Thread by @lisapoettinger

Wie die #Klimakrise Leben zerstört. Wie schlecht der Staat Betroffenen der Katastrophe zur Seite stand und steht. Ein Erlebnisbericht aus dem #Ahrtal von 21 Seiten.

Teil 2: Die Hilfe kommt – nicht vom Staat a)

CN: Bericht über Tod, Verletzungen, #Klimakatastrophe

Teil 1 – Die Zerstörung findet ihr hier:

https://twitter.com/lisapoettinger/status/1597299867600420864?s=20&t=qlOUFYsVGnnm5RTdDgSLDg

„Das ganze verwüstete Gebiet lag, regungslos, in einer unwirklichen Stille zugleich unbeschreiblich friedlich da.“ Endlich gab es Sonnenschein, die Menschen konnten ihre Kleidung draußen trocknen u& mangels Strom mit Feuer kochen. Bald kamen Hubschrauber zur Versorgung.

„Die menschlichen Leichen wurden in schattige Räume wie Kapellen gebracht, um die Identifizierung zu versuchen. In Bad Neuenahr-Ahrweiler waren 70 Tote zu beklagen, zahllose Menschen wurden noch vermißt.“

Die Sonne trocknete den Schlick zu mittelbraunem Staubwurde, der beim geringsten Luftzug aufstieg. So entstanden Staubstürme, die den Himmel verdunkelten und das Atmen erschwerten. B spürte den Staub in den Atemwegen brennen und bekam blutigen Husten.

Das einzige Krankenhaus im Ahrtal musste mangels Strom und Wasserversorgung evakuiert werden musste. Die pausenlos fahrenden Rettungsfahrzeuge bekamen aufgrund des Staubs Motorprobleme, verstopfte Luftfilter & Kühler
zeit.de/gesellschaft/2…

Ein Rettungswagen fing Brand, der Notarzt & die Fahrerin konnten die Patienten gerade noch retten. Durch die Explosion der Sauerstoffflasche verschmolz der Wagen mit der Straße & blockierte die einzige passierbare Durchgangsstraße im unteren Ahrtal.
t-online.de/region/mainz/n…

B erzählt viel von Freiwilligen, die alles Nötige zur Verfügung stellten, Schutt wegräumten. „Ganze Orts-& Stadtteile… wären verdurstet & verhungert, wenn nicht entschlossene Menschen von weither in reiner Privatinititative Trinkwasser & warme Mahlzeiten… bereitgestellt hätten“

Die dringend benötigten Luftentfeuchtungsgeräte waren überall ausverkauft und Amazon hatte die Lieferung ins Ahrtal eingestellt. Von behördlicher Seite war wenig zu erwarten. Diese warnten erst 10 (!) Tage nach der Flut vor Seuchen durch den Schlamm und das Brackwasser.

Panzer, tarnfarbene Tanklastwagen der Bundeswehr, Technisches Hilfswerk- und Feuerwehrkolonnen wurden nun zum Alltag. Angesichts des Chaos schreibt B: „Daß es überhaupt irgendeine offizielle Vorbereitung auf schwere Naturkatastrophen gegeben hätte, war leider nicht zu erkennen“

Immer wieder kommentiert B die Unfähigkeit & Fahrlässigkeit der Behörden: So sei der „Skandal-Landrat“ untergetaucht, nachdem er „jede rechtzeitige Warnung und Evakuierung von Menschen verhindert und 140 Tote & 800 Verletzte verschuldet hat“

Stand jetzt: focus.de/politik/deutsc…

Der Krisenstab braucht 2 Wochen, um „arbeitsfähig“ zu werden. Die unbezahlten Freiwilligen helfen bereits. „danach jedoch merkte die Bevölkerung, die allerorten bei Kerzenlicht in Ruinen saß, ebensowenig etwas von irgendeiner Tätigkeit dieser millionenteuren Pseudo-Institution“

„Als die zahlreichen Helfer dann den abseits des Geschehens residierenden, von eigenen Köchen & Personal gut versorgten „Krisenstab“ des Landes um Erstattung wenigstens ihrer immensen Ausgaben … bitten, wird dies umgehend brüsk zurückgewiesen.“

Das alltägliche Leben ist nun von Trinkwasser- und Nahrungssuche geprägt. Wenn es mal etwas mehr Wasser gibt, können die Menschen alle Tage mal ihre Toilette damit spülen. Doch oft hat es 30°C im Schatten. Und so gibt es nach der großen Flut Wassermangel.

„Auch der mit Millionen über Millionen ausgestattete „Krisenstab“ des Landes gibt keinerlei Informationen oder Hilfsangebote an die notleidenden Menschen heraus.“ Die Behörden schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu, oft mit dem Ende einer toten Telefonleitung.

„Nach einiger Zeit erfährt man, dass sogar aus Ruanda (!) Spenden für das Ahrtal eingetroffen sind. Gerade die dortige Bevölkerung weiß, was es bedeutet, bei Hitze ohne Wasser und Strom ausharren zu müssen“

„Die offiziellen Helfer organisieren vorwiegend nur die eigene Versorgung & Unterhaltung. In Zukunft werde ich keinen Pfennig mehr an sogenannte „Hilfsorganisationen“ spenden“. So enden Hilfsgüter im Schlamm. Lebensmittel stehen in der pralle Sonne oder benötigen Wasser & Strom

Die privaten Helfer:innen sind laut B viel besser organisiert und richten sich nach den Bedürfnissen der Betroffenen. Besonders hebt B die Hilfe in der alten Ahrweiler Grundschule hervor, wo Geräte, Werkzeuge, Sanitätsversorgung und warme Küche umsonst bereitgestellt werden.

Doch manche Organisator:innen stehen Querdenken nahe. B findet es „grotestk, daß sogar Landtagsabgeordnete von außerhalb nach Ahrweiler kommen, um gegen das dringend benötigte, konkurrenzlose Hilfszentrum Stimmung zu machen, statt selbst irgendeine Art von Hilfe zu organisieren.“

Und so wird das Hilfszentrum – ohne Ersatz – geschlossen. Ich sehe mich selbst als Antifaschistin, ich war gegen Querdenken auf der Straße. Aber ich frage mich schon: Ist das der richtige Umgang? Und wie konnte es überhaupt erst soweit kommen?

Des Weiteren findet man unter #Ahrtal leider viele verbitterte Tweets von Menschen, die ihre Wut, im Stich gelassen worden zu sein, gegen Migrant:innen, queere Menschen etc. richten.
Auch das ist möglicherweise Folge des Umgangs des Staates. Oder hat sich dadurch verstärkt.

Auch darauf braucht es eine Antwort.

Die nächsten Teile heißen:
Teil 3 – Die Hilfe kommt – nicht vom Staat b)
Teil 4 - Wie es zur #Flutkatastrophe im Ahrtal kommen konnte
Teil 5 - Wiederaufbau oder vielmehr Vergessen

Teil 3 findet ihr hier:

https://twitter.com/lisapoettinger/status/1598258596881788928?s=20&t=B4mzKntaN1YCb1I8elryHg