/1 Vor kurzem hat die 3. Kammer des VG Osnabrück ein gegen einen Zahnarzt auf Grundlage der einrichtungsbezogenen #Impfpflicht ausgesprochenes Tätigkeitsverbot in einem Eilverfahren als rechtmäßig erachtet (Beschl. v. 25.07.2022 – 3 B 104/22 –, rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal…).
/2 Die Entscheidung ist wie ich finde bemerkenswert. Ich habe vor kurzem auf eine ähnliche Entscheidung des VG Neustadt hingewiesen und den Mängeln dieser Entscheidung. Dieses Gericht lieferte keine Belege für die Behauptung eines Transmissionsschutzes:
/3 Jetzt war interessant zu sehen, welche Belege die 3. Kammer des VG Osnabrück dafür liefern würde. Die Antwort ist keine! Es sieht die einrichtungsbezogene Impfpflicht als verfassungskonform an. Es verweist dabei lediglich auf die Entscheidung des BVerfG dazu vom 27.04.2022.
/4 Nun hatte das BVerfG der einrichtungsbezogenen Impfpflicht keine Verfassungskonformität bis in alle Ewigkeit bescheinigt. Es wies darauf hin, dass Regelung die einst verfassungskonform waren, verfassungswidrig werden können.
/5 Deshalb hatte das BVerfG nicht nur geprüft, ob diese Impfpflicht verfassungskonform war zum Zeitpunkt, als diese vom Bundestag beschlossen wurde, sondern auch noch im April 2022.
/6 Das VG Osnabrück fragt sich nun nicht ob neuere Erkenntnisse existieren, welche die Eignung der Impfpflicht in Frage stellen, sondern nimmt pauschal an, dass diese nicht existieren und sich an dem Wissenstand seit der Entscheidung des BVerfG nichts geändert hat.
/7 Weiterhin lässt hier die 3. Kammer die Behauptungen des Antragsgegners ungeprüft gelten. So führte das Gesundheitsamt aus, dass durch die fehlende Impfung oder Genesung ein besonders hohes Transmissionsrisiko bestünde (Rn. 30).
/8 Die Kammer geht dann einen Schritt weiter, wenn sie ausführt, dass durch die fehlende Impfung ein wesentlich höheres Risiko besteht sich zu infizieren und andere zu infizieren (Rn. 31). Belege für diese Aussagen bleibt die Kammer schuldig.
/9 Schaut man sich an was das RKI dazu meint, so sagt es zu der Verminderung des Infektionsrisikos:
/10 "Studienergebnisse zeigen, dass die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe gegen jegliche Infektion mit Omikron gering ist und auch die Auffrischimpfung nur einen begrenzten Zeitraum gut vor der Infektion schützt. Folglich kommt es vermehrt zu Impfdurchbrüchen."
/11 Zum Transmissionsschutz: "Über die Transmission unter Omikron gibt es bisher keine ausreichenden Daten; sie scheint bei Geimpften weiterhin reduziert zu sein, wobei das Ausmaß der Reduktion nicht vollständig geklärt ist."
/12 Auf der Grundlage dieses Kenntnisstandes kann man nicht zu den Schlussfolgerungen gelangen, zu denen die Kammer gelangt. Das wohl aber bemerkenswerteste an dieser Entscheidung sind die vollkommen andere Maßstäbe die diese Kammer im Vergleich zu früheren Entscheidungen anlegt.
/13 Die gleiche Kammer hatte vor sechs Monaten eine Regelung zur Verkürzung des #Genesenenstatus kassiert:
/14 In dieser Entscheidung kritisierte es die wissenschaftliche Begründung des RKI, als wenig überzeugend und verwies außerdem auf gegenteilige Auffassungen aus der Wissenschaft, die gegen die Verkürzung sprachen. Dies blieb nicht ohne Kritik:
/15 Ob dies nun rechtlich richtig oder falsch war zutun, sei mal dahingestellt, jedoch ist nichts mehr davon in dieser Entscheidung zu erkennen. Die Kammer erweckt durch ihre Ausführungen den Eindruck, als würde sie auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen.
/16 Es versichert sich dabei nicht, ob dies zutrifft. Dabei zeigen die Ausführungen des RKIs, dass es Mutmaßungen sind. Also dieser Wandel ist schon erstaunlich im negativen Sinne.
/1 Betretungsverbote die auf der Grundlage der einrichtungsbezogenen #Impfpflicht ausgesprochen werden sind rechtmäßig (so VG Neustadt, Beschl. 20.07.2022 - 5 L 585/22.NW -, landesrecht.rlp.de/bsrp/document/…).
/2 Eine ungeimpfte zahnmedizinische Verwaltungsassistentin, welche am Empfang einer Zahnarztpraxis tätig ist, hatte sich gegen ein Betretungsverbot samt Zwangsgeldandrohung erfolglos bisher gewehrt (Rn. 1 und 2).
/3 Sie hatte sich eine Corona Infektion zugezogen, was das Gesundheitsamt berücksichtigt hatte. Für 62 Tage gilt das Betretungsverbot nicht zwischendurch (Rn. 4). Das VG vertritt die Auffassung das die einrichtungsbezogene Impfpflicht immer noch verfassungskonform ist (Rn. 23).
/2 Eine Maßnahme ist dann verhältnismäßig, wenn diese ein legitimes Gemeinwohlanliegen verfolgt und dazu geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne also angemessen ist.
/3 Bei der gegenwärtigen Diskussion wird seitens der Befürworter der Politik der konkrete Zweck einer Maskenpflicht offengelassen. Es wird vielmehr auf die vermeintliche Effektivität einer derartigen Maßnahme abgestellt. Dies erschwert eine Verhältnismäßigkeitsprüfung enorm.
/1 Neues zur #Maskenpflicht im #ÖPNV. Das OVG Lüneburg hatte dazu einen Antrag abgelehnt, jedoch interessanterweise entschieden, dass die Maske temporär zum Essen abgesetzt werden darf (Beschl. v. 02.06.2022 - 14 MN 259/22 -, rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal…).
/2 Zunächst zu der beanstandeten Regelung, die auch unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zum tragen einer FFP2-Maske vorsieht (Rn. 8):
/3 Das Gericht meint, dass eine Maskenpflicht unabhängig von einer konkreten drohenden Überlastung des Gesundheitssystem angeordnet werden darf (Rn. 14). Bei diesen "niederschwellige Schutzmaßnahmen" muss dann nur die Verhältnismäßigkeit beachtet werden (Rn. 15).
/1 Vorgestern hatte der @BVerfG seinen Beschluss zur einrichtungsbezogenen #Impfpflicht veröffentlicht (BVerfG, Beschl. v. 27.04.2022 - 1 BvR 2649/21 -, bundesverfassungsgericht.de/e/rs20220427_1…). Es ist kein Urteil - wie vielfach behauptet - sondern ein Beschluss!
/2 Das liegt daran, das keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, was kritisch zu sehen ist wie schon bei den Entscheidungen zur Bundesnotbremse.
/3 Es sollen nun die wichtigsten Aussagen der Entscheidung vorgestellt werden. Zunächst bejaht das BVerfG einen Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, obwohl nicht unmittelbar in dieses Grundrecht eingegriffen wird (Rn. 112 ff.).
/2 Die Entscheidung ist um einiges interessanter als die andere, weil diese Kammer nicht davon ausgeht, dass es ihr nicht zusteht die Entscheidung des Verordnungsgebers zu überprüfen. Sie überprüft diese und kommt dann zu dem Ergebnis, dass diese vertretbar war.
/3 Zunächst ist offensichtlich, dass die Normen so schwammig formuliert sind, dass diese ein gehöriges Maß an eigener Interpretation den Gerichten abverlangen (S. 10).