Putin ist in der Ukraine einmarschiert, weil er falsche Erwartungen hatte. Die Chinesen helfen derzeit Putin nicht, weil sie Erwartungen über die Reaktion des Westens haben.
Wenn wir die Zukunft sicher gestalten wollen, müssen wir jetzt den Erwartungen gerecht werden. 1/15
Erwartungen über die Zukunft existieren nicht im luftleeren Raum - sie formen das Verhalten in der Gegenwart und *machen* deshalb Zukunft.
Eine globale Krise wie in diesen Wochen entsteht, weil Erwartungen falsch waren. Alle bilden gerade neue Erwartungen - Chance und Risiko 2/15
Schlechtes Erwartungsmanagement führt oft zur teurem Enttäuschungsmanagement.
Putin konnte sich für den Einmarsch in die Ukraine entscheiden, weil er erwartet hat, dass es gut für ihn ausgeht. Es ist schade, dass er das erwartet hat. Es kostet vielen das Leben. 3/15
China entscheidet sich bislang dafür, den Russen keine Waffen zu liefern, weil sie erwarten, dass dann Sanktionen des Westens folgen.
Genauer: Dass der Westen bereit ist, Einbußen hinzunehmen. Wenn China diese Erwartung ändert, könnte China Russland helfen. 4/15
Sobald Russland oder China erwarten, dass die politische Unterstützung für Sanktionen in Deutschland bröckelt, wenn BIP-Einbußen von 3% drohen, können sie aggressiver auftreten. Sie schauen jetzt genau hin. 5/15
Und wir?
1. Wenn wir erwarten, dass härtere Sanktionen keinen Wandel in Russland bewirken, gehen wir sie erst gar nicht ein.
2. Wenn wir dagegen erwarten, dass sie einen Wandel bringen, könnten wir sie eingehen, da wir sie nur kurz durchhalten müssten. 6/15
3. Das wir kein Gasembargo machen hat also mit der Erwartung zu tun, dass Putin so oder so stabil bleibt.
4. Unsere Erwartung, dass er stabil bleibt, sorgt also dafür, dass er tatsächlich stabiler bleibt.
-> Erwartungen über die Zukunft formen die Zukunft. 7/15
Krisen = enttäuschten Erwartungen.
In Krisen passen die einen ihr Verhalten an, weil ihre Erwartungen über die anderen falsch lagen.
Die anderen müssen reagieren, weil sie bislang die falschen Erwartungen ausgelöst haben.
Je mehr gleichzeitig, desto größer die Krise. 8/15
Das heißt: Enttäuschungsmanagement ist gefragt. Wieso beispielsweise haben wir Putin erlaubt, zu erwarten, dass die Ukraine-Invasion gut ausgeht?
Hat die "Don't Poke the Bear"-Doktrin des vereinten Deutschlands seit Schröder die Erwartungen erfüllt oder sie enttäuscht? 9/15
Enttäuschungsmanagement besteht vor allen Dingen daraus, mit den relevanten Stakeholdern zu verhandeln, was die *neuen* Erwartungen sein können, bis alles wieder stabil steht. Dafür schauen sich alle ganz tief in die Augen und gucken, was sie *wirklich* erwarten können. 10/15
Wer also eine harte Kante fordert wie bspw. @Afelia sagt im Wesentlichen: Putin und Russland dürfen nie wieder erwarten, dass so etwas gut ausgeht. Denn wenn sie das tun, droht Gewalt und sehr viel Leid. 11/15
Wer fordert, dass wir das #Gasembargo durchziehen wie @BachmannRudi sagt im Wesentlichen: Die anderen sollen erwarten, dass wir bereit für Opfer sind und das intern hinbekommen - damit später nicht größere Opfer bei den zu befürchtenden Enttäuschungen nötig werden. 12/15
Die derzeitige Krise ist eine Phase, wo sich Erwartungen neu bilden. Kommt die Zeitenwende? Bleibt der Westen einig?
Wenn nein, wäre bspw. China mit seiner derzeitigen Erwartung von Sanktionen bei Waffenlieferungen an Russland *positiv enttäuscht*.
Das, was unsere westliche Diplomatie gerade leisten muss, ist aus dem Knäuel positiver und negativer Enttäuschungen ein globales Erwartungsmanagement zu schöpfen, das in einer friedlicheren Welt mündet. 14/15
Damit aus unseren Ankündigungen bei Anderen harte Erwartungen werden, müssen wir *zeigen*, dass wir es ernst meinen und können, auch wenn es etwas kostet.
Wir müssen unsere Präferenzen in konkretem Handeln offenbaren - mit Skin in the Game. (CC @nntaleb)
Ölembargo jetzt. 15/15
Korrekt, @schnellenbachj. Getreu dem 26. Chinesischen Strategem: Die Akazie schelten, dabei aber auf den Maulbeerbaum zeigen.
Jetzt gegenüber Russland hart sein, um es gegenüber China nicht sein zu müssen.
Egal, wie das für Russland ausgeht, und egal, ob danach Putin oder jemand anderes Russland regiert - 10 Jahre stringente Modernisierung und Aufrüstung des Militärs dürfte erste Priorität sein.
Unsere Strategie muss dem Etwas entgegen setzen.
1/5
Wir brauchen
1. eine eigenständige militärische EU-Strategie, denn die USA könnten jederzeit das Interesse verlieren 2. eine gewisse innere Energiesicherheit durch massiv Erneuerbare Energien 3. eine feste EU-Sanktions-Doktrin, die nicht von Tobias Hans Tankrechnung abhängt
2/5
Wir brauchen eine europäische Strategie
4. Gegen Desinformation, die sich mit Meinungsfreiheit verträgt 5. Zu Auslandsinvestitionen, die sich mit offenen Märkten verträgt 6. Zur Weiterentwicklung der EU mit gemeinsamen Zielen
3/5
Wenn wir den Kurs des Rubels (jetzt 120/€ von 140/€ letzte Woche) mal als Maßstab nehmen, dann stellen wir fest: Putin schafft es, einen guten Teil der Sanktionen zu umgehen. Nachschärfen nötig. 3/7
"This crisis has destroyed a couple of stereotypes. The Germans have slaughtered two sacred cows. Nord Stream 2 as a symbol of German mercantilism, and pacifism as a symbol of German moralism."
Krastev: The tragedy is that we are seeing a violent recolonization of Ukraine and not a peaceful reunification. This misunderstanding about how the world works produces Putin’s unhappiness.
2/
.@derspiegel: How will Putin end? The Russians aren’t known for being particularly rebellious.
Krastev: People die. That also applies to Putin. The changes will be so significant that the regime will have to change in order to survive.
3/
1. Das übt Druck auf Länder wie die Türkei aus 2. Es schafft Zeitdruck und moralische Verpflichtung, Hungerhilfe zu organisieren 3. Es provoziert Angriffe auf die Schiffe, bspw durch die NATO. Und eine NATO-Attacke wurde Putin intern stabilisieren.
3/
Biden und Xi haben miteinander geredet. Wahrscheinlich können professionelle Diplomaten den Text aus chinesischer Perspektive besser entschlüsseln, hier mal meine Interpretation.
1. Die US/China-Beziehung ist entscheidend für das 21. Jahrhundert.
2. China findet: China und USA auf Augenhöhe, sonst wird die Welt nicht friedlich und stabil.
3. Respekt füreinander, kein Regime-Change in China und keine Unterstützung mehr für die Unabhängigkeit Taiwans - das nimmt Xi "sehr ernst". Er will Garantien.