Thread by @frankstengel

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber der zentrale Punkt hier ist nicht, dass Juli Zeh nicht eine eigene Meinung haben und öffentlich kundtun darf. Das darf sie natürlich, denn alles andere wäre eine illegale und verwerfliche Einschränkung der #Meinungsfreiheit.

https://twitter.com/frankstengel/status/1619060080087019521

Aber ein verständigungsorientierter, rationaler¹ gesellschaftlicher Diskurs funktioniert eben auch nur, wenn wir zwischen unbegründeten Laienmeinungen und evidenzbasierter Fachexpertise unterscheiden. Wir fragen ja auch nicht Soziologinnen, was sie denken, wie ein Dach zu

bauen ist. Und wenn in talkshows das Thema Dachbau ist, dann laden wir ja auch nicht Soziologinnen und Dachdeckerinnen zusammen ein und lassen die Zuschauerinnen selbst entscheiden, wem von beiden eher zu trauen ist. Das ist Aufgabe von Redaktionen, denn die Zuschauer*innen

können ja nicht vor jeder Talkshow erstmal recherchieren, wer von den Gästen Ahnung hat und wer nicht. Und es muss zumindest klar werden, dass Frau Zeh (oder Herr Precht usw.) als "Frau mit Meinung" eingeladen wird, statt derer man auch einfach wahllos hätte jemanden von der

Straße ins Studio hätte zerren können. Denn genau so viel ist ihre *Meinung* zu dt. Panzerlieferungen wert. Das heißt nicht, dass sie egal ist (wir leben ja in einer Demokratie, in der wir zumindest theoretisch alle zumindest indirekt involviert sein sollten), aber eben

auch nicht wichtiger oder richtiger als die von meinem Schornsteinfeger (der fachlich betrachtet übrigens deutlich vernünftigere Ansichten vertritt, btw) oder einer Busfahrerin oder einer Herzchirurgin. Meinungsfreiheit heißt nicht Anspruch, in Talkshows zu jedem Thema

als Expertin gehört zu werden.

Wurde unterbrochen, hier kommt die Fn:
¹ Natürlich ist der Rationalitätsbegriff ebenso wie die Idee eines verständigungsorientierten Diskurses nicht unproblematisch.