Was ich nach wie vor seltsam am Diskurs auf twitter dot com finde: Dass Nuancen und Zwischentöne nicht nur fehlen, sondern dass ihr Fehlen sogar gefordert und gefördert wird.
Aktuell am Beispiel von Armin Laschet, aber man kann das an zahlreichen Themen runterbeten:
Naürlich finde ich so gut wie alles falsch, was Armin Laschet politisch vorhat. Ich bin der festen Überzeugung, dass er als Kanzler sehr schlecht für das Land wäre. Gleichzeitig komme ich nicht umhin, dass der Mensch hinter dem Politzirkus mir leid tut.
Ich weiß, Mitleid ist nichts, was man in diesem Geschäft brauchen kann, aber ich persönlich empfinde keinerlei Freude daran, zu beobachten, was mit diesem Mann in den letzten Wochen passiert ist. Ähnlich ging es mir bei Nahles, bei Schulz, bei Steinbrück u.v.a.
Natürlich weiß jede*r, worauf sie oder er sich einlässt, sobald man den politischen Ring betritt und ich gehe mit fast aller inhaltlicher Kritik mit, aber das regelrechte Zelebrieren von Häme, das tut uns glaube ich im Ganzen nicht gut.
(Und ja, da schließe ich mich v.a. in Wahlkampfzeiten auch teilweise mit ein, was auch ein Grund dafür ist, mal kurz ein paar Wochen etwas weniger aktiv zu sein und zu überlegen, wie man eigentlich mit einer Plattform von 19.000+ Menschen in dieses Internet reinrufen will)
Weg von Laschet: Warum muss Tesla entweder das geilste Unternehmen der Welt und Elon Musk der Gottkönig sein ODER der personifizierte Belzebub, der die Welt in den Untergang treibt?
Warum nicht beides sehen: Ein Genie, zugegebenermaßen sehr nah an der Schwelle des Wahnsinns, das z.B. für Elektromobilität nie geglaubte Quantensprünge herbeigeführt hat, dabei aber weder Rücksicht auf Menschen noch Natur nimmt?
Biontech-Gründer*innen: Entweder skrupellose Kapitalistenschweine oder nicht zu kritisierende Messiase.
Warum können wir nicht anerkennen, was diese Menschen Unglaubliches geleistet haben und trotzdem darüber sprechen, ob man z.B. irgendwann diese Patente freigeben kann?
Warum sollen sie entweder auf 5 Milliarden Euro (aus der Luft gegriffen) Gewinn sitzen bleiben oder alles abgeben müssen, weil ihnen staatliche Garantien gegeben wurden?
Warum sprechen wir so selten über den Mittelweg?
Es wird doch wohl eine Summe zwischen 0 und 5 Milliarden geben, die Unternehmer*innen nicht davon abhält, Innovationen zu realisieren und gleichzeitig fair(er) der Gesellschaft gegenüber ist?
Mir ist natürlich klar, warum das passiert: Polarisierung bringt Aufmerksamkeit (Grüße an die Herren Merz, Ploß, Kuban), aber ich habe den Eindruck, dass es quasi unmöglich ist, öffentlich ein tiefergehendes Gespräch zu führen.
Jede Aussage wird sofort absichtlich missverstanden und auf diesem Missverständnis argumentativ aufgebaut, jeder Videoschnipsel so verkürzt, dass er gerade noch keine Lüge ist, das Gegenüber aber maximal schlecht dastehen lässt. Wo soll das hinführen?
Am Ende werden Politiker*innen mehr und mehr wie Fußballprofis in Interviews sprechen: Immer die gleichen inhaltsleeren Phrasen, um möglichst wenig Kanten und Angriffsfläche zu bieten.
Man konnte das im Wahlkampf relativ deutlich bei Olaf Scholz beobachten, der auf fast keine Frage mehr eine klare Antwort geben wollte - Klimaschutz super, aber nichts wird sich dafür ändern, nichts wird teurer, niemand wird vor den Kopf gestoßen, hier gibt es nichts zu sehen.
Insofern ist momentan für mich vor allem bemerkenswert, wie die FDP kommuniziert - für sie war die verfälschende Zuspitzung (Innovation vs. Verbote usw.) eine Schlüsselkomponente im Wahlkampf, von der sie für den Moment komplett abgelassen hat.
Bei aller inhaltlichen Kritik an der Partei: Das ist, worauf es mMn nach dem Wahlkampf ankommt. Denn Gegensätze rausstellen und Mauern bauen ist einfach, aber Gemeinsamkeiten finden und eben Brücken bauen schwer.
(Natürlich: Nichts vom oben Geschriebenen gilt für die Rechtsradikalen von AfD und Co. Demokrat*innen müssen miteinander sprechen und den Laden am Laufen halten, für Antidemokrat*innen gilt das nicht. Man redet nicht mit denen über Hausbau, die das Haus anzünden wollen.) /Ende
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Was für eine bizarre Pressekonferenz von Armin #Laschet. Er verkündet seinen Rückzug, wird also vollends zur Lame Duck, aber die Union soll trotzdem weiter für Jamaikaverhandlungen offen bleiben? Wer solte die führen? Wer sollte dann Kanzler werden?
Ich frage mich wirklich aufrichtig: Wer heckt solche strategischen Geniestreiche aus? Wer sitzt da am Tisch und sagt: „Ja, so machen wir es, das ist der beste Weg nach vorne!“ Wer rät Armin Laschet als PV, der alles verloren hat, den Prozess für seine Nachfolge zu „moderieren“?
Selbst WENN (und das ist nahe an der Unmöglichkeit, denn Lindner liebt Laschet buchstäblich) FDP und Grüne jetzt sagten „Ok CDU, mit einem neuen PV machen wir es“ - wie wäre der legitimiert, wenn er sich gar nicht zur Wahl gestellt hat? Und wie sollte die CSU das mittragen?
1. Die jetzige Verkürzung durch die SPD ist die am wenigsten wohlwollende Interpretation
2. Laschet trägt dafür zumindest Mitverantwortung, hätte man verhindern können
3. Die Union bekommt gerade ihre eigene Medizin zu schmecken:
„Knapper Wohnraum darf nicht so stark zersiedeln“ GRÜNE HÄUSERHASSER
„Übermäßiger Fleischkonsum ...“ SIE WOLLEN UNSER SCHNITZEL VERBIETEN
„Verkehrswende...“ DEINDUSTRIALISIERUNG
„Wohnraum muss bezahlbar sein“ SOZIALISMUS
Monatelang diesen Stil der maximalen Skandalisierung und Verkürzung an der Grenze zur Lüge kultivieren und sich nun beschweren, wenn er sich etabliert hat? Als ob Gennaro Gattuso Fair Play anmahnt, haha
Wie Franziska #Giffey eine Koalition mit CDU und FDP für Berlin vorbereitet und warum das verhindert werden muss. Glaubt ihr nicht? Thread.
1. Wir steigen direkt ein mit ihrem Wahlkampfschlager: Abschiebung in Kriegsgebiete; könnte von den erzkonservativen Teilen der CDU kommen, ist aber nun anscheinend sozialdemokratische Position (bzw. war es bis AFG-Abzug).
2. Giffey zieht eine „rote Linie“ beim Thema Enteignung und verunmöglicht damit quasi eine Koalition mit der Linkspartei, die sich dieses Thema seit Jahren auf die Fahne schreibt und u.a. sehr involviert beim Volksentscheid @dwenteignen ist.
Mittlerweile haben die reaktionären Kräfte einfach vollends die Kontrolle verloren:
“Taliban” wegen Lastenrädern, “Stasi” wegen einer digitalen Meldeplattform für Steuerbetrug, “Woko Haram” weil sich Menschen gegen Rassismus auflehnen, “Geiselhaft” wegen eines Bahnstreiks.
Der viel beschworene Riss durch die Gesellschaft, er wird durch diese sprachlichen Entgleisungen und nicht etwa durch ein lächerliches Gendersternchen vertieft.
Und das Schäbigste daran: Es passiert mit voller Absicht, um die Kräfte des gesellschaftlichen Stillstands zu mobilisieren, um den Status Quo zu zementieren.
Situation: Flughafen Kabul wird von der US-Armee offen gehalten, damit Menschen aus Afghanistan geflogen werden können. Die Bundeswehr wäre alleine nicht dazu im Stande. Die Forderung nach bewaffneten Drohnen wird wieder laut; hier von der Wehrbeauftragten Eva Högl (SPD).
Auch die CSU-Landesgruppe lässt sich diese Gelegenheit nicht entgehen, ihr seit langer Zeit verfolgtes politisches Ziel wieder auf die Agenda zu heben.
Ich will eine kurze Geschichte über @Bettina_Jarasch erzählen und warum ich in den nächsten vier Wochen alles in meinen Möglichkeiten Stehende dazu beitragen werde, dass diese Frau die Regierende Bürgermeisterin von Berlin wird.
Vergangenes Jahr, lange vor Nominierungen und Wahlkampf, suchten wir relativ verzweifelt nach Möglichkeiten, den Menschen in Moria zu helfen. Ich hatte eine Idee und rief den wunderbaren @SE_Weise an, der mir empfahl, mich beim Büro von Bettina Jarasch zu melden. Gesagt, getan.
Ihr Büro gab mir ihre Handynummer, ich rief an. Sie eilte gerade von einem Termin zu einer AGH-Sitzung & warf mir nach kurzer Erklärung im Stakkato ihre Einschätzung zu - präzise, fachkundig, auf den Punkt. Ihre Sitzung began, sie entschuldigte sich für die Kürze und legte auf -