Die Bundesregierung hat Altkanzlerin #Merkel im Umgang mit ihrem Büro im Bundestag zur Ausgabendisziplin ermahnt. Es habe Gespräche zwischen Kanzleramt und Büroleitung gegeben, die sich "auch auf die bedarfsgerechte Personalausstattung bezogen" 🧵
spiegel.de/politik/deutsc…
Laut @derspiegel habe man verdeutlicht, dass das Büro nicht "statusbezogen", sondern zur "Erfüllung nachamtlicher Aufgaben und fortwirkender Verpflichtungen" eingerichtet werde. "Eine Nutzung für private Zwecke und zur Erzielung von zusätzlichen Einkünften" sei ausgeschlossen.
Die Erstattung von Reisekosten komme nur in Betracht, "wenn die Bundeskanzlerin a. D. im Auftrag und Interesse der Bundesrepu­blik Deutschland reist". Ob es einen konkreten Anlass für die Mahnung gab, ist nicht bekannt.
2018 hatte der Bundesrechnungshof einen Prüfbericht zur Amtsausstattung von Bundeskanzlern a.D. veröffentlicht. In dem Bericht werden haarsträubende Vorgänge beschrieben. Auszüge:
“Die Bundeskanzler a.D. übernahmen regelmäßig diverse neue Tätigkeiten, die typischerweise auf Einkünfteerzielung ausgerichtet waren. Sie waren für private Unternehmen tätig (z. B. für Banken, Medienkonzerne, Beratungsunternehmen, Zeitungsverlage),...
❗️ "... nahmen Aufsichts- und Verwaltungsratsmandate wahr, gründeten eigene Unternehmen oder waren freiberuflich tätig. So erzielten Bundeskanzler a. D. zusätzliche Einkünfte von jährlich mehreren hunderttausend €. Die Büros unterstützten sie bei diesen Tätigkeiten.”
"Die Bundeskanzler a. D. übernahmen auch Lobbyarbeit für bestimmte Interessengruppen. Dabei waren thematische Schwerpunkte entsprechend den jeweiligen persönlichen Interessen zu erkennen."
“Auch die Vorbereitung von Reden der Bundeskanzler a.D. machte einen bedeutenden Anteil der Aufgaben der Büros aus. So waren die Büros für die Organisation zuständig, aber auch für die Erstellung von Entwürfen oder das Redigieren von Reden."
❗️ "Die Reden hielten die Bundeskanzler a.D. oftmals bei privaten Unternehmen, wie z. B. Banken oder Interessenverbänden und entsprechend der üblichen Gepflogenheit auch gegen Honorar. Nicht selten lagen die jährlichen Einkünfte für Reden im sechsstelligen Bereich."
❗️ "Mit zunehmendem zeitl. Abstand zum Amtsende nahm i.d.R. die Anwesenheit der Bundeskanzler a.D. in den Büros ab. (...) Es führte u.a. dazu, dass Chefkraftfahrer und Dienstkraftfahrzeuge regelmäßig vorzugsweise zum Posttransport zw. Wohnort und Berliner Büro genutzt wurden."
Zur Prüftätigkeit des Kanzleramtes schrieb der BRH: "Das Bundeskanzleramt hatte keinen Überblick über den Umfang, die Art und die tatsächlichen Tätigkeiten seines Personals in den Büros."
"Regelmäßige Besuche vor Ort in den Büros führte das Kanzleramt nicht durch. Regelungen zum Einsatz des Personals in den Büros gab es nicht. Das Bundeskanzleramt übte insoweit keine Dienstaufsicht aus."
"Für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume seiner Prüfung konnte der BRH keine strukturierte Dienstaufsicht und Personalführung durch das Bundeskanzleramt erkennen."
❗️ "Art und Umfang der Arbeit des Personals, sowie Eingruppierung bzw. Beförderungen hingen nahezu ausschließlich von den Vorstellungen der jeweiligen Bundeskanzler a. D. ab. (...) Im Jahr 2013 lag der ständige Bedarf der drei Bundeskanzler a. D. bei 14 Dienstkraftfahrzeugen."
❗️ "Die Chefkraftfahrer wurden in diesen Fällen auch verstärkt für den Postaustausch zwischen dem Berliner Büro und dem Wohnort des Bundeskanzlers a. D., zu Leerfahrten oder für Besorgungen eingesetzt."
"Soweit die tatsächliche Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge in zunehmendem Maße zu einem erhebl. Teil rein privater Natur ist oder der Erzielung zusätzlicher Einkünfte dient, stellt sich die Frage nach einer Rechtfertigung des Einsatzes von Haushaltsmitteln u. Personal des Bundes."
"Personengebundene Dienstkraftfahrzeuge mit Chefkraftfahrern in erheblichem Umfang für die Postbeförderung, alltägliche Besorgungen, Leerfahrten oder ähnliches zu nutzen, ist zudem grob unwirtschaftlich."
"Das Bundeskanzleramt prüfte bei der Reisekostenerstattung nach eigenen Angaben nicht, ob Reisen eines Bundeskanzlers a. D. in Ausübung eines fortwirkenden) Amts- oder Dienstgeschäftes erfolgten oder privat veranlasst waren."
"So wurden auch Kosten von Minibars bzw. Etagenservice und Telefongesprächen in Hotels übernommen ebenso wie Restaurantrechnungen."
"Mitreisende Mitarbeiter wurden auf Wunsch der Bundeskanzler a.D. in vielen Fällen im gleichen, hochpreisigen Hotel wie die Bundeskanzler a.D. untergebracht und die Übernachtungskosten hierfür erstattet."
"Bundeskanzler a.D. stehen in keinem Amts- oder Dienstverhältnis mehr; sie sind in erster Linie Versorgungsempfänger. Dafür, sie bezüglich der Reisekosten einem amtierenden Bundeskanzler gleichzusetzen, ist nach Auffassung des BRH kein sachlicher Grund ersichtlich."
❗️ "Bundeskanzler a.D. üben verschiedenste Tätigkeiten aus, die sie sich nach eigenen Interessen auswählen. Sie unternehmen nach den Feststellungen des BRH viele Reisen aus rein oder überwiegend privaten Motiven. Nicht selten steht die private Einkünfteerzielung im Vordergrund."
"Es muss daher dem Bundeskanzleramt möglich sein, festzustellen, in welchen Fällen ein Bundeskanzler a.D. im Auftrag und Interesse der Bundesrepublik Deutschland reist und wann es sich um private Reiseanlässe handelt. In solchen Fällen dürfen Reisekosten nicht erstattet werden."
❗️ "Fazit: Der Bundesrechnungshof hat festgestellt, dass sich bei der Ausstattung der Bundeskanzler a. D. mit Büros, Personal und Dienstkraftfahrzeugen sowie beim Personenschutz im Lauf von Jahrzehnten ein Automatismus entwickelt hat, ..."
"... der weder hinsichtlich seiner ursprünglichen Begründung noch nach den Grundsätzen von Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hinterfragt wurde."
Hier der Bericht des Bundesrechnungshofs über die Versorgung und Ausstattung der ehemaligen Bundeskanzler". Prüfungszeitraum waren die Jahre 2012-2013. Damals lebten noch drei Altkanzler: Schmidt, Kohl, Schröder.
bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Dow…

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