Sich einzugestehen dass man ein emotional vernachlässigtes Kind war ist gar nicht so einfach. Aber ich kann die ganzen Spätfolgen im Erwachsenenalter alle ankreuzen mit Ausnahme der Suchterkrankungen. Ich trinke ja nicht einmal Kaffee 😅
Meine Therapeutin findet das ziemlich außergewöhnlich, denn Menschen die so aufwachsen wie ich, suchen meist irgendwann im Laufe ihres Lebens wohl negative Lösungswege wie Alkohol und Drogen.
Meine Eltern habe ich mit der Tatsache noch nicht konfrontiert, da ich mir schon denken kann was als Reaktion kommt. Lieblingsspruch meiner Mutter: "Das ist ja gar nicht wahr"
In den Augen meiner Eltern bin ich eine sehr undankbare, respektlose und unmögliche Tochter.
Das haben sie mir oft genug an den Kopf geworfen. Dass mein Verhalten aber Spätfolgen schwerer Kindheitstraumata usw sind würde ihnen nie in den Sinn kommen. Ich überlege seit längerem ihnen einen Brief zu schreiben, in den ich das alles packe. Persönlich mag ich nicht darüber
reden, weil es ohnehin nur wieder dazu führt, dass ich einen Satz weit komme, den man abstreitet und danach keine Chance, Lust und Kraft habe weiter zu reden. Einen Brief können sie entweder lesen oder bleiben lassen, aber das ist dann ihre Entscheidung.
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Bestimmte Sätze die Patient/innen zu mir gesagt haben vergesse ich nie.
Diesd drei haben einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen.
1. Luise 7 Jahre
Als sie im Sterben lag und nicht mehr sprechen konnte, durfte Mama nicht auf Fragen von mir antworten denn Luise hatte ein
Geschenk für mich. Es war kurz vor Weihnachten und Luise hat mir Plätzchen mit meinem Namen gebacken. Diese wollte sie mir erst schenken bevor wir über sie sprechen. Kein Plätzchen dieser Welt kann jemals besser schmecken als diese 💜 treibt mir heute noch die Tränen in die Augen
dass Luise für mich gebacken hat wo sie kaum noch zu etwas in der Lage war und jede einzelne Bewegung unglaubliche Schmerzen verursacht hat. 💜
(Auch nonverbale Kommunikation ist Kommunikation)
2. Max, 12 Jahre
Es ist Sommer und unendlich heiß in den Zimmern. Max klingelt zum
Jahrelang war Fosfomycin bei den Kinderchirurgen im Haus immer Antibiotika Nr 1. Wann immer eines unserer Kinder operiert wurde gab's eine Dosis iv als Prophylaxe.
Sehr beliebt war es bei uns examinierten das die Auszubildende aufziehen zu lassen. Warum?
Ganz einfach weil sich beim auflösen des Pulvers eine chemische Reaktion stattfindet und sich die Flüssigkeit merklich erwärmt. Es gab so manche Auszubildende/n die die Flasche erschrocken hat fallen lassen 😅
Ein bisschen Spaß muss sein 🙃
Als jedoch das Unglück in Fukushima war, gab es dieses Antibiotika für rund zwei Jahre nicht mehr, da die einzige Produktionsstelle genau im Unglücksgebiet lag.
Auch nach über einem Jahr hatten unsere Kinderchirurgen dieses Memo nicht bekommen und wir mussten jedes Mal wieder
Hawi ist 16 Jahre alt und kommt aus dem Sudan. Seine Eltern und er sind extra nach Deutschland gereist, damit er bei uns behandelt werden kann. Sein Vater arbeitet im gehobenen Dienst, der Familie geht es
also finanziell gut. Sie waren zuvor schon in Kairo erzählen sie mir. Dort habe man Hawi schon einmal mit Chemotherapie behandelt, weswegen Hawi auch bereits eine Glatze hat. Alle drei sprechen sehr gutes Englisch, Kommunikation ist also kein Problem. Doch auf meine Frage, was
für ein Tumor Hawi hat weiß keiner so Recht eine Antwort. Das habe man ihnen in Kairo nicht gesagt. Keiner hätte sich Zeit genommen mit ihnen zu reden. Nur dass es ein großer Tumor im Bauch sei. Man habe Hawi operiert, konnte aber nicht alles entfernen.
Uns allen kommt die ganze
Heute ist einer dieser Tage, an denen es einem schon zu Dienstbeginn schwer ums Herz wird. Kurz vor meinem Dienstbeginn ist Merle gestorben. Sie wurde nur 8 Jahre alt. Sie hatte eine Leukämie.
Bei der Übergabe stellt sich die Frage, wer sich um Merle und ihre Eltern kümmert. Ich melde mich, ich habe Merle dir ganze Zeit ihrer Therapie versorgt und ich würde sie auch heute Nachmittag ein letztes Mal versorgen.
Nach der Übergabe, als ich alle meine Kurven durchgeschaut habe, gehe ich leise in das Zimmer in dem Merle im Bett liegt, die weinenden Eltern daneben sitzend. Merle sieht sehr friedlich aus. Als ob sie schlafen würde. Ihre Eltern blicken zu mir auf, als sie mich sehen und ich
Jeder der zur Zeit in einem medizinischen Beruf arbeitet (vollkommen egal ob Arzt, Pflege, MFA, RTA, Labor usw) geht auf dem Zahnfleisch. Das ganze System steht vor dem Kollaps. Bei vielen dauert es nicht mehr lange, bis sie an dem
Punkt angelangt sind, dass sie arbeitsunfähig sind.
Was keiner sieht und sind wir ehrlich auch die meisten gar nicht wissen wollen, ist was das nicht nur mit uns, sondern auch mit unseren Familien macht. Viele von uns kommen nach Hause und fallen nur noch auf Sofa oder Bett.
Keine Kraft mehr, keine Nerven mehr. Man ist Abgrundtief erschöpft, maximal reizbar. Keine Kraft zB mit den eigenen Kindern zu spielen, basteln, was vorlesen. Unsere Kinder müssen zur Zeit unfassbar einstecken. Eltern die nicht nur nicht mehr die Kraft haben mit ihnen zu spielen,
Ioanna kommt zur Behandlung zu uns. Sie und ihre Mama leben in Athen. Ioanna ist 9 Jahre alt und hat eine Leukämie. Zum Glück keine Hochrisiko Leukämie, ihre Chancen stehen sehr gut. Ioannas Mutter
spricht sehr gut Englisch, so dass Kommunikation kein Problem ist.
An einem Nachmittag unterhalte ich mich lange mit Ioannas Mutter. Sie erzählt mir, wie es in Athen im Krankenhaus ist und wie gut es im Gegensatz hier in Deutschland sei.
In Athen würden die Schwestern sich nur
um Dinge wie Infusionen kümmern. Sie würden nicht Patienten waschen, keine Betten beziehen, helfen nicht beim Essen oder anderen Dingen. Wenn man niemanden hat (Familie oder Freunde) die kommen und einen waschen, liege man eben im Dreck. Denn das Pflegepersonal ist so knapp