Weil das Video gerade die Runde macht und ich schon mehrfach darauf angesprochen wurde - eine kleine Einordnung⬇️ #InfanterieThread #CloseCombatContent
(Die Aufnahme gehört zu einer Reihe an GoPro-Vids im Raum #Kharkiv im Herbst ´22 - empfehlenswert, aber #triggerwarning!)
Vorab - ich kommentier hier keinen #Egoshooter (wie mir anderorts unterstellt wurde)
Ich glaube, dass sich viele "Laien" sowas anschauen & nicht einordnen können. Und anders als #Panzer- oder #Drohnen- zeigen #Infanterie-Videos schonungslos einen chaotischen, persönlichen Krieg!
Auch geht es nicht darum, die #Soldaten schlechtzureden/zu kritisieren! Die meisten sind internationale Freiwillige, die für die #Ukraine kämpfen. They walk the walk! Es geht darum, den Soldatenjob verständlicher zu machen! Manchmal passieren wilde Dinge, daraus kann man lernen!
Gezeigt wird eine Einheit der International Legion im Raum Kharkiv. Während sie sich durch meist verlassene Ortschaften vorarbeiten, sieht man gut, wieso grundlegende Raumkampftechnik einfach PFLICHT ist - nicht nur für die Infanterie - um verlassene Häuser sichern zu können
Über das Vorgehen in Ortschaften sprachen wir bereits an anderer Stelle, anlässlich dieses ziemlich vorbildlichen Beispiels:
Im Zuge der Patrouille kommt der Zug an ein Haus, in dem sich eine Gruppe Russen (Achtung, #Speznaz sagt recht wenig aus, ist ein Überbegriff) verschanzt hat. Hier der Moment des Entry - gut zu sehen/hören, warum langsames&lautes Breachen der Haupteingangstür problematisch ist...
Fraglich ist, warum man da überhaupt INS Haus durch die TÜR geht und nicht einfach - ähem - eine RPG nutzt, wenn man Feind aufgeklärt hat. Wie es sonst ginge? Hier ein wenig #EGB-Schleichwerbung: SPEED (Flinte) - SURPRISE (Flashbang oder Granate) - VIOLENCE OF ACTION (Fluten)
Die Position der eindringenden Kräfte ist übrigens wichtig. Selbst massiv wirkende Wände. - außer vllt Stahlbeton - stoppen oft nicht mal 5,56 oder produzieren gefährliche Querschläger. Blue on Blue ist eine enorme Gefahr, wie später noch zu sehen...
Hier sieht man ziemlich gut, wieso eben selbst Außenwände nur trügerischen Schutz bieten und Häuerkampf so verlustreich ist. Schüsse durchschlagen Wände in beide Richtungen - dass eigene Soldaten so knapp an den Buddies vorbeischießen, ist auch suboptimal (Querschläger&Splitter)
Der Sicherungstrupp außen entscheidet sich, den Feind mit Granaten und Feuer durch die Fenster niederzuhalten. ABER: da sind eigene Kräfte im/am Haus (hinten im Bild) und während Bild 1 keine Gefahr für sie darstellt, schießt POV auf Bild 2 gefährlich in ihre Richtung
(Geschosse fliegen nie in einer geraden Linie, sondern werden ab dem ersten Aufprall auf ein Medium - Körper, Wände, Bäume whatever - unkontrolliert abgelenkt. Pi mal Daumen können die innerhalb von 30° ab Durchschlagen überall hinfliegen, bei Abprallern vergrößert sich das noch)
Besonders auf Feuerstoß, so nah am Kopf der Buddies vorbei, wird das ganz schnell ganz wild - bei gleichzeitig völlig unklarem Effekt im Haus. Abstand gewinnen, Koordination zwischen den Trupps und klare Grenzen, wer wohin schießt durch einen Führer wären hier essentiell wichtig.
Vergessen wird hier zudem auch die Sicherung auf die anderen Häuserseiten - immerhin hier schon mit zwei Fenstern, einer Tür und einer unbekannten Rückseite! Absolut möglich, dass ein Russe da hintenrum um die Ecke kommt. Situational Awareness ist abartig schwer in diesem Chaos!
We feel you, bro
Weil die Russen sich verbissen wehren (die hätten sich nicht in dem Haus festnageln lassen dürfen - Mausefalle) werden jetzt Granaten durch die Fenster geworfen. Hier ist kaum noch mit Zivilisten zu rechnen, also i.O. - aber sicherer wäre es mit RPG/Bunkerfaust aus der Entfernung
Hier auch wieder - Häuserkampf ist so schwer, weil um jede Ecke, aus jeder Tür oder Fenster ein Feind kommen kann. Hier sieht man, dass weder auf Fenster noch auf hintere Häuserecke (und vmtl auch nicht die Tür hinter ihnen) gesichert wird. Deshalb muss man das üben, üben, üben!
Das Ende vom Lied - nach intensivem Nahkampf kommt schlussendlich ein Panzer und zerlegt die Hütte. Imo hätte man das bereits machen sollen, als der Pointman beim Entry verwundet wurde. CQB schön und gut - aber bei vorbereitetem/verschanztem Feind, warum sollte man?
Es ist leider ein hartnäckiges Missverständnis/Unkenntnis, dass Kräfte, die intensiv CQB trainieren, NUR noch das anwenden! Über dieses Thema & das Zauberwort "Intensitätenwechsel" habe ich in diesem (leider etwas zerschossenem) #thread geredet
Fazit: DIe Soldaten hier haben alle P2P-Kampferfahrung und sind nicht schlecht ausgebildet(!) - im Vergleich zur #Bundeswehr individuell imo sogar etwas überdurchschnittlich - aber es fehlt Koordination. Jemand der Ruhe reinbringt, steuert und wilde Einzelaktionen einfängt
Klassisches Zugführer-Geschäft! Das Chaos des Gefechts zeigt vllt auch Laien, wie anspruchsvoll unser Job ist & wieso junge Offiziere da intensiv ausgebildet UND BEÜBT werden müssen. Auch gegen aggressiven (Üb)Gegner & mit Force-on-Force Training twitter.com/search?q=heer%…
Das Geschehen wird übrigens anderorts (u.a. reddit) kontrovers diskutiert, da möchte ich aber nix zu sagen - fog of war und für meine Einordnung unerheblich.
Hoffe, das bringt vllt einen kleinen Benefit bzw bringt die scharfe Seite des #Soldaten-Berufs etwas anschaulicher rüber. Für genau diese Situationen müssen wir uns vorbereiten. Man sieht, wie komplex das ist. Dafür braucht es Zeit, Mittel - und das richtige, toternste Mindset!
(Deshalb ist es auch zum Heulen und frustrierend, wenn man einerseits SIEHT, worauf man sich und die Männer&Frauen vorbereiten müsste - aber die Mittel fehlen. Als würde man morgen Fallschirmspringen, aber man hat keinen Schirm, um die Funktionsweise der Reißleine zu verstehen)
CC: Interessensgemeinschaft abgesessener Kampf @KampfmitKette @YesWeGren @Ausb_Eins @GMonkey2k3 @winkelsdorf @grndmstrfesxh @AlexOwler @chrisschmitz @Bjoern__M
And a special thanks @TwitterDE - ich musste diesen thread ja nur 10 mal hochladen, löschen, vom Handy auf den PC schieben, nochmal alles tippen. Danke für nichts elon
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