Viele Philosoph:innen aus der „analytischen“ Ecke der Philosophie argumentieren mit gegenwärtigen Autor:innen, weil sie implizit davon ausgehen, dass „gegenwärtig“ so viel bedeutet wie „state of the art“. Abgesichert wird diese steile These mit Peer-Review-Verfahren in Journals.
Was aber, wenn der Horizont der Gutachter:innen derselbe ist wie der der Autor:innen? Dann bewegt sich das gesamte Peer-Review in einer sich selbst verstärkenden Confirmation Bias. Beiträge über Philosoph:innen außerhalb des eigenen Paradigmas werden ausgeblendet.
Historische Positionen werden am eigenen Paradigma gemessen – und für irrelevant erachtet, wenn sie ihm nicht entsprechen. Man lädt nur noch die eigenen Leute ein und historisiert sie noch zu Lebzeiten mit Hunderttausenden „Standardwerken“ und Etikettierungen.
So schafft man sich eine immer hermetischer werdende Welt der Philosophie, eine Simulation, die man durch ständige Betonung ihrer angeblichen Wissenschaftlichkeit gegen Kritik zu immunisieren versucht. Eine philosophische Sekte, im Wortsinn, die auf alles eine Antwort hat: ihre.
Bei Berufungen reagiert man verständnislos auf Fragen, die nicht das eigene Paradigma bestätigen. In Qualifikationsschriften bestätigt man den eigenen ‚inner circle‘ in immer neuen Versionen. So vergrößert sich das 20. Jh. zu einem absurden Re-enactment „der Philosophie“.
Denn was „akademische Philosophie“ ist, wird bemessen an dem, was man selbst darunter versteht. Man strebt nach Monopolisierung und nach Durchsetzung der eigenen Weltanschauung mit allen verfügbaren Mitteln. Mit welchem Ziel?
Sich selbst als philosophisches Betriebssystem zu installieren? Eine philosophische Hegemonie zu errichten? Macht und Philosophie mit den Mitteln der Theoriepolitik, Hochschulpolitik und der PR und Propaganda durchzusetzen?
Macht eine absolute Philosophie Sinn? Oder hebt sie sich auf? Wie lässt sich die – erhebliche – Diskrepanz zwischen Innen- und Außenbeschreibung überbrücken? Wann hört Kritik auf und wann beginnt Polemik?
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Wer erklärt Frau Schneider, dass ihre libertäre Freiheitsauffassung (nicht: „Freiheit“) nicht nur regressiv und strukturell selbstwidersprüchlich ist („logisch absurd“), sondern auch – von Kallikles bis Rand – das ‚Recht des Stärkeren‘ legitimiert?
‚Freiheit‘ ist – wie ‚Wahrheit‘ – ein vieldeutiger Begriff. Das hat mit der Doppelfunktion der Negation zu tun: eine Negation bzw. Differenz kann „von … her“ und „von … weg“ ebenso ausdrücken wie „auf … hin“, „können von …“, „auf … zu“ oder „mehr als …“.
Als Prinzipienfigur wird sie in der Philosophie seit der Antike diskutiert – wer meint, einen ‚Liberalismus‘ zu vertreten, der sich auf den Begriff der ‚Freiheit‘ beruft, sollte diese Diskussion und ihre vielfältigen Freiheitsbegriffe kennen.
Lustig. Die „Déformation professionnelle“ heißt ja so, weil man sie aus der Innensicht nicht wahrnehmen kann. Mir wäre z. B. nie in den Sinn gekommen, „Prinzipienforschung“ so zu verstehen, dass man sich auf die Suche nach Prinzipien macht.
Vielleicht muss ich das kurz erklären: Die Philosophie setzt sich geradewegs aus prinzipiellen Überlegungen zusammen – positiven (die ein bestimmtes Prinzip oder mehrere behaupten) wie negativen (die prinzipiell feststellen, dass es kein Prinzip gibt).
Arché, Ursprung, das Sein, das Eine, das Verschiedene, das sich selbst denkende Denken, das Absolute, Gott, das transzendentale Ich, die Einbildungskraft, der Urgrund, das Unbewusste, das Atom, Energie, das Gefühl, das Unsagbare, der reine Akt, das sich Entziehende…
Philosophie im öffentlichen Diskurs sichtbarer zu machen, ist ein wichtiges Anliegen. Ich habe gestern den Vortrag von @romyjaster besucht, um herauszufinden, ob die Kritik, die ich als #publicphilosopher an der #publicphilosophy-Strategie der GAP übe, berechtigt ist. /1
Da ich gestern wegen einer Anschlussveranstaltung verhindert war, konnte ich meine Kritik dort nicht mehr anbringen. Warum aber sollte man #publicphilosophy nur an der Akademie diskutieren? Also hole ich hier ein paar Beobachtungen nach, die mir bemerkenswert erscheinen: /2
Das Erste, was mir aufgefallen ist, fand noch vor dem eigentlichen Vortrag statt: Man plauderte über gemeinsame Projekte, lobte einander in sehr positiven Formulierungen und verwies so konstant auf die guten Beziehungen, die man pflegt. Das wiederum war Anlass für die /3
1. Nimm niemals eine methodologische Haltung ein, die systematisch die Entdeckung einer bestimmten Tatsache verhindert, die sich als wahr erweisen könnte
2. Einer positiven Behauptung steht immer eine korrelierte negative zur Seite. Um etwas … zu charakterisieren, muss es von dem unterschieden werden, auf welches diese Charakterisierung nicht anwendbar ist.
3. Alles, was sinnvoll zum Gegenstand einer Erörterung gemacht werden kann, muss identifizierbar sein … es muss in einer Weise spezifiziert werden, die es von allem Übrigen unterscheidet.
So kann man es machen: sich auf Flasspöhler konzentrieren und Precht ignorieren. Das Negative betreffend ist das eine sachlich treffende Besprechung – aber sie gleitet dann doch allzu sehr ab, ohne die Punkte Flasspöhlers stark zu machen und sie erst dann zu kritisieren.
In der Tat ist der Vulgärnietzscheanismus ein Problem, das ist gut beobachtet; ebenso die wenig reflektierte privilegierte Position, aus der gesprochen wird. Gut auch, dass Gespräch und Buch verklammert werden und das provokante Juden vs. Täterautoren als billig entlarvt wird.
Darin liegt das eigentliche Ärgernis: Freud und Levinas so zu verhunzen und ihnen ein unterkomplexes und ungebrochenes Bild von Nietzsche entgegenzuhalten. Der Gedanke dahinter leuchtet ein – aber die Umsetzung ist grauenvoll. Als würde man ein Holzmodell, an dem man mehrere
Das ist eine Überlegung, die immer wieder an mich herangetragen wird: ich solle doch bitte meinen „Kommunikationsstil“ ändern, wenn ich wolle, dass meine „Anliegen“ freundlicher, produktiver, mit besserer „Resonanz“ aufgenommen werden sollen. Dazu einige klärende Worte: 🧵 ⬇️ /1
Schon das Wörtchen „Stil“ weist auf eine Wahrnehmung von Diskussion hin, die problematisch ist. „Stil“ ist ein ästhetischer Begriff – seine Beurteilung obliegt dem Geschmack. Diese Einordnung des WIE eines Diskussionsverhaltens ist grundsätzlich sekundär. Das hat damit zu tun, /2
dass wir die Operationen unseres Redehandelns meistens nur implizit wahrnehmen, wenn überhaupt. Wir konzentrieren uns auf den „Inhalt“ – oder auf das, was wir dafür halten. So sind dann auch die immer wieder vorgebrachten Forderungen zu verstehen, ich möge mich doch auf den /3