Mittlerweile findet meine Überwachung auch dann statt, wenn ich einfach nur ins EU-Ausland fahre. Ein kurzer Erfahrungsbericht.
Wie einige von euch wissen, stehe ich seit mehreren Jahren auf irgendeiner internen Liste der deutschen Polizei, die dazu führt, dass
,immer wenn ich aus Deutschland über einen Flughafen in ein Land außerhalb der EU reise, ich von der Polizei mit auf die Wache genommen werde, mich bis auf die Unterhose ausziehen muss, mein Handgepäck bis in die letzte Ecke durchsucht wird
und ich fragen über meine Reise beantworten soll. Auf der Liste stehe ich, seitdem ich Spendengelder für das linke Farkha-Jugendfestival in Palästina an die OrganisatorInnen überwiesen hatte und darüber öffentlich auf meinem Blog schrieb
(eine tolle "Entdeckung" also, die die Polizei da gemacht hat...).
Jetzt ist diese Form der Überwachung noch einen Schritt weiter entwickelt worden. Als ich letzten Sonntag von München aus nach Griechenland fliegen wollte
- also in ein anderes EU-Land, wo es bei der Ausreise eigentlich keine Grenzkontrollen gibt - schaute die nette Person am Check-In-Gepäckschalter nach dem Einscannen meines Personalausweises überrascht auf und sagte "Oha, was ist denn bei Ihnen los?",
besann sich dann schnell eines Besseren und raunte ihrer Kollegin zu, ob sie noch eines von den speziellen Kofferbändchen habe. Es kam also ein extra rotes Band dran. Beim Auspacken auf Samos stellte ich dann fest, dass mein Koffer durchsucht worden war
- ohne das ich dabei war - und die Klamotten komplett anders als beim Einpacken lagen.
Kurz vorm Einsteigen ins Flugzeug in München stellten sich dann auch noch drei Polizisten an den Eingang zum Gate und fingen mich ab.
Obwohl mein Handgepäck schon durchleuchtet worden war, wurde es am Gateeingang nochmal komplett durchsucht. Ich musste jede Tasche des Rucksacks öffnen und die Beamten wühlten darin herum.
Auf meine Frage, warum dies geschehe, wurde geantwortet, dass es ja sein könne, dass ich größere Mengen Bargeld nach Samos transportiere (warum auch immer?!). Zudem wurde ich gefragt, wie viel mein Laptop wert sei.
Erst nachdem die Polizisten festgestellt hatten, das ich nichts dabei hatte, durfte ich ins Flugzeug steigen. Wohlgemerkt: es handelte sich um eine Reise in ein anderes EU-Land.
Ich kann nicht sagen, was es damit wieder genau auf sich hatte. Aber ich wollte diese Erfahrung mit euch teilen und darauf aufmerksam machen, dass es auch in diesem Land eine massive (politische) Überwachung gibt.
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In Bayern droht die Abschiebung zweier linker kurdisch-alevitischer AkademikerInnen, obwohl sie in der Türkei erst kürzlich aus politischen Gründen zu mehr als sechs Jahren Haft verurteilt wurden.
Ihr Fall braucht (mediale) Aufmerksamkeit. Er ist skandalös.
Es geht um Anıl K. und Sinem M. Die beiden sind verlobt und AkademikerInnen. Das Verwaltungsgericht Augsburg will sie in die Türkei abschieben.
Es ist mal wieder eine dieser skandalösen bayerischen Behördenentscheidungen.
Um was geht es genau?
Hier ihre Geschichte in Kurzform (Dokumente etc. liegen vor):
Die beiden Anfang 30-Jährigen waren in ihrer Schul- und Studienzeit in einem legalen(!) linken Verein namens Demokratik Haklar Federasyonu (DHF; deutsch: Föderation demokratischer Rechte) in der Türkei aktiv.
Die letzten Tage war ich im Urlaub. Auf der griechischen Insel Samos, die so nah an der Türkei liegt, dass ich meinen Aufenthaltsort währenddessen lieber nicht bekanntgegeben habe (besonders nach den neuerlichen Morddrohungen).
Doch bekanntlich ist auch das Private politisch.
Die Lage der Insel führt dazu, dass viele Menschen über die Türkei hierher, in die Europäische Union fliehen. 650 von ihnen leben unter unmenschlichen Bedingungen in einem Slum am Berghang über der Stadt Vathy*. Bei teilweise mehr als 40 Grad.
Im Hafen liegt ein Schiff der deutschen Küstenwache, an der ein großes Frontex-Logo hängt. Ein Symbol der EU-Struktur, die illegale und lebensgefährliche Pushbacks von Flüchtlingsbooten durchführt oder zumindest dabei zuschaut.
In Konya wurde heute eine siebenköpfige kurdische Familie ermordet! Es war die gleiche Familie, die bereits am 12. Juli von einem faschistischen Mob angegriffen wurde. Die damaligen Täter(!) wurden unter Polizeischutz gestellt, jetzt haben sie die Familie ermordet.
Mir fehlen die Worte. Was ist das nur für ein Land...
Am 12. Juli war die kurdische Familie mit den Worten "Wir werden euch hier nicht leben lassen" von einem faschistischen Mob angegriffen worden, die Täter unter Polizeischutz gestellt.
Ich habe wieder eine Morddrohung erhalten: "Köter abschlachtend komme ich. Europa kann euch nicht schützen. JITEM". Dazu Fotos von brutalst ermordeten Menschen, einer Waffe & einem türkischen Pass. Nachdem kürzlich eine Todesliste aufgedeckt wurde, wirklich nicht beruhigend.
Betroffen ist auch @civan_akbu. Von anderen habe ich noch keine Informationen. Bin aber auch gerade im Urlaub, was es nicht angenehmer macht.
Mit JITEM ist der frühere Geheimdienst der türk. Militärgendarmerie gemeint, der für tausende extralegale Hinrichtungen verantwortlich ist
Das Profil, von dem die Morddrohung kommt, nennt sich wieder Kod Adım Yeşil ("Mein Codename ist grün"), angelehnt an den JITEM-Mörder Mahmut Yıldırım, von dem unklar ist, ob er noch lebt. Bereits im Frühjahr hatte ich von einem gleichnamigen Profil Drohungen erhalten.
Ich wurde gerade vom Amtsgericht München zu 3150€ Strafe verurteilt (70 Tagessätze x 45€). Das ist viel Geld. Es ist das (vorläufige) Ende der ganzen politisch motivierten YPG-Verfahren gegen mich.
Ich wurde zwar verurteilt, trotzdem haben wir politisch gewonnen, weil wir im Dezember 2020 auch in Bayern das Zeigen von YPG/YPJ-Fahnen durchsetzen konnten. Die heutige Verurteilung war letzlich nur politisch motivierter Beifang der Staatsanwaltschaft, die sich so rächen wollte.
Sie hatte heute sogar 6500€ gefordert (130 Tagessätze x 50€). Damit wäre ich vorbestraft gewesen. Durchsetzen konnte sie sich zum Glück nicht. Es bleibt abzuwarten, ob sie in Berufung geht.
"Der Aktivist und Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger focht schon etliche Runden aus gegen Bayerns Justiz. Dabei ging es vor allem um die Symbole der YPG/YPJ, deren Zeigen seit 2017 unter Strafe gestellt wurde,
bis im Dezember letzten Jahres das Oberste Bayerische Landesgericht diesem Fahnenverbot ein Ende bereitete. Hunderte von Verfahren wurden daraufhin eingestellt, das Zähneknirschen des Innenministeriums ist nicht dokumentiert.