Wow, ich habe sehr viel sehr liebe und hilfreiche Resonanz auf die Tweets bekommen. Ihr habt mir damit auch nen guten Dopamin Push gegeben. Danke dafür 🖤 Mir ist aber einiges aufgefallen. Der Thread klang doch sehr „perfekt“. Als hätte ich alles im Griff.

https://twitter.com/outerspace_girl/status/1716428559793688774

Das ist aber absolut nicht so. In der Theorie schaut das alles viel besser aus als in der Umsetzung. Vieles ist auch zu kurz gekommen, zB dass alle meine Listen digital geführt werden. Notizbücher haben zu viele Barrieren und mit der Hand schreiben ist für mich stressig.

Als Person mit spät diagnostiziertem Autismus und noch später diagnostiziertem ADHS habe ich so viele Hacks und Strategien entwickelt, dass ich die „Aber man merkt es dir gar nicht an“-Goldmedaille verdient hätte🧵 Disclaimer: Alle folgenden Hacks und Strategien sind für mich als Person mit AuDHS ausgiebig erprobt und werden ständig auf Basis von Erfahrungen und sich ändernden Umständen weiterentwickelt. Sie können für euch passen, müssen aber nicht.

Heute ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

Wir protestieren, halten Veranstaltungen und Vorträge ab, veröffentlichen Texte und Videos, da Gleichstellung immer noch in absurd weiter Ferne liegt. Wie auch sonst jeden Tag des Jahres. Was ich mir genau heute von euch wünsche? Stellt euch folgende Fragen (trifft eine nicht auf euch zu, überspringt sie):

- Was weiß ich über die Lebensrealität behinderter Menschen?

- Wer oder was hat mein Bild von Behinderung geprägt? Filme? Medien? Behinderte Menschen selbst?

Das System der "Behindertenheime" und anderer Wohnformen betrifft mich auf sehr viel mehr Ebenen, als viele hier ahnen. Ich bin mit mehrfachbehinderten Pflegegeschwistern aufgewachsen, die viele Jahrzehnte ganz normal als Familienmitglieder bei uns gelebt haben. Behinderung, (häusliche) Pflege, Förderschulen, Werkstätten, Kinder- und Pflegeheime waren normale Teile meiner Kindheit und Jugend. Als meine Mutter körperlich nicht mehr in der Lage für die 24h-Pflege war, mussten meine Pflegegeschwister in eines dieser Heime ziehen.

Wir wissen viel über die mutmaßliche Täterin von Potsdam und fast nichts über ihre Opfer. Wir erleben unzählige Versuche, ihre Tat zu rechtfertigen, ihren Berufsstand als eigentlich leidtragend zu benennen, aber niemand spricht darüber, wie man behinderte Menschen schützen kann. Wir erleben eine unfassbare Welle aus Ableismus und Diskriminierung, aber Solidarität, Fürsorge und Trauer bleiben aus.

In einer Pflegeeinrichtung in Potsdam wurden 4 Menschen getötet, 1 Person ist schwer verletzt. Behinderte Menschen werden in Heimen und Parallelwelten untergebracht, in denen sie ohne Selbstbestimmung und in Abhängigkeit leben. Gewalt ist keine Seltenheit. tagesspiegel.de/berlin/vier-to… Diese Morde mit Überforderung zu begründen ist hoch ableistisch und zeigt, wie wenig Wert unser behindertes Leben für die damit argumentierende Person hat.

https://twitter.com/Felicea/status/1387572119257681920

Vor längerem hat mir jemand vorgeschlagen, "Kissing Lessons" von Helen Hoang zu rezensieren. Das Buch erschien 2018 und ist sehr erfolgreich. Ich will es aber nicht auf meinem Blog rezensieren, darum dieser Thread. "Kissing Lessons" ist ein leicht zu lesender Liebesroman mit Unterhaltungsanspruch. Also genau das richtige, wenn man müde ist, aber trotzdem ein wenig Ablenkung möchte.

Über die verbreitete Ansicht, behinderte Menschen sollten – wenn überhaupt – nur andere Behinderte daten und mit ihnen Beziehungen eingehen, habe ich mich schon öfter kritisch geäußert. Das halte ich für reinen Ableismus. "Wenn behinderte Menschen schon Beziehungen eingehen, dann doch bitte unter sich" ist ein exkludierender und herabsetzender Gedanke. Er transportiert, behinderte Personen seien nicht geeignet, Beziehungen mit (noch) nicht Behinderten zu führen. Sie haben weniger "Wert".

Im gestrigen Vortrag über Auswirkungen einer unvermeidlichen Intersektion im Leben behinderter Menschen wurde noch gesagt, wie normal Ableismus ist & dass ein gesellschaftl. Konsens besteht, Behinderte und Kranke abzuwerten. Heute bekommen wir schon die Premium-Vorführung davon. Ich weiß inzwischen gar nicht mehr, ob es überhaupt möglich ist, Kritik an etwas oder jemandem zu üben, ohne gleichzeitig behinderte oder kranke Menschen abzuwerten.

Eine Followerin hat mir einen furchtbaren Text über ein noch schlimmeres Training gesendet. Die Methoden im Text können unwissend sogar als sinnvoll und gut empfunden werden, weil Autist*innen abgewertet und in meinen Augen auch enthumanisiert werden.

https://twitter.com/BR_Wissen/status/1319704296112476163

Diese Methode ist aber alles andere als gut. Ich möchte mir mit euch mehrere Punkte in dem @BR_Wissen-Text anschauen und nicht nur korrigieren, sondern auch schauen, warum diese Falschdarstellung passiert. Legen wir los.

Einer der schlimmsten Diskreditierungen von Nichtbehinderten ist die "Extrawurst". Meine behinderte Kollegin bekommt eine Sonderregelung? Ich will auch eine Extrawurst. Die Planung wird wegen dem behinderten Menschen geändert? Jetzt haben alle Umstände wegen einer Extrawurst. Behinderte Menschen haben, egal wie sehr sie sich bemühen und aufreiben, nicht die gleichen Möglichkeiten und Chancen wie Nichtbehinderte. Weder beruflich, noch in der Freizeit. Teilweise gibt es sogar massive Einschränkungen durch gesellschaftliche Barrieren.

In den @TTNachrichten findet man einen erschreckenden Text zum Thema Therapien gegen #Autismus. Ich möchte ihn mit euch durchgehen, um euch aus autistischer Sicht zu zeigen, wie schlimm sowohl der Text, als auch der Gedanke hinter dieser Therapie ist. tt.com/artikel/307453… In dem Text wird über eine Mäusestudie berichtet, deren Erkenntnisse auf Autist*innen übertragen werden KÖNNTE. Diese Mäusestudien sind eine schlimme Sache. Dabei werden auf unterschiedliche Arten Verhaltensweisen bei Mäusen hervorgerufen, die dann als "autistisch" interpretiert

Ich habe mich gestern lange mit einer Freundin darüber unterhalten, warum ich den in Österreich so gerne verwendeten Begriff "Menschen mit Beeinträchtigungen" statt "Behindert*er", "behinderter Mensch" oder "Mensch mit Behinderung" ablehne. #behinderung Menschen und Organisationen glauben, sie seien besonders politisch korrekt, wenn sie "Menschen mit Beeinträchtigungen", "Menschen mit Besonderheiten" oder noch schlimmer Euphemismen verwenden, um über Behinderungen zu sprechen. Sie sind es nicht.

Wir müssen kurz über etwas sprechen. Ihr wisst, ich bin autistisch. Das bedeutet, dass meine Wahrnehmung von der nichtautistischer Personen abweicht. Wahrnehmung beeinflusst alles. Auch die Kommunikation. #autismus #ActuallyAutistic Es gibt immer wieder Phasen in meinem Leben, in denen ich sehr sehr erschöpft bin, weil Faktoren in meinem Leben sehr viel Kraft fordern. Dagegen kann ich nichts tun. Ich muss durchhalten und auf mich schauen.

Ich freue mich sehr, dass der erste Thread über #Autismus so oft gelesen wurde, darum versuche ich mich heute einmal an einem schwierigeren Thema: Emotionsverarbeitung. Zu meinem Entsetzen hält sich das Vorurteil, wir würden keine Emotionen empfinden, sehr hartnäckig.

https://twitter.com/outerspace_girl/status/1210555656635334656

An dieser Stelle klammere ich Empathie bewusst aus, das ist ein eigenes großes Thema, nur so viel: Autist*innen empfinden sehr starke Empathie. Was sich unterscheidet – und was nichtautistische Menschen oft irritiert – ist die Kommunikation darüber, das Verhalten nach außen.

Ihr wollt etwas über #Autismus wissen? Okay, das finde ich gut, here we go. Ich weiß seit bald 10 Jahren, dass ich autistisch bin. Als ich diagnostiziert wurde, hatte ich bereits sehr viel Ausgrenzung, Mobbing und Gewalt hinter mir. Das autistische Spektrum ist sehr groß und beherbergt ganz verschiedene Menschen mit sehr vielfältigen Fähigkeiten und Persönlichkeiten, die mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert werden. Darum lehne ich die Begriffe "leicht" und "schwer" ab.

„Marlies, wir haben doch eine dreckige Behindertentoilette und so eine Rollstuhlrampe an der Hintertür, wir sind doch voll barrierefrei!“



Hold my Schwerbehindertenausweis… Disclaimer: Wenn ich von Behinderung spreche, gehe ich von jeder Beeinträchtigung oder Erkrankung physischer und psychischer Natur aus, die die Teilhabe an der Gesellschaft länger als 6 Monate einschränkt.

Am starken, unbeirrbaren Aktivismus von Greta Thunberg zeigt sich die internalisierte Behindertenfeindlichkeit besonders deutlich. Es geht nicht um die großen Erfolge einer Jugendlichen. Ihr Autismus wird dazu genutzt, um sie zu diskreditieren, um ihr Anliegen zu untergraben. Ihre Forderungen sind nichts wert, weil sie von einer Behinderten kommen, die man vor sich selbst schützen muss. Ihre Meinung ist nur das Ergebnis der Manipulation durch ihre Eltern, denn Behinderte können selbst nicht komplex und gesellschaftskritisch denken. Merkt ihr noch was?