Weil Ihr Euch in der Steuersache Sigi #Wolf alle fragt, wie es überhaupt zu einer Reduktion der Steuerschuld von veranschlagten elf Millionen auf sieben Millionen gekommen ist. Eine Rekonstruktion, die ehrlicherweise mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet. Thread
Rückblick: 2012 hatte ein Sachbearbeiter des Finanzamts Wiener Neustadt festgestellt, dass Sigi Wolf aufgrund einer Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz zwischen 2006 und 2011 rund elf Millionen Euro zu wenig an Einkommenssteuern bezahlt hatte. 2/
Man muss hier festhalten, dass diese Änderungen nicht nur die Steuerberater von Wolf, sondern auch das Finanzamt offenbar übersehen hatten. Das Finanzamt jedenfalls hatte eben bis 2011 die Steuererklärung Wolfs akzeptiert. 3/
Bis eben jener Sachbearbeiter 2012 aufschreit. Dass eine Prüfung eine Nachforderung ergibt, ist übrigens nichts ungewöhnliches, sondern eine Art Sicherheitsnetz. Es geht immerhin um Steuergeld. 4/
Der ganze Fall wird aufgerollt. Ein jahrelanges Aktenstudium folgt. Ab 2016 wird klar, dass Wolf eine hohe Summe nachbezahlen wird müssen. Will dieser aber offenbar nicht. 5/
Aus Akten der WKStA geht hervor, dass die Steuerberater von Wolf deshalb im Juni 2016 den im BMF zuständigen Sektionschef kontaktieren. Ein No-go unter Steuerberatern. Aber was soll’s. Schon zuvor hatten die Steuerberater es offenbar bei Thomas Schmid versucht. 6/
Schmid hatte die Steuerberater Wolfs offenbar auch empfangen. Bei sich im Büro im Finanzministerium. Das war laut WKStA im März 2016. Ein Privatissimum beim Kabinettschef und Generalsekretär in der Johannesgasse! Doch die Vorschläge der Steuerberater taugen nichts. 7/
“Skizze von Wolf hilft nichts?” fragt Schmid einen seiner Mitarbeiter. Antwort des Mitarbeiters: “Nicht brauchbar”. Es wird, soviel darf ich verraten, nicht letzte “Skizze” sein. 8/
Schmid ist sauer. Er will laut den Chats, dass die Steuerberater Wolfs gemeinsam mit dem zuständigen Finanzamt eine “Stellungnahme zusammenbringen”. Wurden da mutmaßlich Steuerberater aufgefordert, bei einem behördlichen Bescheid mitzuschreiben? 9/
Zu diesem Zeitpunkt jedenfalls haben - offenbar wegen der harschen Interventionen - die Beamten des Finanzministeriums mit der “Korruptionsstaatsanwaltschaft” gedroht. 10/
Denn die mutmaßliche Kungelei zwischen Schmid/Wolf/Schelling hat einen Haken: Die Beamten im Finanzministerium, die solche Deals (dafür gibt es ja eigentlich Regeln) absegnen müssen, sträuben sich mit Verweis auf das Gesetz. 11/
Schmid schreibt deshalb an den damaligen Finanzminister Schelling: ”Uns bliebe dann noch der direkte Eingriff”

Was genau er damit meinte? I don’t know. 12/
Eine offenbar anberaumte Schlussbesprechung am 15. Juli 2016, wie sie die Bundesabgabenordnung, also die gesetzliche Säule hinter der ganzen Sache, vorsieht, wird jedenfalls auf Betreiben von Schmid verschoben. 13/
Man will offenbar Zeit kaufen. Denn Schmid und Wolf bei ihrem Ansinnen nicht nur die Fachbeamten im Finanzamt, sondern auch die Sachbearbeiter im zuständigen Finanzamt in Wiener Neustadt gegen sich. 14/
Auch letztere wollen sich nämlich offenbar der Rechtsauslegung der sogenannten Großbetriebsprüfung des BMF anschließen. Und diese würde besagen, dass Wolf die volle Summe bezahlen muss. 15/
Schmid will laut Chats versuchen, “neue Wege zu definieren”. Finanzminister Schelling will laut Chats einen “proaktiven Kompromiss.” 16/
Schmid setzt offenbar seinen Kabinettsmitarbeiter auf die Sache an. “K. hat mit allen akteuren noch einmal gesprochen damit das ein Ende nimmt”, schreibt er an Wolf am 29.10.2016. Wolf hatte da schon darauf hingewiesen, auch für “euch mit allen mitteln” zu kämpfen. 17/
Ich lass das hier stehen. 18/
Das Ende, von dem Schmid geschrieben hat, es kommt: Am 31. Oktober beschließt die Schlussbesprechung eine Neuberechnung der Steuerschuld des Sigi Wolf. 75 Prozent der Schweizer Einkünfte sollen besteuert werden. Der Kompromiss folgt dem Vorschlag von Wolfs Steuerberatern. 19/
Damit die Sache auch jedenfalls durchgeht, telefonieren diese noch nach dem 16.11. 2016 mit Schmid. Das legen zumindest Nachrichten von Wolf an Schmid nahe: Es dürfe der Bescheid vor dem Telefonat „nichts ausgestellt werden damit wir es auch steuern koennen“. 20/
Was er damit gemeint hat? Auch hier kann man nur spekulieren. 21/
Ebenso darüber, wie und warum die Beamten im Finanzministerium ihre eigentlich festgelegte Meinung änderten und dem Steuernachlass letztlich zustimmen. 22/
Am 13. und 14. Dezember 2016 erlässt jedenfalls das Finanzamt in Wiener Neustadt Bescheide über die Festsetzung von Einkommenssteuern für die Jahre 2006 bis inklusive 2011. Die Summe: Eine Nachforderung von 7.093.332,17 Euro und Anspruchszinsen in Höhe von 686.736, 44 Euro. 23/
Sigi Wolf hat sich mutmaßlich durchgesetzt.
Nur, dass er sich damit offenbar nicht zufrieden gibt. 👇👇👇

24/
Sigi Wolf und Thomas Schmid wollten sich dazu auf Anfrage nicht äußern. Das BMF verweist auf Datenschutz. Hans Jörg Schelling erklärte, es habe damals zwei unterschiedliche Rechtsmeinungen zu dem Fall gegeben, er habe Schmid nur gebeten, den Fall zu klären.
Es gilt die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten.

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27 Dec 21
Ein kleines Schmankerl in der Causa Sigi #Wolf. Steuerafficionados (und alle Steuerzahler), here weg go.

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21 Dec 21
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