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Mar 14 25 tweets 4 min read
Was mir missfällt ist, dass Putin noch immer das Heft des Handelns in der Hand hält, und der Westen nur reagiert und zu berechenbar ist, und es Putin erlaubt, neue Pläne zu schmieden und uns zu überraschen.
Eigentlich sollten der Westen mit seiner wirtschaftlichen Übermacht Putin überraschen und Drohkullissen rund um die Sowjetunion aufbauen und ihn ständig überraschen, und außerdem seine Einflussagenten im Westen, die Oligarchen festsetzen, ...
...und gegen Putins nützliche Idioten wie Gerhard Schröder ermitteln, wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Landesverrat, Beihilfe zu einem Angriffskrieg oder irgend so etwas und auch deren Gelder erst mal einfrieren. Der Westen ist voll von Leuten, ...
...die mit Putins Geld unter uns sitzen und Krieg gegen uns führen. Was derzeit passiert ist, bestehende Löcher in den Sanktionen zu stopfen und die Umgehungsversuche Russlands zu erkennen und zu unterbinden, und man sollte insbesondere strategische Güter blockieren, ...
...die bei der russischen Waffenproduktion benötigt werden. Sanktionen schön und gut, aber das sind alles Dinge, die praktisch keinen Einfluss auf die Geschehnisse in der Ukraine haben und Monate bis Jahre brauchen, bis sie Wirkung entfalten.
Was wir brauchen sind mehr Maßnahmen, die sofort Wirkung entfalten und nicht in Monaten oder Jahren und die uns ruhig mehr kosten dürfen als Russland. In Kriegszeiten ist es außerdem üblich, Spekulation zu begrenzen und übermäßige Gewinne abzuschöpfen.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum die Energiepreise so hoch sind. Es gibt keine Knappheit, Preise sind größtenteils langfristig vereinbart, und irgendjemand macht gerade einen Riesenreibach. Das kann eigentlich auch nicht sein. Wer sind diese Kriegsgewinnler?
Es gibt auch keinen Grund, warum wir der Ukraine nicht alles liefern, was sie gebrauchen kann: Kampfpanzer, Artillerie, Luftabwehrsysteme, Flugzeugen, Raketen, Drohnen und Cruise Missiles, Schiffsabwehrraketen, meinetwegen auch U-Boote.
Bedienungspersonal wird sich auch genug finden; es gibt auf der Welt hunderttausende Soldaten, die viele Jahre trainiert haben und Bock hätten, in den Krieg zu ziehen. In Afghanistan hat am Ende auch mehr "private Security" gekämpft als Soldaten, ...
...und Krieg braucht auch viel mehr als nur Kämpfer. Wir müssen helfen, die ukrainischen Rüstungsfabriken weiter am Laufen zu halten und ggf. neue hinstellen oder in Grenznähe aufbauen. Mein Gott, wir sind im Krieg, worauf warten wir? Bis die Ukraine in Trümmern liegt?
Oder die Grenze an 10 Millionen Flüchtlingen überschritten ist? Die Felder verwüstet sind oder nicht gesät werden kann? Ende März/Anfang April muss Mais, Soja und Sonnenblumen ausgesät werden. Putin wird weitermachen so lange er physikalisch kann, ...
...und vorher wird er auch nicht ernsthaft verhandeln, sondern nur, um Zeit zu gewinnen, wenn er welche braucht, wobei die Zeit gegen ihn läuft. Die Ukraine könnte in 3-6 Monaten bis zu zehn Millionen Soldaten ausbilden und aufbieten, wenn die Ausrüstung da wäre.
Über eine 2 Million Ukrainer haben militärische Ausbildung. Nochmal, worauf warten wir? Ja, ich kann verstehen, dass unsere Politiker vorsichtig sein wollen, und bei allen schrecklichen Bildern aus der Ukraine halten sich die Opferzahlen noch vergleichsweise in Grenzen.
Im zweiten Weltkrieg gab es Schlachten, bei denen es in einer Stunde mehr Opfer gab als bisher im ganzen Ukrainekrieg, und da wollen wir keinesfalls hin. Gemessen an den Kriegen seit dem 2. Weltkrieg ist es aber bereits jetzt ein hochintensiver und sehr blutiger Krieg.
Liefern wir mehr schwere Waffen, wird auch Russland den Krieg intensivieren, insofern kann ich eine gewisse Zurückhaltung bei unseren Politikern verstehen, aber doch nicht aus Angst, dass die Russen die NATO angreifen könnten. Das ist völlig irrational.
Dafür haben sie jetzt schon Grund genug, und wenn sie sich einen Vorteil davon versprächen und es könnten, würden sie es tun, aber mehr als leere Drohungen hat Putin doch gar nicht zu bieten.
Ich hoffe und gehe davon aus, dass viel mehr Unterstützung passiert, als öffentlich in den Medien bekannt gegeben wird, aber was sich in der Ukraine gerade entscheidet ist, ob Russland die nächsten Jahrzehnte weiter Krieg in Europa führen wird oder es sich anders überlegen wird.
Lenin sagte: "Prüfe mit dem Bajonett: Fühlt es sich weich an, stoße zu. Ist es hart, weiche zurück."
Russland prüft uns gerade, unsere Entschlossenheit, unseren Zusammenhalt und unseren Willen zum Widerstand, und wenn ich Putin wäre und #AnneWill gesehen hätte, ...
...mein Eindruck wäre, dass im Westen lauter klägliche Jammerlappen und ein seniler Opa regieren, die sich mehr Sorgen um Benzinpreise machen als um die Ukraine, und dass ich sie bei den Eiern bzw. an meinem Gas- und Ölhahn habe. Das entspricht nicht wirklich der Realität, ...
...aber ist der Eindruck, den wir erwecken, und das ermutigt Putin nur, weiterzumachen. Es geht doch darum, entweder seinen Willen zu brechen oder die Fähigkeit zu nehmen, weiter zu kämpfen, und ich sehe nicht dass wir gerade das eine oder das andere effektiv angehen.
Die Signale, die wir gerade an Putin aussenden, sind doch: Wenn du schön vorsichtig weiter kämpfst und nicht zu viel kaputt machst und uns in Ruhe lässt, lassen wir dich gewähren. Das mag für uns kurz- und mittelfristig nicht die allerdümmste Strategie sein, ...
...aber langfristig ist sie fatal, denn wenn Putin gewinnt, wird uns das alle nicht nur demoralisieren, sondern wir werden die nächsten Jahrzehnte zig Billionen aufwenden müssen, um Russland und China und wer weiß wen noch von militärischen Abenteuern abzuhalten, ...
...und Demokratie wird am Ende dieser kurze Abschnitt in der Weltgeschichte sein, wo Länder mal was mit Freiheit und Mitbestimmung ausprobiert haben, aber an ihrer Dekadenz und Freiheit zugrunde gegangen sind.
Las mal eine Studie, die überzeugend argumentierte, dass wenn einmal ein totalitäres System Weltherrschaft erlangt, es bis in alle Ewigkeit stabil ist, weil es keinen Systemwettbewerb mehr gibt und "innere" Aufstände chancenlos sind.
Putin hat seine Karten offengelegt und einen hochriskanten Zug gemacht hat. Das bietet auch die Chance, ihn schnell und entscheidend zu schlagen. Wenn Russland Truppen in die Ukraine schickt, kann die NATO es auf Bitten der Ukraine hundertmal tun. Und es vorher sogar androhen.

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More from @pavel23

Mar 16
You can not believe anything Putin, his officials, his oligarchs, his media or his useful idiots and bribed politicians in the West say.

Putin does not have friends, only servants.

He is not a private individual, he is a function of Russia - a Russian ruler.
A Russian ruler has one necessary attribute: Appear strong. Everything else is optional.

As long as a Russian ruler appears strong, he can do what he wants, e.g. kill many millions of his own people, and still have the approval of a majority, like Stalin, with 70% recently.
It appears that Putin is unhappy whenever his approval drops below that of Stalin and needs to take appropriate action.
Read 25 tweets
Mar 16
Hörte eben, in Russland ist gerade frisch eine neue Ausgabe von Dostojewskis "Militärische Sonderoperationen und Frieden" erschienen.
Es ist zwar immer etwas peinlich, wenn man Witze erklären muss, aber den fand ich deshalb so großartig, weil er so viel über Russland aussagt:
1) Vordergründig macht er sich über die plumpe Propaganda mit "Militärische Sonderoperation" lustig
2) Zweitens ist "Krieg und Frieden" natürlich von Tolstoi, was ein Pun auf Russlands Umgang mit der Wahrheit und Fake News ist
3) Die Vordergründigkeit von 1) lenkt leicht von 2) ab und spielt auf "Maskirowka" an, die oft praktizierte Täuschung durch Ablenkung, die aber nur..
Read 4 tweets
Mar 15
Kleines Covid-Update oder warum ich glaube, das es vorbei ist. Hier der Graph der 7-Tage-Fallsterblichkeit nach Altersgruppen und insgesamt (blau). Wir liegen bei den vor einem Monat Infizierten jetzt bei 0,09%. Image
Im Dezember 2021 bei Delta lagen wir bei 0,7% Image
Vor den Impfungen Ende 2020 waren es 4,55% Image
Read 14 tweets
Mar 14
Teil 3: Russland und die Russen sind so widerstandsfähig, weil Leiden in Russland zur Tugend erhoben wurde. Wer sichtbar leidet, das aber stoisch erträgt, erntet soziale Anerkennung und Status; das ist ein Grund, warum Russen oft mit einem leidenden Gesichtsausdruck rumlaufen.
Ein anderer Grund ist, um seine Meinung und Gefühle zu verbergen, die einen schnell in Probleme oder Gefahren verwickeln können, wenn die falsche Person merkt, was man denkt. Und schließlich noch, um Neid zu vermeiden.
Putin hatte das Problem, dass er mit seinem KGB-Training wenig charismatisch war, und wurde daher wie westliche Politiker in Körpersprache geschult, als er zum Präsidenten kandidierte, und viel von dem, was man sieht, ist kalkuliertes Schauspiel, auch seine Emotionen.
Read 26 tweets
Mar 14
Teil #2: Lügen, Korruption und Gewalt sind wie gesagt feste Prinzipien russischer Regierung seit Iwan dem Großen, und es scheint nur die Wahl zwischen Autokratie und Chaos zu geben; eine binäre Wahl, und das fehlgeschlagene demokratische Experiment hat das nur bestätigt.
Das russische feudale Herschaftsystem basiert dabei auf wenigen informellen Regeln:
1. Das Wort des Führers ist Gottes Wort
2. Eigentum gibst es nicht, nur Untereigentum und Besitz, die beide ans Amt gekoppelt sind
3. Stehlen ist ein anerkanntes Amtsprivileg mit zwei Regeln:
a) Nicht mehr stehlen, als dem Amt bzw. Rang angemessen ist
b) Nicht von den falschen stehlen
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Mar 14
Teil1:Erschreckend, was sich da bei gestern bei #AnneWill abgespielt hat. Unsere Politiker und "Sicherheitsexperten" haben nicht verstanden, dass wir uns im Krieg befinden, und tun so, als könnten wir einen Krieg vermeiden. Sie verstehen Putin nicht, sie verstehen Russland nicht.
Das ist aber auch nicht verwunderlich, denn hier fallen uns rassistische Vorurteile auf Füße, und zwar umgekehrt als üblich. Unsere rassistische Prägung identifiziert sie eher als Verwandte und nicht als Fremde, und ethnisch sind sie auch noch Christen.
Daher glauben Westeuropäer, Russen würden ähnlich denken wie sie, aber tatsächlich ist die russische Kultur und Zivilisation fundamental anders. Das beginnt damit, dass Russen mehrere verschiedene Realitäten konstruieren und managen, während wir meist nur eine können.
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