Das Trump-Netzwerk "Truth Social" ist nach einem miserablen Start plötzlich die meistgeladene App im Apple Store. Wir haben uns auf "Truth Social" umgesehen – damit ihr es nicht müsst.
Zuerst erfinden wir einen Alias: Ron Roger, einen überzeugten Trump-Fan und Wahrheitssucher aus New Jersey. Wir hoffen, dass wir uns so unauffällig umsehen können.
Wer "Truth Social" nutzen möchte, braucht ein iPhone – die App gibt es noch nicht für Android. America first gilt auch im Apple Store: Man muss in den USA leben. Mit VPN-Tunnel und amerikanischer Handynummer ausgestattet, lädt sich Ron die App herunter.
Die Registrierung ist kompliziert und erfordert die Angabe von Wohnsitz, verifizierter Handynummer und Email-Adresse.
Wir geben alles ein. Ron landet auf Wartelistenplatz 1.557.984. In den Bewertungen der App zeigt sich, Ron ist nicht der Einzige, den das Warten wütend macht.
Wenige Stunden später ist er plötzlich trotzdem drin. Komisch, aber egal: "Welcome you to our Truth Seeking community" heißt es in der Begrüßungsmail.
Der plötzliche Erfolg liegt wohl an der neuen Kooperation mit der Video-Hosting-Plattform "Rumble", deren technische Infrastruktur "Truth Social" seit Ende letzter Woche nutzt. Vermutlich auch der Hauptgrund für Platz 1 im Apple Store.
Technische Probleme gibt es aber weiterhin: Bei unserem Besuch auf "Truth Social" fallen Bugs auf, man springt zum Beispiel beim Scrollen immer wieder ungewollt nach oben.
Ästhetisch scheint "Truth Social" ein Versuch zu sein, Twitter zu kopieren. Unterschiede: Verifizierungshaken sind nicht blau, sondern konservativ rot. Das Default-Profilbild ist ein Weißkopfseeadler. Tweets heißen Truths – Retweets heißen Retruths.
Ein Blick in die Community-Standards zeigt: “Not Safe For Work”-Content (z.B. Gewalt, Nacktheit, Vulgäres) und Trolling sind ausdrücklich erlaubt. Nacktheit und Beleidigungen aber gleichzeitig verboten. Verwirrend.
Als Erstes wird einem Donald Trumps Profil (2 Mio. Follower) vorgeschlagen. Seine bisher einzige Truth:
“Get Ready! Your favorite President will see you soon!”
Die anderen Vorschläge entspringen dem rechtskonservativen Medienspektrum der USA: FoxNews, Breitbart News, Newsmax.
Beim Scrollen durchs Netzwerk liest Ron viel Häme ggü. Joe Biden und Freude über die Nachricht, dass @elonmusk Twitter gekauft hat. Manche schreiben, sie werden jetzt auch wieder Twitter nutzen. Zu den Wahlen in Frankreich ist die Meinung einstimmig: diese Wahlen sind gefälscht!
Ron Roger sucht nach deutschen Accounts und findet Olaf Scholz. Wir versuchen uns mit ihm anzufreunden, es scheint aber nicht der Echte zu sein. Was uns bei vielen Profilen begegnet: Unternehmen, deren Handle gesichert wurde und nun zum Kauf angeboten wird.
Ron findet ein Profil mit liberaleren Positionen. Es gehört einer Journalistin der Wahington Post. Unter ihren Beiträgen: Häme, Beleidigungen, Todeswünsche.
Die Trending Hashtags – Stand 28.4.22, 15:30 Uhr – sind: #Truth (11.835 people talking), #GasPrices (880 people talking), #Faith (1.364 people talking), #Ukraine (1.026 people talking) und #Russia (912 people talking).
Wie viele Truth-Seekers gibt es? Die Downloadzahl der App soll bei 1,5 Millionen liegen. Laut dem Datenportal "MarketWatch" nutzen gut 500.000 Menschen die Plattform täglich. Zum Vergleich: So viele User verliert Facebook aktuell pro Tag.
Die Plattform bewirbt sich, keine politische Ideologie zu diskriminieren. Das sollen Contentbots automatisiert lösen. Konkret: Bestimmte Wörter werden hinter "Sensitive Content" Warnings versteckt. Das nur manchmal. Achtung, gleich kommt: "Fuck you, Bitch!"
Zusammenfassend fühlt sich "Truth Social" wie ein großes Donald Trump Fanforum an. Wenn man Social Media vorwerfen kann, Echokammern zu produzieren, dann ist diese Plattform besonders schallgeschützt.
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Heute wurde Europas #Tesla-Werk in der Nähe von Berlin feierlich eröffnet. Mit dabei: @elonmusk, @Bundeskanzler und Wirtschaftsminister #Habeck. Ein wichtiger Tag für die gesamte Region – aber offenbar ein schwieriger für Journalistinnen und Journalisten. Ein🧵. 1/X
Bei der Veranstaltung war der Zugang für Pressevertreter:innen beschränkt. @MKreutzfeldt von der TAZ hat eine E-Mail des Tesla Content Teams veröffentlicht: „Leider können wir aus Platzgründen keine weiteren Akkreditierungen mehr ausstellen.“ 2/X
Für den RBB hat @LuciaHeister von vor Ort berichtet. Auch sie hatte keine Akkreditierung – dafür ein Kollege. „Fast keine Presse zur Eröffnung zugelassen“, twitterte sie und sagte ggü ZAPP, dass „nur eine Handvoll Journalistinnen“ aufs Gelände durften. 3/X
Unabhängige Nachrichten, Tipps für die Mülltrennung oder den Alltag in Deutschland bis hin zu Kinder-Videos auf Ukrainisch: Deutsche Medien produzieren Inhalte für ukrainische Geflüchtete.
Wir haben hier die Links zu den Angeboten zusammengestellt. 👇
Wer sich informieren will über die Lage im Heimatland, bekommt News-Updates auf Ukrainisch oder Russisch oder auch konkrete Tipps für die Ankunft und das Leben in Deutschland. Zum Beispiel bei ...
… dem Instagram-Kanal von funk „How to Deutschland“ mit Ankunftstipps auf Ukrainisch, Englisch und Deutsch. instagram.com/how.to.deutsch…
In den sozialen Netzwerken kursiert ein Video von einer Frau, die emotional erzählt: In #Euskirchen in NRW sollen angeblich Ukrainer einen 16-Jährigen Flüchtlingshelfer erschlagen haben, weil er Russisch sprach.
Das ist ein Fake. (1/6)
Vor dem Video warnt auch die zuständige Polizei hier auf Twitter: Es liegen nämlich keine Infos über solch einen gewalttätigen Übergriff oder gar einen Todesfall vor. (2/6)
Das Video hat sich u.a. so schnell verbreitet, weil es auch auf dem Telegram-Kanal „Neues aus Russland“ mit über 100 Tausend Followern geteilt wurde. (3/6)
In der Krise setzen viele Russen und Ukrainer auf öffentlich-rechtliche Medien aus dem westlichen Ausland, etwa auf die @DeutscheWelle mit ihren Angeboten auf Russisch und Ukrainisch oder auf @bbcrussian. (1/5)
Um die Menschen in der Ukraine und in Teilen Russlands in diesem Krieg zu informieren, setzt die @BBC auch auf klassische Technik: Sie bespielt mehrere Stunden am Tag Radiofrequenzen, die in beide Länder reinstrahlen. (2/5)
Ähnliche Angebote gab es während des Zweiten Weltkriegs auch als Angebot gegen die deutsche NS-Propaganda und mit Programmen wie dem RIAS von den USA auch einst für Bürger:innen in der DDR. (3/5)
Nach dem europaweiten Verbot für RT und Sputnik: Ist es sinnvoll, russische Staatsmedien in der EU zu sperren? Eine Übersicht der Vor- und Nachteile.👇 (1/10)
Die EU meint: Diese Medien würden genutzt, um Aggressionen gegen die Ukraine zu rechtfertigen, Fakten würden drastisch verzerrt und manipuliert: „Solche Maßnahmen stellen eine erhebliche und unmittelbare Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Union dar.“ (2/10)
Mit dem Verbot soll außerdem verhindert werden, dass die Ukraine und ihre Nachbarländer durch Propagandaaktionen weiter destabilisiert werden. (3/10)
Beim @Katapultmagazin verzichten Redakteur:innen auf Teile ihres Gehalts. Sie gründen ein Ukraine-Projekt. Chefredakteur @BenniFredrich sagte ZAPP: Zusätzlich seien schon 110k € Spenden eingegangen. Etwa 40 passende Bewerbungen gebe es bereits. (1/7)
"Katapult" will v.a. Menschen aus der Ukraine unterstützen - vor Ort, aber auch, wenn sie aus Deutschland im Exil arbeiten wollen. "Wir müssen sehen, wer dabei ist - Reporter, Layouter etc. Das Produkt wird dann daraus entstehen", sagt Fredrich. (2/7)
Letztlich sollen die neuen Kolleg:innen entscheiden, welche Form des Journalismus sie betreiben wollen. Fredrich: "Sie sollen ihren Job weitermachen. Wenn da dann 'Katapult' mit drübersteht, umso besser. Wir drücken ihnen aber auch nichts auf." (3/7)