Die Energiezukunft könnte stinken. Und das wäre möglicherweise eine gute Sache. Ein paar Zeilen über Ammoniak und wie er helfen könnte, grüne Energie zu speichern. (Thread)
Es ist ein vieldiskutiertes Thema: Wenn wir auf Photovoltaik und Wind setzen wollen, dann brauchen wir auch Möglichkeiten der Energiespeicherung, um Schwankungen auszugleichen. Eine solche Möglichkeit ist Power to Gas.
Die Idee ist einfach: Elektrische Energie, die gerade nicht gebraucht wird (z.B. von großen Offshore-Windanlagen, wenn der Wind besonders stark ist) wird verwendet, um Gas mit hohem Energiegehalt herzustellen, das dann später z.B. verbrannt wird, um wieder Strom zu erzeugen.
Aus Strom wird also wieder Strom - aber zu dem Zeitpunkt, den wir uns aussuchen. Das kann natürlich nicht mit 100% Effizienz gelingen, wäre aber trotzdem ein ganz wichtiger Schritt für Alternativenergie und Dekarbonisierung. Die Frage ist: Welches Gas will man produzieren?
1. Möglichkeit: Wasserstoff. Man nutzt die elektrische Energie, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Den Wasserstoff speichert man, um ihn später zu verbrennen. Problem: Wasserstoff-Speicherung ist schwierig.
H2-Moleküle sind so klein, dass sie aus fast jedem Behälter irgendwann entweichen. Außerdem werden Stahlbehälter von Wasserstoff angegriffen. Auch die Energiedichte (Energie pro Volumen) von Wasserstoffgas ist nicht besonders gut.
Andere Möglichkeit: Methan. Man kann den Wasserstoff mit Hilfe von CO2 zu Methan (CH4) weiterverarbeiten. Gut daran: Das verwenden wir heute schon, unter dem Namen "Erdgas". Die Technologie für Methan-Nutzung ist längst da.
ABER ...
Methan ist auch ein übles Treibhausgas, schlimmer als CO2. Wenn also ein bisschen Methan verlorengeht, schädigt das unser Klima sehr stark. Und ein bisschen was geht immer verloren. Mehr dazu hier: futurezone.at/meinung/erdgas…
Man kann aus dem Wasserstoff statt Methan aber auch Ammoniak machen: NH3. Da ist nun überhaupt kein Kohlenstoff mehr im Spiel, das N - Stickstoff - ist der Hauptbestandteil der Luft, also überall verfügbar. NH3 stinkt ziemlich übel, ist aber speicherbar und transportabel.
Ammoniak spielt schon heute eine riesengroße Rolle - als Dünger. Er wird heute aber mit Wasserstoff hergestellt, der aus Erdgas gewonnen wurde. Nicht gut. Daran sollten wir also ohnehin arbeiten. Ammoniak-Herstellung ist derzeit ein großes Klimaproblem.
Da wäre es also doppelt schön, eine "Ammoniak-Industrie" aufzubauen, in der NH3 mit grünem Strom produziert und gleichzeitig auch als Energiespeicher verwendet wird. Das ist schwierig, aber es erscheint zumindest nicht unmöglich.
Das Problem liegt darin, passende Verfahren zu finden, die schnell und effizient genug sind, um grünen Ammoniak wirtschaftlich konkurrenzfähig zu machen. Aber es gibt spannende Projekte:
In Dänemark und Australien werden Anlagen errichtet. Auch in Chile gibt es Pläne. worldfertilizer.com/environment/24…
science.org/content/articl…
Ob das wirklich die Zukunft ist, weiß ich nicht. Aber das Konzept finde ich hochinteressant. Gut zu wissen ist: Es gibt Leute mit guten Ideen, die gerade spannende neue Konzepte ausprobieren. Probleme lösen wir nur mit Forschung. Weiter so!

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16 Jan
"Die sind doch von Pfizer und Bill Gates bezahlt!" Man hat das schon so oft gehört, dass man sich die volle Niedertracht dieses Vorwurfs kaum noch bewusst macht. Ein Rant über das vielleicht dümmste Argument von allen. (Thread) puls24.at/news/politik/v…
Der Vorwurf, der damit vorgebracht wird, geht sehr tief. Die These ist: Menschen, die Tag für Tag an einer Sache forschen, werden mit Geld dazu gebracht, das Gegenteil von dem zu behaupten, was ihre Forschung eigentlich ergeben hat. Wie kann man das glauben?
Erstens muss man sich fragen: Welches Menschenbild hat jemand, der so etwas für möglich hält? Wie steht es um die Moral von Leuten, die derartige Morallosigkeit für völlig realistisch halten? Zweitens beweist es ein peinliches Unverständnis wissenschaftlicher Praxis.
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14 Jan
Viel wurde gestritten, ob es tatsächlich eine Corona-Übersterblichkeit gibt. Das war immer schon lächerlich, weil die Übersterblichkeit wochenweise während großer Wellen offensichtlich war. Jetzt sieht man sie aber auch in Ganzjahreszahlen: 5,7% mehr Tote in Österreich 2021.
Ob es, wenn man ein ganzes Jahr betrachtet, eine Übersterblichkeit gibt, ist tatsächlich nicht so leicht zu sehen. Man muss schließlich berücksichtigen, dass sich die Altersverteilung der Bevölkerung ändert: Steigt der Anteil alter Leute, wird auch die Sterbezahl steigen.
Die Statistik Austria hat aber nun die Sterbezahlen mit Prognosen verglichen, in denen die Alterung mitberücksichtigt wurde. Und die Zahl der Sterbefälle liegt deutlich über dem, was ohne Corona zu erwarten gewesen wäre. Sie passt sehr gut zur offiziellen Zahl der Corona-Toten.
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7 Jan
"Die Inflationsrate ist im vergangenen Dezember um 4.3% höher gewesen als 2020" höre ich in den Abendnachrichten. Nein, die Inflation betrug 4.3%, die Preise waren um 4.3% höher. Das ist etwas völlig anderes. So etwas ärgert mich. (Thread)
Klar macht jeder mal Fehler. Aber ich verstehe nicht, warum so oft Ungenauigkeiten passieren, sobald es um Zahlen geht. Niemand im Journalismus würde Kanada zu Lateinamerika zählen. Das Verwechseln einer Zahl mit ihrer zeitlichen Änderung ist mindestens so ein schwerer Fehler.
Man muss hier vorsichtig sein. Wenn wir uns alle gemeinsam angewöhnen, dass das nicht so schlimm ist, und man ja trotzdem irgendwie weiß, was gemeint ist, dann dürfen wir uns auch nicht über Impfgegner-Fake-News wundern, die passieren nämlich oft genau nach diesem Muster.
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27 Dec 21
Erschreckend viele Klicks bekommt derzeit eine Pressekonferenz über COVID von Andreas Sönnichsen und der FPÖ. Die Aussagen darin sind nicht nur irreführend, es werden sogar mehrere Irreführungen ineinander verschachtelt. Es ist interessant, sich das näher anzusehen (Thread)
Das Originalvideo will ich hier nicht verlinken, man findet es aber leicht auf Youtube. Sönnichsen argumentiert darin gegen die Impfung, weil die in manchen Fällen Myokarditis (Herzmuskelentzündung) auslösen kann. Er bezieht sich dabei auf ein Paper aus nature medicine.
Interessant: Das Paper (nature.com/articles/s4159…) sagt das Gegenteil von dem aus, was Sönnichsen behauptet. Das Myokarditis-Risiko ist nach der Impfung deutlich GERINGER als nach einer COVID-Infektion. Das bestreitet auch Sönnichsen nicht (!). Aber er verdreht das einfach.
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17 Dec 21
Interessante vorläufige Ergebnisse: Der Booster-Shot sorgt möglicherweise dafür, dass die Antikörper-Antwort des Immunsystems deutlich verändert wird: Es werden nicht nur mehr Antikörper produziert, sondern auch bessere, die deutlich stärker gegen Omikron wirken.
In den Graphiken wird die Immunreaktion auf das ursprüngliche Virus mit Reaktion auf Delta Variante (links) und die Omikron-Variante (rechts) verglichen. Natürlich hängt das zusammen: Wer starke Immunität gegen den Wildtyp hat, hat tendenziell mehr Immunität gegen Delta&Omikron.
Wäre bei allen Leuten die Immunität gegen Delta bzw. Omikron genauso stark wie gegen den Wildtyp, wären alle Punkte auf einer 45-Grad-Linie: Der Wert auf der x-Achse (Immunität gg. Wildtyp) wäre so groß wie der Wert auf y-Achse (Immunität gg. Delta bzw. Omikron).
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14 Dec 21
Das James Webb Weltraumteleskop startet! Einer der Gründe, warum es sich um ein atemberaubend verrücktes Projekt handelt: Das Teleskop wird NICHT die Erde umkreisen. Es wird im sogenannten "Lagrangepunkt L2" geparkt.
Ein Thread über eine himmelsmechanische Besonderheit.
Wir Menschen haben ziemlich viel Erfahrung darin, Objekte im Erdorbit unterzubringen. Wettersatelliten etwa, die ISS oder auch das gute alte Hubble-Weltraumteleskop. Wenn man damit den Himmel fotografieren möchte, hat man aber ein Problem: Oft sind Sonne, Erde oder Mond im Weg.
Wenn man weit entfernte, schwach leuchtende Objekte abbilden möchte, ist es natürlich schlecht, wenn sie von Sonne, Erde oder Mond überstrahlt werden. Für das Webb-Teleskop hat man sich daher etwas anderes überlegt: Es kreist nicht um die Erde, sondern um die Sonne.
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