Teil 10. Thema heute: Proteine. Über kaum ein Thema wird mit Veganern so häufig diskutiert wie über Proteine. "Wo bekommst du denn deine Proteine her?" "Der Mensch braucht tierisches Protein". Immer wieder werden wir mit solchen Aussagen konfrontiert. Doch stimmt das wirklich?
Zunächst zur Theorie: Proteine sind komplexe Moleküle und bestehen aus Aminosäuren. Es gibt 20 Aminosäuren. Ein Teil dieser AS ist essentiell und muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Um die Qualität der Proteinversorgung zu beschreiben, benutzt man die biologische Wertigkeit.
Diese BW gibt an, wie gut ein Protein vom Körper verwertet und in körpereigenes Protein umgewandelt werden kann. Grundsätzlich gilt: Je mehr essentielle AS ein Protein enthält, desto höher ist die BW. Als Referenz der BW benutzt man das Hühnerei. Dieses hat eine BW von 100.
Tierische Proteinquellen haben eine höhere BW als pflanzliche Proteinquellen. Man kann aber durch Kombination verschiedener Lebensmittel die BW erhöhen, weil sich die Zusammensetzung der AS bei verschiedenen Proteinquelle unterscheidet. So haben Bohnen und Mais z.b. eine BW von
etwa 70, wenn man sie einzeln isst, kombiniert erreicht man aber eine BW von 99. Diese Kombination muss auch nicht unbedingt in einer Mahlzeit erfolgen, sondern kann über den Tag verteilt werden (mittags Mais, abends Bohnen). In Getreide ist die AS Lysin nur sehr gering enthalten
dies kann man dann sehr gut durch eine Kombination mit Sojaprodukten oder Hülsenfrüchten ausgleichen und ergänzen. Ein weiterer wichtiger Punkt der Proteinqualität ist die Verdaulichkeit von Protein. Das Sojaprotein und das Lupinenprotein sind die einzigen pflanzlichen Protein-
quellen, die eine Verdaulichkeit von 100% aufweisen und somit dem Ei und Fleisch gleichkommen. Die Verdaulichkeit von Bohnen beträgt nur 68%, die von Weizen und Vollkornprodukten nur 40%. Daher hat man bei rein pflanzlicher Ernährung höhere Zufuhrmengen für die Normalbevölkerung
empfohlen. Während Omnivoren 0,8 g/kg Körpergewicht pro Tag aufnehmen sollten, empfiehlt man Veganern eine Zufuhr von 1,0 g/kg KG. Nun kommen wir zu den Daten: In allen Studien (auch den älteren Studien) haben Veganer die Zielwerte für die Proteinaufnahme erreicht. Allerdings
muss man anmerken, dass bei diesen Untersuchungen nur die absolute Menge an Protein untersucht wurde und nicht die Aufnahme abhängig von der Proteinqualität. Auch lagen die Veganer meist am unteren Rand der Empfehlungen. Die Studien sind jedoch allesamt recht alt und meines
Erachtens auf die aktuelle Situation nicht mehr anwendbar. Durch den steigenden Konsum von Soja und Tofu sowie den vielen Ersatzprodukten auf Basis von proteinreichen Lebensmitteln wie Lupinen, Hülsenfrüchten etc. dürfte die Proteinversorgung bei Veganern mittlerweile deutlich
besser sein. Zudem ist (auch durch die ständige Diskussion über das Thema Protein) die Sensibilität bei Veganern erhöht und viele Veganer achten daher bewusst auf einen hohen Konsum an Hülsenfrüchten, Tofu und Nüssen. Dementsprechend suggerieren aktuelle Untersuchungen, dass das
Thema Proteinzufuhr bei Veganern kein Problem darstellt. Alleine die Tatsache, dass mittlerweile viele Spitzensportler und sogar Kraftsportler vegan leben, sollte mit diesem Mythos eigentlich aufräumen. Vielmehr muss man sogar anmerken, dass die Proteinzufuhr bei Veganern auf dem
wesentlich gesünderen Weg erfolgt. Die Verzehr tierischer Proteinquellen (Milch, Milchprodukte, Fleisch) geht nämlich mit einer hohen Aufnahme gesättigter Festtsäuren und Cholesterin einher. Naturbelassene pflanzliche Proteinquellen sind hingegen frei von gesättigten Fettsäuren,
Cholesterin und Transfetten. Hinzu kommt bei Konsum tierischer Produkte die Aufnahme all der "Schweinereien", die die Massentierhaltung mit sich bringt (Antibiotika, schlechtes Futter, etc).
Fazit: Veganer haben,sollten sie sich nicht ausschließlich von Rohkost und Obst ernähren
in der Regel keinen Proteinmangel. Selbst bei erhöhtem Bedarf wie Leistungssport kann der Proteinbedarf ohne Weiteres über eine rein pflanzliche Ernährung gedeckt werden. Allerdings sollten Veganer wegen der schlechteren Verdaulichkeit vieler pflanzlicher Protein eine ca. 20%
höhere Menge an Protein im Vgl. zu Omnivoren zu sich nehmen. Durch geschickte Kombination verschiedener Nahrungsmittel lässt sich die Proteinqualität signifikant verbessern. @ErnMedBlog #protein #vegan #plantbased #ernaehrung #Ernährungsmedizin #goVegan

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Feb 14
Bei den Reaktionen auf meinen Tweet habe ich gemerkt, dass vielen Menschen die "Abartigkeiten" des ambulanten KV-Systems tatsächlich gar nicht bekannt sind. Daher an dieser Stelle ein #infotweet zur kassenärztlichen ambulanten Versorgung. #medizinbrennt #medizin @Karl_Lauterbach
Wenn Fachärzte wie wir Kardiologen einen Kassenpatienten behandeln, bekommen wir eine sog. Komplexpauschale, in meinem Fall also den kardiologischen Komplex bezahlt. Hierbei gibt es obligate Bestandteile, also Leistungen, die erbracht werden müssen, um diesen abzurechnen. So muss
ich z.B. ein Ultraschall vom Herzen (Echokardiographie) vornehmen, ansonsten kann die Komplexpauschale nicht abgerechnet werden. Für ein Gespräch (auch wenn dieses 30 Minuten dauert) dürfte ich nur die Versichertenpauschale abrechnen (abhängig vom Alter des Patienten 20-25 Euro).
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Feb 12
Was ist nur aus dem Beruf des Arztes geworden? Würde ich heute nochmal Medizin studieren? Ein Thread und kritische Beurteilung des Alltags als Mediziner im Jahr 2023. 🧵
Als ich vor 23 Jahren den Entschluss fasste,Medizin studieren zu wollen, war vieles noch anders. Zwar gab es auch damals schon hohe Arbeitsbelastung, anstrengende und lange Dienste, schwierige Entscheidungen.Aber ich erlebte damals in den Pflegepraktika und den ersten Famulaturen
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Feb 11
Folge 9. Thema heute: Jod. Jod ist ein zentraler Bestandteil der Schilddrüsenhormone T3 und T4. Wenn zu wenig Jog aufgenommen wird, kommt es bei Kindern zu schweren Entwicklungsstörungen (Kretinismus), bei Erwachsenen wächst die Schilddrüse (sog. Struma) und es kommt im Verlauf
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Feb 10
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Feb 10
Nachtrag zu meinem gestrigen Tweet: Ich konnte die Vielzahl der Kommentare und Fragen nicht alle abarbeiten. Daher hier ein abschließendes Statement: Die Intention meines Tweets war nicht, Nebenwirkungen der Impfungen zu negieren oder die Impfungen generell zu verharmlosen. Ich
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Feb 9
Teil 7. Thema heute: Sekundäre Pflanzenstoffe, kurz SPS. Hierbei handelt es sich um Nahrungsinhaltsstoffe zu denen ca 100000 chemische Verbindungen gehören. Aktuell sind viele gesundheitsfördernde Eigenschaften von SPS bekannt, u.a. antikanzerogene, antioxidative,antientzündliche
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