie ineinandergreifen? Mehr R, weniger Saisonalität, schnelleres Impfen, Notbremse bei 100, 50 oder 10? #nocovid oder aufmachen?
Hier kommt ein Modell zum interaktiven Lernen
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Welche Möglichkeiten haben wir denn, um die Pandemie zu steuern? Mit meinem Modell kannst Du spielerisch die Wirkung dieser Parameter kennenlernen. Und das auch noch mit den Zahlen von Deinem Landkreis.
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Im Video stelle ich das Modell vor und zeige, wie sich da Verändern der Parameter auf den weiteren Verlauf auswirkt:
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Vor 6 Wochen (Fürth lag bei Inzidenz 100 mit Seitwärtsbewegung), hatte ich eine Vorhersage der Inzidenzen für Fürth gewagt. Damals hatte ich für eine Inzidenz von 350 vorhergesagt, tatsächlich sind es 270 geworden, am Donnerstag waren es aber auch schon über 300.
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Ich lag also etwas zu hoch (Anstieg um Faktor 2,7 statt 3,2) u.a. weil ich die bremsende Wirkung von Ostern unterschätzt bzw. nicht berücksichtigt hatte. Aber die Richtung stimmte.
Heute möchte ich mit meinem Pandemie-Modell eine neue Vorhersage für Fürth versuchen.
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