Es folgt ein völlig unstrukturierter #Politbarometer -Thread (in der Tradition des freien Assoziierens stehend). Vielleischt fange ma mal janz vorne an. Den Befragten wird im Zug der Interviews ua die Frage gestellt: "Welche Partei würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag...
... Bundestagswahl wäre?" Diejenigen, die diese Frage mit der Nennunng einer Partei beantworten (und nicht "weiß nicht", "geht euch nix an", "ich wähle eh nicht" sagen), werden mit ihren Angaben gezählt und daraus entsteht die "Sonntagsfrage". Wichtig: Bei der Forschungsgruppe
Wahlen (siehe auch bei den Kollegen von @Wahlrecht_de ) gibts auf dieser Basis zwei Verteilungen: Politische Stimmung und Projektion (nie, nie, nie würde es eine "Prognose" geben #teufel#weihwasser). Ich persönlich finde die politische Stimmung interessanter, weil das letztlich
die nur nach Alter, Geschlecht, Bildung u ggf. Region gewichteten ORIGINAL-Antworten der Befragten sind. Was die Institute zusätzlich on top noch machen, um zu ihren Projektionen zu kommen, weiß zumindest ich nicht u daher finde ich das zuweilen schwerer einzuschätzen.
In jedem Fall ist die Projektion viel träger und zäher, die Stimmung schwankt stärker, was klar ist, weil eine Stichprobe mit 1000-1500 Leuten eben auch statistische SChwankungen beinhaltet, die man aber abschätzen kann (#konfidenzintervalle).
Wichtig: Die anderen Institute veröffentlichen NUR Projektionen (also Rohdaten + erfahrungs- u modellbasiertes Tuning) ==> daher dank an die Forschungsgruppe, dass sie weiterhin die Möglichkeit eröffnet, sich ein umfassenders Bild zu verschaffen. Mit dem Zweiten sieht man besser.
Nach dieser kurzen, methodischen Vorbemerkung zur Sache: -7, +3, +3, +3 (Union, Grüne, SPD, AfD) sind bemerkenswerte Verschiebungen der politischen Stimmung, die - wenn es kein statistischer Ausreißer war (auch das kann passieren, der Zufall kann auch lustig sein) - relevant sind
(In der Projektion wurde daraus -2, +1, +1, +1)
Das hat natürlich auch Auswirkungen für Koalitionen (bei 7% für Parteien unter 5% bleiben 93 übrig, 47% sind also Mehrheit, wissend um die drei unausgeglichenen Überhangmandate des Wahlsystems, die vermutlich der Union nützen werden...):
==> vier Parteien, die in jeweils 2 Koalitionen drin sind in einer nicht
Werfen wir noch einen Blick auf die TOP10 der Politiker*innen in D, die ja immer auf einer Skalometer von -5/+5 bewertet werden. Zwei haben einen negativen MIttelwert - und das sind die Kanzlerkandidaten von Union (-0.2) und Grünen (-0.5).
Dem stehen gegenüber Söder (+1.4), Scholz (+1.2), Habeck (+1.1) u über allem Merkel (+2.6). Keine Politiker von LInken u AfD in den Top 10, LIndner steht bei +0.2
Die Werte werden zudem für "eigene Anhänger*innen" ausgewiesen. Baerbock steht dort bei 2.9 (Scholz: 2.7, Lindner 3.4, Söder 3.1, Merkel 3.6, Habeck 2.9). Laschet bei nur 1.4. Zweifel an Laschet in eigenen Reihen sind spürbar u in den letzten Wochen gestiegen (von 2.2. auf 1.4)
Zudem der permamente Kontrast zu Söder (u erst recht Merkel) u ein Söder, der KOnflikt ggf. hzu schüren bereit ist (#schlafwagen) . Auch das Muster bei Baerbock ist interessant: Die Grünen Anhänger bewerten sie mit 2,9, was ja immerhin rund 20% der Befragte sind.
Damit da insgesamt ein Wert von -0,5 rauskommen kann, liegt ihr Ansehen bei Nicht-Grünen-Anhänger*innen (eine diverse Gruppe, keine Frage) bei -1.4.
Stand heute scheint also die Frage zu sein, ob die unbeliebteste oder aber der zweitunbeliebteste Politiker ins Kanzleramt einzieht. Aber: DYNAMIK!
Dynamik auch bei Themen: Nachdem über Monate das Thema Corona die Agenda dominiert hat, sind im Juli Corona u Umwelt/KLima mit 45/44% KOpf-an-Kopf (#Thematisches#KopfAnKopfRennen). Zählt man die 12% Hochwasser noch zu KLima, liegt das Thema sogar vorne.
Wählen die Deutschen im September den Kanzler? Ein Thema? Eine Koalition? man weiß es nicht, kann sich ja auch noch ändern. Aber klar ist: JE nachdem, was sie wählen, werden sie ggf. anders wählen.
Und das war der versprochene unstrukturierte Politbarometer-Thread. :)
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Ich nutze mal die neue #unter3 Folge, um ein paar Zeilen zu "Wahlprogrammen", Logiken des Parteienwettbewerbs u Themen threadmäßig zu formulieren... @NadineSchoen hat in der Folge gesagt, dass es mitunter auf Ziele, nicht unbedingt auf detaillierteste Maßnahmen ankomme. (1/x)
Das sozialpsychologische Modell des Wähler*innenverhaltens - Klassiker! - würde erst einmal sagen, dass es Determinantentrias gibt: Langfristige Parteibindungen (die in Verbreitung u Prägekraft aber rückläufig sind) sowie kurzfristige Kandidat*innen- u Themenorientierungen (2/x)
Da mag man erst einmal zu recht sagen: WOW. Und doch ist das alleine in diesem Wahljahr spannend: Wie entscheiden sich nämlich Wähler*innen mit "cross pressures", die also zB Scholz als Kanzler gut finden, aber die Grünen wg Klima u die Union wg Regierugnserfahrung? (3/x)
.@aiko_wagner und ich haben mit famoser Unterstützung von @nekton0 Anfang d Jahres eine experimentelle Studie zur Frage der Kanzlerkandidat*innenfrage 2021 gemacht. Rund 3.000 Menschen haben an unserer nicht repräsentativen, experimentellen Studie mitgemacht - THREAD-ALERT (1/x)
Uns haben weniger exakte Randverteilungen (Markus Söder wollen X Prozent, Armin Laschet Y) interessiert, sondern Mechanismen und Zusammenhänge. Zunächst haben wir versucht, die Menschen in ein bestimmtes Wahlkampf-Setting zu beamen, indem wir zB folgendes zeigten (2/x)
Also in Gangelt wurden 1000 (an einigen Stellen heißt es "mehr als 1000") Leute untersucht, dies aus 400 Haushalten. Ausgewertet wurden bisher (zufällige Auswahl?) 509 Personen. Lassen wir mal die Haushaltsthematik außen vor für den Moment.
Bei 15% der Untersuchten gab oder gibt es eine Infektion. Das ist wohl der Punktschätzer für Personen, also wohl 0,15*509=76 Infizierte.
(Da es keine ganz unwichtige Frage, sondern eine von Leben und Tod ist, sollten wir für ein Konfidenzintervall vllt α=0.01 setzen, das Konfidenzintervall liegt bei 509 Befragten zw 11 u 19%).
Quelle: Amos Tversky and Daniel Kahneman,
The Journal of Business, Vol. 59, No. 4, Part 2: The Behavioral Foundations of Economic Theory (Oct., 1986), pp. S251-S278
Es ist eine experimentelle Studie mit zwei strukturgleichen Gruppen. Beide Gruppen werden vor ein Entscheidungsproblem gestellt, das sich im Kontext eines unbekannten „Asian Disease“ (ja, das stimmt tatsächlich...) stellt.