Erst über die Arbeitsbedingungen osteuropäischer Fleischarbeiter*innen beschweren, dann über höhere Preise für Billigfleisch beschweren, die natürlich nötig sind, um (u.a.) diese Arbeitsbedingungen zu verbessern, alles klar Twitter.
Um das etwas auszuführen:
Das momentane System zur Fleischerzeugung ist auf Ausbeutung aufgebaut: Der Natur, der Tiere und eben der Arbeiter*innen.
Wenn man das verändern will, kann 500 Gramm Hähnchen nicht 1,49€ kosten. Das ist nicht möglich.
Davor kann man, wie in den letzten Jahrzehnten mehrheitlich geschehen, die Augen verschließen. Man kann verschweigen, wie menschenunwürdig Arbeiter*innen dort untergebracht sind, wie widerwärtig Tiere dort “gehalten” werden und was übermäßiger Fleischkonsum mit der Erde macht.
Wenn man all das ignoriert, dann kann man sich jetzt hinstellen und diesen Vorstoß (wie jedes Mal davor auch) als wahlweise menschenfeindlich oder realitätsfern deklarieren.
Aber das ist entweder unehrlich oder nicht zu Ende gedacht.
Wenn man Fleisch nicht so produzieren würde, wie es momentan der Fall ist - nämlich durch Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt, dann wäre es bedeutend teurer. So ehrlich muss man sein. Und das würde arme Menschen bedeutend härter treffen als wohlhabende. Aber:
Die Lösung für dieses Problem kann doch nicht sein, am momentanen System festzuhalten und zu sagen “Menschenfeind, wer kein Billigfleisch mehr will”. Sondern:
Die Lösung muss doch sein, dass Menschen mit weniger Geld in die Lage versetzt werden, sich genau so selbstbestimmt zu ernähren (ob gut oder schlecht) wie Menschen mit mehr Geld. Dafür gibt es verschiedene Wege, aber über die will natürlich auch kaum jemand ehrlich sprechen.
(Den Klima- und Umweltaspekt lasse ich hier einmal absichtlich außen vor, aber wenn man aufhört, in Empörungszyklen von Veggie-Days bis zu Schnitzelverboten zu operieren, müsste man sich auch hier ehrlich machen und sagen: Wir müssen grundsätzlich weniger Fleisch essen, Punkt.)
(Aber, und das ist der springende Punkt: Das Ziel weniger Fleisch aus Klimagründen zu essen sollte man nicht zu allererst bei Menschen mit wenig Geld herbeiführen wollen und zwar aus mehreren Gründen, die hier den Platz sprengen würden.)
Aus CSU-Kreisen ist man ja nichts anderes gewöhnt, aber edgy Linkstwitter ist leider auch komplett verloren, wenn sie sich mal mit der Realität beschäftigen müssen.
Wie schön einfach das Leben sein muss, wenn man auf jedes politische Problem, das sich nicht ja oder nein beantworten lässt, einfach schreit „Du hasst Menschen“ und sich dann gut fühlt. Ganz stark.
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Ich würde zu diesem Austausch (kudos @Hoellenaufsicht, wie immer on point) gerne etwas sagen:
"Wie kann eine Journalistin nur so schlecht informiert sein?" steht oft über und unter diesem Tweet - das ist zwar eine naheliegende, aber von einer falschen Prämisse ausgehende Frage.
Denn natürlich ist niemand, die oder der im weitesten Sinne im Medienbetrieb arbeitet, derart uninformiert oder intellektuell nicht in der Lage, die Zusammenhänge zu verstehen. Es ist eine Strategie, wie sie auch von Berufslügnern bei Propagandasendern wie RT angewendet wird.
Nach der steilen These folgt der Einspruch und dann wird nach Belegen verlangt. Ob diese erbracht werden oder nicht, spielt für die weitere Argumentation keine Rolle (darum: sehr gut @Hoellenaufsicht, darauf nicht einzusteigen).
Das nächste Kapitel im FDP-Bestseller "Wie kommuniziere ich möglichst unehrlich zur Corona-Pandemie" - natürlich "LÖST" ein Lockdown das Problem der Pandemie nicht, aber er entlastet Gesundheitssystem + kritische Infrastruktur.
Mehrfach wurde nun bereits darauf hingewiesen, dass auch eine erfolgreiche Booster-Kampagne bei realistischen Impfzahlen mit der Omikron-Variante und 2G/3G nicht ausreichen wird. Die bestehende Impflücke ist viel zu groß dafür.
Wenn wir die absoluten Zahlen nicht nach unten bekommen, wird man sich früher oder später auch mit 70% verringerter Wahrscheinlichkeit anstecken.
Ich will aber noch etwas anderes sagen, denn selbst am Tag ihrer Buchveröffentlichung zeigt diese Frau uns allen, was das Wort "Haltung" überhaupt bedeutet.
Jasmina Kuhnke zeigt mittlerweile seit mehreren Jahren, was passiert, wenn man eben NICHT vor dem rechten Mob einknickt. Wenn man eben NICHT sagt "ach den Kampf kämpfe ich jetzt nicht", wenn man eben NICHT zurücksteckt - mit allen Konsequenzen.
Von Hass, Gewalt- und Morddrohungen über konkrete Gefahren für ihr Leben und daraufhin nötig gewordenen Umzügen bis zur Absage ihres heutigen Auftrittes auf der @Book_Fair, weil dort auch Rechtsradikale herumlaufen: Sie zeigt uns, was es heißt, den Weg zu Ende zu gehen.
Wirklich niemand darf auch nur von einem einzigen Aspekt Story um Reichelt und Döpfner überrascht oder schockiert sein und wirklich NIEMAND sollte denken, dass das irgendetwas beim Axel Springer Verlag ändern wird.
Matthias Döpfner ist ein gefährlicher Ideologe und weitaus gefährlicher als Julian Reichelt, weil er 1. nicht so plump agiert und 2. viel mehr Geld & Macht besitzt.
Reichelt sein ausführendes Organ. Döpfner wird ihn niemals entlassen, wenn er nicht muss.
Selbst WENN (und das ist ein großes wenn) Reichelt nun wegen dieses Skandals gehen müsste, wird Döpfner jemand anderen finden, der die Arbeit exakt in seinem Sinne fortsetzt. Das ganze Unternehmen ist mit Leuten wie Reichelt besetzt, die Kultur genau darauf ausgerichtet.
Die gleichen Leute, die uns die Korruptions- und Rassismusvorfälle des 27-jährigen MdBs Philipp Amthor als Jugendsünden verkaufen, spielen uns jetzt Empörung vor, weil @xsarahleee mit 13 (!) mal politisch inkorrekt geschimpft hat.
Und genau DAS ist Alltagssexismus und -rassismus
Wirklich, diese erbärmlichen Männeken, wenn sie es wenigstens cleverer anstellen oder besser verschleiern würden. Aber es ist einfach so offensichtlich und plump, wer kann und soll euch denn jemals ernst nehmen.
Aber es wirkt natürlich: Jede WoC überlegt sich zweimal und dreimal, ob sie sich in eine solche Öffentlichkeit begibt, die so offensichtlich mit zweierlei Maß misst. Und genau darum bin ich unendlich froh darüber, dass @xsarahleee genau da ist, wo sie ist.
Was ich nach wie vor seltsam am Diskurs auf twitter dot com finde: Dass Nuancen und Zwischentöne nicht nur fehlen, sondern dass ihr Fehlen sogar gefordert und gefördert wird.
Aktuell am Beispiel von Armin Laschet, aber man kann das an zahlreichen Themen runterbeten:
Naürlich finde ich so gut wie alles falsch, was Armin Laschet politisch vorhat. Ich bin der festen Überzeugung, dass er als Kanzler sehr schlecht für das Land wäre. Gleichzeitig komme ich nicht umhin, dass der Mensch hinter dem Politzirkus mir leid tut.
Ich weiß, Mitleid ist nichts, was man in diesem Geschäft brauchen kann, aber ich persönlich empfinde keinerlei Freude daran, zu beobachten, was mit diesem Mann in den letzten Wochen passiert ist. Ähnlich ging es mir bei Nahles, bei Schulz, bei Steinbrück u.v.a.