@cturzer @JMWiarda
Ich erlaube mir, auf einige Aspekte zu antworten. Das kann so nicht stehen bleiben.

1. Die Vermutung, Sicherungsmaßnahmen suggerierten Beteiligten eine ungerechtfertigte Gefahr, verkehrt grundlegend psychologische Faktoren der Risikoanalyse/Prävention
1/
und nährt das politische Narrativ "Schule ist sicher", das eine gefährliche Scheinsicherheit suggeriert und Eltern/SuS/LuL vorgaukelt, sich um eine Infektion keine Sorgen machen zu müssen. Spätestens mit der ersten Quarantäneanweisung bricht für Familien dieses
2/
Kartenhaus zusammen. Wer es weiterhin glaubt, ist entrüstet: wo keine Gefahr, da doch auch keine Quarantäne nötig...
Wer sich der Erkenntnis stellt, erkennt auch die Scheinsicherheit, in der er sich bewegte. In der Präventionsforschung ein ganz zentraler Aspekt. Mit gleicher
3/
Argumentation könnte man dagegen sein, dass Kinder beim Fahrradfahren einen Helm tragen.

2. Die Forderung von Luftfiltern erweckt den Eindruck, die Bedingungen für Präsenzu. verschöben sich immer weiter nach hinten...
Sehr früh in der Pandemie wurden Bedingungen diskutiert,
4/
unter denen Präsenzunterricht möglich sein kann. Eine davon war: Luftfilter. Wenn nach 1 Jahr endlich diese wichtige Bedingung erfüllt würde, sehe ich den Vorwurf nicht - im Gegenteil, wir nähern uns zuverlässigem Präsenzunterricht immer mehr an, denn den wollen ALLE Eltern,
5/
aber eben nicht alle Eltern um JEDEN Preis.

3. Die Suggestion: noch diese Bedingung, dann....und wenn es nicht klappt?... berührt genau den Punkt: sind alle Bedingungen für einen zuverlässigen risikoarmen Unterricht erfüllt? Diese Frage kann man leicht beantworten, warum
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setzen sich so viele Menschen aller Ebenen, Wissenschaften, Branchen und Bereiche dafür ein? Die Forderungen liegen offen da.
Und wenn es nicht klappt? Ja, dann hat es nicht gereicht und man muss SCHNELL nachsteuern. Das ist a) Teil jeder Risikoanalyse und b) der pandemischen,
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auch für unsere Risikobewertungen neuen Situation geschuldet. Wir sind es nicht gewohnt, permanent mit neuen Gegebenheiten umgehen zu müssen und die Sehnsucht "nun muss es doch mal gut sein" ist so menschlich verständlich wie pandemisch gefährlich.
Um zu beurteilen, ob "es"
8/
klappt, müssen wir am definierten Ziel messen. Was wollen wir? Zuverlässigen infektionsarmen Präsenzunterricht? Dann müssen so viele wirksame Maßnahmen her, wie gebraucht werden. Ansteckendere Varianten können das spontan (s.o. für Menschen psychologisch schwierig)
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verschieben. Dem muss man offen gegenüber stehen und bereit sein, schnell und effektiv zu handeln, sonst brechen wir entweder mit dem Kopf durch die Wand (dann haben wir aber ein anderes Ziel) oder müssen auf Wechsel-/Distanz ausweichen.
10/
4. Zum Begriff "Drehkreuz" verweise ich kurzerhand auf die Ausführungen von Prof. @CiesekSandra "Schulen sind Infektionsdrehkreuze", zusammen mit den von Prof. @prof_m_baumann analysierten an einem Schultag verknüpften Kontaktnetzwerken. Auch Dr. @DrScheuch sieht in Klassen
11/
erhöhte Infektionsgefahr, AUCH mit Pausen zwischen den einen Raum betretenden versch. Gruppen, da Aerosole in der Luft bleiben und neu Eintretende infizieren können.

Auch die Aussage: das Infektionsgeschehen der Kinder folge dem gesamtgesellschaftlichen Geschehen bildet
12/
nicht die ganze Wahrheit ab. Schon die so kritisch betrachtete Heinsbergstudie erkannte, dass ein Haushalt durch ein infiziertes Kind einer höheren Gefahr ausgetzt ist.

5. Die drei genannten Fragen sind m.E. NICHT die, auf die es hinausläuft, sondern die Frage des ZIELS für
13/
Schule in der Pandemie. Die Initiatoren der #LuftfilterJETZT-Petition sehen als Ziel eine Schule, in der die Maßnahmen, von denen wir WISSEN, dass sie Schule sicher und damit in Präsenz halten können, auch umgesetzt werden. Eine davon sind die Luftfilter...
By the way... je
14/
länger wir warten, umso eher entstehen infektiösere Varianten und umso weniger schützen die seit über 1 Jahr geforderten Maßnahmen. DAS ist dann aber weder den Maßnahmen noch den sie seit Langem Fordernden anzulasten, sondern denen, die sie verzögern, verhindern, verweigern!
15/
Dennoch ein Exkurs auf die drei Fragen, um sich glasklar zu machen, womit wir als Eltern umgehen müssen:
A) Wieviele Kinder infizieren sich? Alle, die nicht geimpft werden. Tertium non datur.
B) Wieviele erkranken tatsächlich an Covid-19? und
C) Wieviele erkranken schwer?
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Dies werden wir erst sehen, wenn wir viele Infektionen zulassen. Das ist ethisch fragwürdig, v.a. unter dem Aspekt, dass im April 2021 Ärzte häufigere und schwerere Erkrankungen beobachteten, auch B.1.1.7 geschuldet. Auf #Delta bezogen könnte sich das noch verstärken.
17/
Zudem müssen wir der "Erkrankung" auch #LongCovidKids nach asymptomatischer Infektion hinzurechnen, aktuell um ca. 10% mit noch wenig Aussage, wie sich die langfristigen Dauerschäden darstellen. Hinzu kommt ein Risiko von etwa 1:1000 für PIMS, das ist nicht wenig.
18/
6. Die in conclusio mantramäßige "Abwägung: Infektionsrisiko vs. Bildungsverlust ist m.E. die Scheindebatte derer, die Rechtfertigungen suchen, Schulen nicht schützen zu wollen oder deren Angst zu groß würde, wenn sie die noch nicht letztlich beschriebenen Gefahren für
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Kinder anerkennen würden. Vermeidungsstrategien sind psychologische Überlebensstratgien.

Ich verstehe diese Abwägung nicht! Was spricht DAGEGEN, Schulen so sicher zu machen, dass alle Kinder geschützt UND gebildet sind? Gerade wenn die Maßnahmen- (bspw.
20/
Luftfilter-) kritiker argumentieren, man wisse noch gar nicht, inwieweit Kinder betroffen seien... Wieviel Kinder lassen wir wissentlich infizieren, BIS wir "wissen"? DAS halte ich für falsch und KEINEM Kind ist eine Infektion mit den o.g. Risiken der Verlaufs- und Spätfolgen
21/
zuzumuten. Keine Mutter/kein Vater kann sich SICHER sein, dass ihr, dass sein Kind nicht betroffen sein wird. Keine/r! Das muss uns Eltern ganz klar sein.
Unter diesem Aspekt bleibt aus meiner Sicht eine ganz andere Frage übrig: Wollen wir Kinder schützen UND bilden?
22/
7. Ein Letztes: Kinderärzte sollen mitreden? Ihre Autorität nicht untergraben werden? KÄ oder KÄ-Verbandspolitiker? Wenn KÄ gemeint sind, empfehle ich @KinderdocNina und ZIG andere Kinderärzte hinzuzuziehen und ihnen zuzuhören, anstatt ihre Autorität zu untergraben.
23/
Ihre Schlussfolgerung, Frau @cturzer möchte ich exakter formulieren: "Wir müssen jetzt alles für sichere Schulen tun, damit Präsenzunterricht möglich wird. Luftfilter sind (...)" Und ergänzend: "Wechsel- und Distanzunterricht muss für Quarantänen und den Notfall
24/
SO vorbereitet sein, dass er für ALLE erfolgreich ist. Erst dann haben wir die Bedürfnisse von Kindern berücksichtigt, anstatt sie für Scheindebatten und Grabenkämpfe zu instrumentalisieren."
Wir brauchen eine ehrliche Debatte über: Schutz & Bildung in Einklang bringen.
(IR out)
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8 Jun
@ABaerbock Eine Bemerkung wie "15 Monate Bildungsausfall" ist ein Schlag ins Gesicht von Kindern/Jgdl., die sich im Distanzunterricht jeden Morgen ab 8 Uhr an den Rechner oder die Aufgaben gesetzt haben und JEDES von den KM verursachte Schul- und Infektionschaos ertragen und DENNOCH
1/
@ABaerbock gelernt haben und jetzt den Hagel an Klassenarbeiten/Klausuren AUCH noch ertragen.
Es ist ein Schlag ins Gesicht der Eltern, die 15 Monate Distanzlernen für ihre Kinder organisiert haben.
Es ist ein Schlag ins Gesicht der Lehrer:innen, die sich 5 Beine ausgerissen haben, um
2/
@ABaerbock den Unterricht an die immer wieder veränderten Bedingungen anzupassen, sich um Kinder und Familien mühten.
Schüler:innen, Eltern, Lehrer:innen haben JEDES Chaos ausgehalten, dass die KM produzierten, anstatt Distanzunterricht erfolgreich und Schulen sicher zu machen.
3/
Read 15 tweets
19 May
@beerenstark Die neuen Öffnungsorgien der LR sind unfassbar. Zur Unterstützung liest Herr Laschet monatealte Zettel von Kindern vor. Schade, dass er nicht auch aus dem Brief zitiert hat, den mein Sohn vor 2 Wochen seiner Kultusministerin geschrieben hat und in dem auch er Wünsche
1/
@beerenstark formuliert. Wird schon bei Kindern jetzt mit zweierlei Maß gemessen? Die Politikstützenden werden zitiert, die anderen verschwiegen (nur um es sofort zu entkräften: mein Sohn war nicht der Einzige mit einer Äußerung an die LR).
2/
@beerenstark Um ihm Gehör zu verschaffen, zitiere ich seinen Brief hier. Herr @ArminLaschet, bitte hören Sie in Ruhe zu:
3/
Read 14 tweets
19 May
#terminbeispahn
Guten Morgen, Herr @jensspahn. Gleich höre ich mir Fach-Beiträge des digitalen Dt. Jugendhilfetages an. Zu Jugendhilfe gehört auch deren Gesundheitsschutz, v.a. in einer Pandemie. Ich würde gerne mit Ihnen darüber sprechen. Themen Ihres Ressorts gibt es genug.
1/
Ich komme gerne auf eigene Kosten nach Berlin.
Ich möchte Ihnen und Ihren Kolleg:innen darstellen, welche Fragen und Probleme sich uns als Familie in der Pandemie täglich stellen, was wir denken und fühlen über Ihre Politik.
Haben Sie heute Gelegenheit, mich zu kontaktieren?
2/
Read 5 tweets
18 May
#terminbeispahn
Guten Morgen, Herr @jensspahn, guten Morgen twitterwelt! Es ist spannend, ich habe bislang noch keine Reaktion "meines" Bundesgesundheitsministers. Aber mein Gesprächsanliegen ist aktuell. Ich möchte über Infektionsschutz und Impfung von Kindern zu sprechen.
1/
Ich komme gerne auf eigene Kosten nach Berlin.
Ich möchte Ihnen und Ihren Kolleg:innen darstellen, wie wir als Familie in der Pandemie leben und welche Fragen sich uns täglich stellen, was wir denken und fühlen.
Haben Sie heute Gelegenheit, mich zu kontaktieren?
2/
Ich denke, es gibt viele Möglichkeiten und Formate, wie wir ins Gespräch kommen können. Wichtig ist die Verständigung zwischen Politik und Bevölkerung. Immerhin sind wir Bevölkerung diejenigen, um deren Wähler:innenstimmen sie werben. Wir hören Sie, aber hören Sie uns auch?
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Read 6 tweets
17 May
#terminbeispahn
Guten Morgen, Herr @jensspahn. Nach einem für Sie hoffentlich guten WE möchte ich meine Anfrage erneuern: ich möchte bitte einen Termin bei Ihnen, um über Infektionsschutz und Impfung von Kindern zu sprechen. Ich frage heute auch höflich nochmal per Mail an.
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Ich komme gerne auf eigene Kosten nach Berlin.
Ich möchte Ihnen und Ihren Kolleg:innen darstellen, wie wir als Familie in der Pandemie leben und welche Fragen sich uns täglich stellen, was wir denken und fühlen.
Haben Sie heute Gelegenheit, mich zu kontaktieren?
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Alternativ: hat eine(r) der werten Redakteur:innen Interesse, ein Streitgespräch zwischen Herrn @jensspahn und mir zu führen?
Auch das könnte in der Pandemie das Verständnis zwischen Politik und Bevölkerung fördern. Da liegt m.E. Einiges im Argen. Man redet zu wenig MITeinander.
Read 6 tweets
16 May
Guten Morgen, Herr @jensspahn, auch Sonntag ist kein Tag ohne Infektionen, obwohl ich Ihnen gerne eine Pause vom Politikgeschäft gönne.
Ich möchte aber daran erinnern, dass ich gerne mit Ihnen über die Impfung und den Infektionsschutz von Kindern sprechen würde. Ich komme
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sehr gerne auf eigene Kosten nach Berlin.
Ich möchte Ihnen und Ihren Kolleg:innen darstellen, wie wir als Familie in der Pandemie leben und welche Fragen sich uns täglich stellen, was wir denken und fühlen.
Haben Sie heute Gelegenheit, mich zu kontaktieren?
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Read 6 tweets

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