Der Umgang mit Nord Stream 2 (NS2) stellt ein mehrfaches außenpolitisches Versagen Deutschlands dar -- thread.
1) DE hat sich von Moskau dazu bewegen zu lassen, eine Gaspipeline zu akzeptieren, die potentiell ein Instrument russischer Vormachtpolitik in Ost- und Ostmitteleuropa darstellt;
2) DE hat Einwände der alarmierten Nachbarn in Ost- und Ostmitteleuropa ignoriert, statt ihre Sorgen ernst zu nehmen und sich mit ihnen auf gemeinsames Vorgehen zu einigen;
3) DE hat, nachdem die Entscheidung für NS2 gefallen ist (im wesentlichen 2015), nichts dafür getan, den geopolitischen Sorgen der Nachbarn in Ost- und Ostmitteleuropa, insbesondere der Ukraine, durch Maßnahmen entgegenzutreten -- sich stattdessen taub gestellt;
4) DE hat die Einwände der EU, insbesondere des Europaparlaments, das sich mehrfach gegen NS2 aussprach, aber auch Einwände in der Kommission, ignoriert, und die Pipeline gegen Widerstände aus Brüssel unter Nutzung der nationalen Machtstellung durchgeboxt;
5) DE hat, nachdem auch die USA (in beiden politischen Lagern) sich immer deutlicher gegen NS2 positioniert haben, auch diese Sorgen ignoriert;
6) Erst unter der Drohung von Sanktionen der USA hat sich DE dazu bewegen lassen, die Sorgen der Nachbarn in Ost- und Ostmitteleuropa in Betracht zu ziehen, in Verhandlungen mit Washington, das hier die Rolle einer Schutzmacht dieser Nachbarn eingenommen hat;
7) Doch selbst in diesen Verhandlungen hat DE sich vorrangig darum bemüht, einen möglichst geringen Preis zu zahlen, statt ein umfassendes Konzept vorzulegen, das geeignet wäre, Ostmittel- und Osteuropa gegen die möglichen geopolitischen Nachteile zu schützen.
Der Preis, den Deutschland für NS2 zahlt: Entfremdung der ost- und ostmitteleuropäischen Nachbarn von Deutschland; Vertrauensverlust in der EU und bei den USA.
Wie kann man den Schaden verringern? Eine neue Bundesregierung kann demonstrieren, dass NS2 nicht als geopolitisches Druckmittel für den Kreml taugt -- dass DE den Willen und die Entschlossenheit hat, die Energiebeziehung mit Russland auch selbst als Druckmittel zu nutzen.
Der Deal mit den USA enthält keine Zwänge und Mechanismen; es kommt auch in Zukunft auf den politischen Willen Deutschlands an - die Bereitschaft, russischem Neo-Imperialismus in Ost- und Ostmitteleuropa entgegenzutreten und diesen Ländern zu helfen, selbst resilienter zu werden.
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Why does Biden court Merkel? @ConStelz: In the long, hybrid struggle that looms with a China seeking to reshape the global order, Europe’s commercial, technological, regulatory strengths indispensable to US.
And Germany is Europe's center of gravity ft.com/content/94b7a0…
"Of Merkel’s three would-be successors, only the Greens’ Annalena Baerbock appears to have fully grasped what the downturn in Europe’s geopolitical climate requires of Germany."
Laschet and Scholz are "fighting straw men of their own invention, such as the notion that the US is trying to force Europe to “decouple” from China. In reality, it is China that is decoupling from the west."
Erstens, Ostpolitik war eingebettet in eine von Washington bestimmte westliche Strategie, die aus "Härte und Gesprächsbereitschaft", also Abschreckung und Detente (mit der deutschen Unterabteilung Ostpolitik) bestand.
Ohne die amerikanisch-westliche Entschlossenheit, den Systemkonflikt mit Russland zu gewinnen, hätte die Sowjetunion zahlreiche Chancen gehabt, Westeuropas Freiheit und Sicherheit zu untergraben und die jungen Demokratien zu destabilisieren.
Spart Kosten für hybride Kriegsführung: Ein Gastbeitrag von Wladimir Putin in der Zeit -- Propaganda im deutschen Leitmedium. zeit.de/politik/auslan…
Kostprobe: "Unser gemeinsames und unstrittiges Ziel ist es, die Sicherheit des Kontinents ohne Trennlinien und einen einheitlichen Raum für eine gleichberechtigte Kooperation und kollektive Entwicklung im Sinne der Prosperität Europas und der ganzen Welt sicherzustellen."
Vier Tage, nachdem AKK erklärt hat, dass "Russland – mal verdeckt mal offen – Krieg (in der östlichen Nachbarschaft) führt, militärisch massiv aufrüstet und – auch hier: mal verdeckt, mal offen – seine Nachbarn, unsere Freunde und Partner, bedroht." bmvg.de/de/aktuelles/d…
Das Waffenexporthickhack ist nicht ein grünes, sondern ein deutsches Problem. Es ist das Verdienst von Habeck, dieses Thema wieder aufgebracht zu haben. Dass jetzt viele über ihn herfallen (aus klaren Wahlkampfmotiven), statt zur Sache zu sprechen, ist eine verpasste Chance.
Klar ist: mit abstrakten, scheinbar juristisch einwandfreien Prinzipien wie "keine Waffen in Krisengebiete" kommt man nicht weiter in einer Welt, in der jeder Waffenexport auch eine politische Positionierung bedeutet: eine Stärkung der einen Seite gegen die andere.
Das gilt übrigens auch für das gerade in Deutschland so beliebte Training von Soldaten in Krisenländern: auch das ist eine Positionierung und Stärkung gewisser Kräfte gegen andere.
Es war nachvollziehbar, dass Merkel in der aufgeheizten Atmosphäre 2015 dagegen war, Waffen an die Ukraine zu liefern. Seither aber haben die USA der Ukraine Militärhilfe im erheblichen Umfang zukommen lassen. defensenews.com/global/europe/…
Die Hilfe zur Selbstverteidigung für die Ukraine hat nicht eskalierend gewirkt; im Gegenteil erhöht sie die Fähigkeit des Landes zur Abschreckung und wirkt damit de-eskalierend. Wie nötig dies ist, hat gerade kürzlich der bedrohliche russische Truppenaufmarsch demonstriert.
Vor diesem Hintergrund der Ukraine selbst minimale Hilfe -- etwa gegen Sniper -- zu verwehren, grenzt schon an unterlassene Hilfeleistung.
Was Deutschland Robert Habeck zufolge an die Ukraine liefern sollte: Medivacs, Nachtsichtgeräte, Kampfmittelbeseitigung, gepanzerte Fahrzeuge, Drohnenabfanggeräte, Aufklärungsgeräte
Es gehe darum, "dass Ukrainer nicht erschossen werden".
"Die Ukraine kämpft hier nicht nur für sich selbst, sondern die Ukraine verteidigt auch die Sicherheit Europas hier. Wenn das fällt, und sie fühlen sich bedroht, dann ist das eine Einladung an Russland, andere Konflikte ebenfalls eskalieren zu lassen."