Thread by @DerGraslutscher

Wart ihr auch voll der Hoffnung, als es neulich hieß, dass US-Forscher in einem Fusionsreaktor 70% der Energie gewonnen haben, die zum Betrieb notwendig ist?

"Forscher stehen an der Schwelle", schrieb @derspiegel

einer recht hohen Schwelle - Thread

spiegel.de/wissenschaft/t…

Ich meine 70 Prozent, das ist ja mehr als 50 Prozent und nur noch 30 Prozent von 100 Prozent entfernt! YEAH!! Vergesst Solarzellen und Windkraft, oder?

Eher oder: In den meisten dieser Artikel steht leider nicht, wie irreführend die 70 % ohne Kontext sind (sehr irreführend).

70% bedeutet in diesem Fall, dass ein Laser der National Ignition Facility bei San Francisco eine ganze Menge Energie auf ein paar Wasserstoffisotope abgefeuert hat und die Fusionsreaktion dieser Isotope dann wiederum 70% dieser Energiemenge generiert hat.

Problem: Damit ein Laser so einen Isotopen-Knubbel mit einer bestimmte Menge Energie beglücken kann, verbraucht er selbst deutlich mehr Energie. Physikerin Sabine Hossenfelder @skdh nimmt in ihrem Video selbst für moderne Laser die 10-fache Menge an.

Damit liegt die gewonnene Energiemenge verglichen mit der tatsächlich (!) verbrauchten also bei unter 10%. Damit nicht genug: Selbst wenn die 70% gestimmt hätten, so liegt diese gewonnen Energie erst mal in Form von Wärme vor. Damit aus der Wärme aber Strom wird, muss sie wie ...

... in jedem herkömmlichen Kraftwerk eine Turbine antreiben, wobei - ihr ahnt es - ein ordentlicher Teil der Energie verloren geht. Die modernsten europäischen Gaskraftwerke schaffen 62% Wirkungsgrad - von den 70% des Fusionsreaktors wären dann am Ende noch 43% übrig.

Zusammen mit dem Energieverlust des Lasers liegt der Energieertrag also tatsächlich eher bei <5% der eingesetzten Energie.
Ist die ganze Fusionsforschung also Unsinn? Würde ich nicht sagen, für eine saubere, beliebig skalierbare Energiequelle kann man ruhig mal etwas forschen.

Das Problem ist, dass solche Artikel den Eindruck erwecken, der technische Durchbruch stünde quasi unmittelbar bevor - das tut er leider nicht. Wir müssen unseren Energiehunger also erst mal ohne Fusionsreaktoren stillen, und das sehr schnell klimaneutral.

Wenn in 30 Jahren eine Lösung gefunden ist, können wir gerne alle Windkraftanlagen wieder abbauen und den ganzen Winter unter mit Fusionsstrom betriebenen Heizstrahlern im Freien verbringen, aber bis dahin müssen wir eine andere Lösung finden.