Thread by @LukasSustala

„An der Gasleine.“ Es ist schon bemerkenswert, in welcher Klarheit die Energieagentur das #Energie- und Energiesicherheitspolitische Versagen der vergangenen Jahrzehnte benannt + aufgearbeitet hat. Und wie schwer sich die Regierung tut, daraus zu lernen. Ein #Thread.

Der ehem. wissenschaftliche Leiter der @at_aea hat gestern ein Papier präsentiert (im Original 150 Seiten, der Executive Summary ist hier zu finden ➡️ energyagency.at/aktuelles/an-d…). Das zeigt mehr als klar auf, dass uns die Abhängigkeit von Russland nicht "passiert" ist.

Politische Fehlentscheidungen, massives russisches Lobbying und auch Naivität als Reaktion auf Warnungen haben dazu beigetragen, dass Österreich heute mit Milliardenzahlungen ein Regime stützt, das in Europa Krieg führt. Siehe #Thread hier:

https://twitter.com/LukasSustala/status/1624691841558773761?s=20

Man darf jedenfalls nicht so tun, als wäre ganz plötzlich erst in ganz Europa realisiert worden, dass es ein massives Risiko der wachsenden Abhängigkeit von Russland gibt. Diskussionen gab es vor Jahrzehnten, internat. Wissenschafter (und das BMEIA) warnten immer wieder.

Das wurde aber konsequent negiert. Von roten, schwarzen und blauen Energieministern in rot bzw. schwarz-geführten Koalitionen.

Was ich auch gut aufbereitet finde, sind die "Dogmen"/Messages, die von österreichischen Regierungen und OMV laufend verbreitet wurden, um die Abhängigkeit von 🇷🇺 sogar als "Wettbewerbsvorteil" zu verkaufen – im besten Fall eine naive Aussage, im schlimmsten eine glatte Lüge.

Die 4 Messages sind:
➡️ Gas aus 🇷🇺 ist alternativlos
➡️ Die Gazprom ist zuverlässig
➡️ Wir sind eh gegenseitig abhängig
➡️ Gas aus 🇷🇺 ist billig

Alle vier Argumente sind bequem, ÜBERALL wiedergekäut (von Vertretern der OMV, Gazprom, SPÖ, ÖVP, FPÖ, Wirtschaftsverbänden usw. usf.), aber sie sind so wahnsinnig dünn.

(Ich bin ja kein ausgewiesener Energie-Experte. Als ich angefangen habe in den Markt einzutauchen, hatte ich erwartet, dass es gute Datenlage, viel Evidenz etc. gibt, weil Energie ja ein Milliardengeschäft ist. Doch Daten/Empirie für Energiepolitik-Entscheidungen? 😱)

Aber gerade für das Argument "Gas aus 🇷🇺ist so billig", gibt es nach einigen empirischen Analysen wenig Evidenz. Die Außenhandelsstatistik zeigt keinen großen Preisvorteil, auch die Analysen von Daniel Gros und anderen zeigt sie nicht, auch die Preise für Privatkunden nicht.

Aus der @at_AEA-Analyse: „... weder in 🇩🇪 noch in 🇦🇹 ist billiges russisches Gas „angekommen“. Die Schlussfolgerung, wonach dem Verlust an Versorgungssicherheit kein Vorteil in Form eines niedrigeren Gaspreises gegenübersteht, kann ... als gültig angesehen werden.“ 🤯

Also bleibt die große Frage "Warum?" Warum ist es in einem so wichtigen Teil der 🇦🇹 Infrastruktur zu einem derartigen Staatsversagen (wenig Sicherheit, hoher Preis) gekommen. Das Papier dokumentiert mE mangelnde Governance in der Politik, erfolgreiches Lobbying aus 🇷🇺 und ...

... mE besonders wichtig: NIEMAND hat politisches Kapital eingesetzt, um Energiepolitik aktiv resilienter zu machen. Das war ein Nebenbei-Thema, in Friedens- und Wohlstandszeiten völlig uninteressant, und dank der Wasserkraft galt man eh immer als ein wenig nachhaltig.

Die #Energiepolitik ist aber auch Tochter des dysfunktionalen Föderalismus und nicht wahrgenommenen Eigentümerinteressen. Dass "zu wenig Staat" im österreichischen Energie"markt" das Problem wäre, hält ja keinen Fakten stand.

Was ist Staats- und was Privataufgabe, wo ist Kooperation, wo Wettbewerb angesagt, was ist die Energiestrategie und ihre langfristigen Ziele? Daran wird in Österreich leidenschaftlich wenig gearbeitet.

In dem Papier ist jedenfalls viel Material und einiges an Ernüchterung enthalten. Gute Werkzeuge im Kampf gegen die bequemen Narrative, die immer noch verbreitet werden. #endThread energyagency.at/fileadmin/1_en…