Massnahmen nützten nichts - sage ein wissenschaftliches Paper des National Bureau of Economic Research (NBER).
(Michael Bubendorf in der #srfarena von gestern)
Versuch einer Einordnung🧵(weil NBER und die Autoren glaubwürdig)
Spoiler: Genau das sagt das Papier nicht
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Das Papier listet 4 stilisierte Fakten zu den Todesraten in der ersten Welle (!) der Pandemie.
So wird beispielsweise ausgeführt, dass die Todesrate in allen Gebieten nach 20-30 Tagen nach Auftreten von 25 Todesfällen wieder nahe bei 0 sei
Aus den Fakten zu den Todesraten aus der 1. Welle schliessen die Autoren, dass der Nutzen von Massnahmen überschätzt werden könnte, falls diese Fakten ausgeblendet werden.
Eine quantitative Analyse (wieviel Massnahmen nützten) oder Wirkungsmechanismen fehlen allerdings
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Wie kann dieses Resultat zu interpretiert werden: 1) Massnahmen erklären nie den ganzen Verlauf der Pandemie 2) Verhaltensanpassungen der Menschen sind entscheidend 3) Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind nicht nur auf Massnahmen zurück zu führen.
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Etwas ausführlicher:
Auch ohne verordnete Massnahmen ändern Bevölkerung und Firmen ihr Verhalten teilweise stark, sie konsumieren und investieren weniger. Das senkt die Zahlen - und die wirtschaftliche Aktivität.
Zum Beispiel: Während der ersten Welle ist in Schweden, das auf einen Lockdown verzichtet hat, der Konsum um 25% eingebrochen, verglichen mit 29% in Dänemark.
Verhaltensanpassungen erklären oft mehr als 50%
(Rückgang Fälle und Wirtschaftseinbruch!)
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Daraus aber zu schliessen, dass Massnahmen die Pandemie nicht beeinflussen könnten, ist ziemlich abenteuerlich. Zahlreiche Studien in Nature und anderen Journals zeigen dies klar
(Ergänzungen aus der Epidemiologie hoch willkommen).
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Was die Studien aber in jedem Fall zeigen:
Die wirtschaftlichen Schäden werden nicht alleine durch die Massnahmen verursacht, sondern durch eine Kombination von Verhaltensanpassungen, externen Einflüssen (Lieferketten) und Massnahmen.
Die unterliegende Ursache: das Virus
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Interessanterweise sieht es einer der Autoren des NBER Papiers, Andrew Atkeson, nach einem Jahr differenzierter:
a) Die Epidemiologen hatten Recht, die Pandemie verschwindet nicht von alleine.
b) Massnahmen verhindern Todesfälle
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1. Zitat
The exercise suggests epidemiologists likely were correct early on when they forecast the pandemic “will not resolve until high proportions of the population have acquired immunity either through infection or vaccination,”
Without a vaccine or cure for the virus and without disease-control measures such as masking, social distancing, testing, and contact tracing, the model predicts deaths would have soared in the first six to nine months of the pandemic, cumulating to 1.5 million.
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Gute Wissenschaft differenziert und revidiert.
Was gestern in der #srfarena mit wissenschaftlicher Evidenz gemacht wurde, lässt nicht nur das Wissenschaftlerinnenherz bluten - es ist brandgefährlich.
12/12
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#thread zur Kosten-Nutzen-Rechnung der schweizerischen #Covid19 Strategie
Prof @pietrovernazza in heutiger @Sonntagszeitung: «Ich habe aber noch nie eine Kosten-Nutzen-Rechnung der aktuellen Strategie gesehen.»
Das hat Gründe (und ist so auch nicht ganz korrekt)
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In Medizin, Rechtsprechung und Ökonomie ist es nicht unüblich, Kosten-Nutzen-Analysen mit Menschenleben zu machen.
Etwas verkürzt: Der Wert einen Lebensjahrs (zBsp gemessen in #QALY (flexikon.doccheck.com/de/QALY)) wird Kosten gegenübergestellt (Medikamente, Schadenersatz…)
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Was auf der individuellen Ebene funktioniert (auch wenn es befremden mag), ist in einer gesamtwirtschaftlichen Situation sehr viel schwieriger.