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Aug 2, 2022, 21 tweets

Update #Kosovo #Serbia
Auch auf´m Balkan brodelt es jetzt.
Nachdem Pristina (wieder) versuchte, ein umstrittenes Pass-Gesetz durchzusetzen, gingen lokale Serben auf die Barrikaden.
Kosovo schickte Spezialeinheiten, Serbien versetzte Truppen in Alarmbereitschaft.
Thread 👇
(1/21)

Die Lage zwischen #Serbien und #Kosovo eskalierte, nachdem Pristina die Einführung eines umstrittenen Pass-Gesetzes ab Montag beschloss.
Im Kern sieht die neue Regelung vor, dass die in Serbien ausgestellten offiziellen Dokumente im #Kosovo nicht mehr anerkannt werden.
(2/32)

So könnten Serben ab nun die Grenze zwischen "Kern-Serbien" und dem serbisch bewohnten Nord-Kosovo nicht mehr mit ihrem serbischen Pass überqueren.
Auch die serbischen Autokennzeichen würden nicht mehr anerkannt, sondern müssten an der Grenze auf kosovarische umgeschlagen werden.

Belgrad sprach von einer de facto Annullierung von serbischen Ausweisdokumenten im #Kosovo und erklärte, dass man diese Regelung nie akzeptieren würde.
Die lokalen Serben sprachen von einem Versuch der Unterdrückung und Drangsalierung durch kosovarische Behörden.
(4/21)

#Kosovo erklärte seinerseits, dass die neue Regelung auf dem Prinzip der Beidseitigkeit basiert, da #Serbien ja kosovarische Pässe und Autokennzeichen auch nicht anerkennt.
Das liegt wiederum daran, dass Belgrad den Kosovo generell nicht als unabhängigen Staat anerkennt..
(5/21)

Für #Serbien ist #Kosovo "nur" eine abtrünnige Provinz, die sich mit Hilfe des Westens mit Waffengewalt abgespalten hat.
In der serbischen Verfassung und auf allen offiziellen Karten ist Kosovo als Teil Serbiens dargestellt.
(6/21)

So ganz allein ist #Serbien bei dieser Einschätzung nicht.
Rund 80 Staaten haben #Kosovo als unabhängigen Staat NICHT anerkannt.
Hier eine Karte, die das recht deutlich aufzeigt.
Grün: haben Kosovo anerkannt.
Grau: nicht anerkannt.
Rot: Anerkennung wieder zurückgezogen.
(7/21)

Auch innerhalb der EU ist es keinesfalls einstimmig.
Fünf EU-Staaten haben den #Kosovo nicht anerkannt.
Der bekannteste Fall ist Spanien.
Aufgrund von Unabhängigkeitsbewegungen in Katalonien und Baskenland bezeichnet Madrid die Abspaltung des Kosovo seit Jahren als illegal
(8/21)

Bei einem Balkan-Besuch erklärte der spanische Premier Pedro Sanchez ausgerechnet in Albanien (einer de facto Schutzmacht vom Kosovo), dass die Abspaltung des Kosovo völkerrechtswidrig war.
Bei der einseitigen Unabhängigkeitserklärung sei "internationales Recht gebrochen" worden

Spanien fürchtet, dass eine Anerkennung des Kosovo die Unabhängigkeitsbewegungen in eigenen "separatistischen" Provinzen nicht nur weiter anfeuern, sondern im Prinzip auch legitimieren würde.
Eine offizielle diplomatische Anerkennung vom Kosovo komme daher nicht in Frage
(10/21)

Eine ähnliche Logik herrscht bsp. auch in Kiew.
Die #Ukraine erkennt den #Kosovo nicht an.
Man fürchtet, dass eine Anerkennung der Abspaltung des Kosovo von Serbien einen "Präzedenzfall" und "indirekte Legitimation" für eine Abspaltung des #Donbass von der Ukraine schaffen würde.

So viel zum formellen Gezerre um die ganzen Anerkennungen.
Zurück zu den eigentlichen Geschehnissen der letzten Tage:
Nachdem klar wurde, dass die neue Pass-Regelung ab Montag in Kraft treten soll, gingen die kosovarischen Serben auf die Barrikaden.
(12/21)

Die serbische Hochburg #Mitrovica wurde in eine regelrechte Festung verwandelt.
Straßen wurden mit Barrikaden und LKWs gesperrt.
Anwohner holten ihre Schusswaffen raus.
Luftalarmsirenen heulten in der gesamten Stadt.
Ein Video davon bei mir auf Telegram.
(13/21)
#KosovoSerbia

#Pristina schickte wiederum Spezialeinheiten in die Region und zwar sowohl nach #Mitrovica als auch an die Grenze zwischen "Kern-Serbien" und dem #Kosovo .
Grenzübergänge wurden komplett gesperrt. Nur noch Autos mit kosovarischen Autokennzeichen wurden durchgelassen.
(14/21)

Serbien versetzte seinerseits seine Truppen in Alarmbereitschaft.
Serbischer Präsident Vucic appellierte in einer emotionalen Ansprache einerseits für den Frieden, erklärte aber andererseits, dass man Provokationen nicht dulden und im Ernstfall einschreiten würde.
(15/21)

Auch Schüsse wurden gemeldet, wobei es unklar war, wer auf wen "als Erster" geschossen hat sowie ob die Schüsse nun an der serbisch-kosovarischen Grenze oder in #Mitrovica erfolgten.
Auf Videos aus der Region sind Schüsse tatsächlich zu hören.
Hier Screens, Video auf TG.
(16/21)

Zeitweise gingen im Netz Gerüchte und angebliche Twitter-Screenshots rum, dass Belgrad den Kriegszustand ausgerufen hatte, dies stellte sich jedoch schnell als Fake heraus.
Dennoch zeigt es, wie fragil die Lage war.
Ohne Übertreibung, die Nerven lagen blank.
#Kosovo
(17/21)

Die NATO erklärte, dass man die Situation genauestens beobachte. Bei einer Eskalation sei man bereit einzugreifen.
Italienische KROF-Einheiten sollen sich auf der Brücke in #Mitrovica aufgestellt haben, die den serbischen Norden und kosovarischen Süden verbindet.
(18/21)

Im Moment hat Pristina vorerst nachgegeben.
Es wurde erklärt, dass die Einführung der umstrittenen Regelung um vier Wochen verschoben werde.
Serben begannen daraufhin mit dem Abbau der Barrikaden.
Ob dies so lange hält, ist aber mehr als ungewiss.
#Kosovo #Serbien
(19/21)

Das Problem wurde nicht gelöst, sondern eben nur bis zum 1. September verschoben.
Wenn keine zusätzlichen Kompromisse bis dahin getroffen werden, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass es in einem Monat genau an der gleichen Stelle weitergeht, wo es aufgehört hat
20/

Vor einem Jahr, im September 2021, wurde das gesamte Szenario nämlich schon mal durchgespeilt. Schon damals versuchte Pristina die Regelung durchzusetzen, machte dann aber einen Rückzieher, nachdem reguläre Armeen aufgefahren wurden.
Hier mehr 👇
(21/21)

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