, 29 tweets, 5 min read
Spontaner Schwung Glücksgefühl: Person fragte nach, wie sie sich als echt Privilegierte*r bei den "ganz alltäglichen" Kacksituationen mit Nazis solidarisch verhalten kann.
Es ist scheiße, dass das so spät kommt, es ist scheiße, dass ich random von der letzten dieser Situationen erzählen musste, damit die Frage kommt.
Aber sie ist gekommen. Immerhin.
CN #Nazis #Bedrohung
Wen's interessiert: Wenn ihr mitkriegt, dass andere Leute im öffentlichen Raum (mein Liebling: ÖPNV) von Nazis
- bedroht
- beleidigt
- angerotzt
werden, könnt ihr was tun.
(Zu "Bedrohen" gehört auch das, was ich am häufigsten an Scheißverhalten bei einzelnen Nazis erlebe, die sich mit mir einen Waggon teilen: Ohne Platzmangel im Raum so dicht rankommen, dass sie mir wegen Höhenunterschied stehend <-> Rollstuhl quasi den Bauch ins Gesicht drücken.)
Gesetzt, dass ihr zu den Leuten gehört, die von Ordnungskräften wahrscheinlich ernstgenommen werden: Ihr könnt nach der Situation der Person anbieten, bei Anzeige, Meldung ans Verkehrsunternehmen etc. als Zeug*in herzuhalten.
Das erfordert von euch kein aktives Eingreifen in die Situation (ich kann verstehen, wenn ihr bei 2m besoffenem Arschloch Befürchtungen habt).
Genauso low level, aber - für mich jedenfalls - auch schon hilfreich:
Blickkontakt suchen. Dieses "Hallo, ich bin da und sehe, was los ist." ist (wie gesagt, jetzt nur aus meiner Perspektive) beruhigend, weil ich dann weiß, dass gerade nicht alle in Wegguckreflex gehen.
Wenn jemand physisch eingeschüchtert wird, indem sich ein einzelnes Arschloch quasi auf den Schoß setzt/die Füße stellt oder eine Gruppe die Person einkreist und von den anderen Anwesenden isoliert, könnt ihr das durchbrechen:
Ihr müsst nicht reinlatschen und "Hallo, versuchste gerade, dem Menschen da zu zeigen, dass du (im wahrsten Sinne des Wortes) über ihm stehst?" sagen. Es reicht, wenn ihr mit einem random Vorwand in den Kreis latscht oder den Nazi bittet, mal aus dem Weg zu gehen.
Das kann etwas wie "Kann ich mich da festhalten?" (nein, nicht an meinem Rolli) und der Griff zu irgendeiner Haltestange sein, ein "Lassen Se mich mal an den Automaten?" oder ein Reinlatschen und Plötzlichstehenbleiben, weil ihr ganz dringend was im Smartphone nachgucken müsst.
Das sind die Sachen, die gehen, ohne dass ihr euch offensiv zum Ziel macht. Die helfen auch schon. (Wie gesagt, meine Erfahrungen. Kann bei anderen Leuten anders sein.)
(Und nochmal Reminder: Das richtet sich jetzt an Privilegierte, die die Wahl haben. Es geht um Situationen, wo Personen nicht offenkundig körperlich angegriffen werden.)
Wenn ihr bereit seid, offensiver zu sein:
Ihr könnt ein lautes Gespräch mit den Sitznachbar*innen oder anderen potentiellen Zeug*innen anfangen, wie scheiße Rechtsextremismus ist.
Hilft mir, weil ich wieder weiß: Da sind Leute, die gerade schalten, dass was los ist, da sind potentielle Zeug*innen für danach. Hilft auch, weil ihr damit den ersten Schritt macht, den Bystander-Effekt des "Iwer anders wird was tun" zu durchbrechen.
Was noch einen Schritt offensiver ist: Aufstehen oder euch anderswie bemerkbar machen, Smartphone hochhalten. Ggf mit schon eingegeber Nummer. Sagen, dass ihr jetzt die Polizei verständigt, wenn der Nazi nicht sofort die Fresse hält/sich entfernt.
Noch etwas offensiver: Das Ganze mit angewählter Nummer und einem "Ich ruf dann mal die Polizei.". Alles unter der Voraussetzung, dass ihr davon ausgehen könnt, dass ihr für die ein*e valide*r Zeug*in seid, weil ihr weiß, abled usw. seid.
Physisch offensive Alternative: Ihr könnt in die Situation nicht mit scheinbarem Vorwand rein, sondern mit deutlichem Adressieren. Ihr könnt die angegriffene Person fragen, ob alles okay ist. Ihr könnt die Nazis ansprechen und sagen, dass ihr den Scheiß gerade mitbekommt und >
die Aussagen strafbar sind/ihr sowas nicht mit anhören/ansehen werdet/das gequirlte Scheiße ist/....
Falls dann die beliebte Antwort "Dann geh halt woanders hin" kommt, könnt ihr euch a) der angegriffenen Person zuwenden und fragen, "Kommste mit?", mit ihr abwandern und sie dabei physisch abschirmen. b) Falls das nicht geht (z.B. dank Mehrzweckabteil),
könnt ihr entweder sagen, "Nope, ich gehör dazu." und mit der Person ein Gespräch übers Wetter anfangen (die defensivere Version) oder offensiv mitteilen, dass ihr jetzt da bleibt und Zugbegleitung/Polizei (s.o.) ruft.
In Mehrzweckabteilen sind Rufknöpfe mit kleinem Rollstuhlsymbol drauf, über die das Zugpersonal gerufen werden kann (wenn sie funktionieren und jemand reagiert). Zusätzlich ist in allen Rolli-WCs irgendwo ein Notrufknopf/-zugseil.
Ihr könnt andere Fahrgäste/Zeug*innen ansprechen und sie bitten, jemanden dazuzuholen. Ihr könnt sie bitten, dabei zu bleiben. Ihr könnt sie auch bitten, mit euch zusammen eine physische Barriere zwischen der angegriffenen Person und den Nazis zu errichten.
Und dann ein gemütliches Gespräch übers Wetter/sarc.
Wichtig ist bei sowas, dass ihr anderen Anwesenden klare Anweisungen gebt.
Das Gleiche wie bei Unfällen: Der Bystander-Effekt sorgt dafür, dass sich niemand verantwortlich fühlt. Diese Starre zu durchbrechen ist am leichtesten, indem ihr direkt sagt, was ihr von der Person möchtet.
Wir sind in einem gewissen Rahmen alle füreinander verantwortlich: Wenn es darum, sich gegenseitig vor Nazis zu schützen, ist es wichtig, dass Leute das soweit tun, wie sie dazu in der Lage sind.
Ihr müsst nicht in der offensiven Version eingreifen, wenn ihr euch das #AusGründen (keine Papiere, keine Glaubwürdigkeit bei Aussagen, null Chance, sich zu verteidigen, falls Nazis körperliche Gewalt anwenden, ...) nicht leisten könnt.
Aber falls ihr könnt: Macht was. Und die subtilen Unterstützungsformen sind meistens wenigstens teilweise drin.
Warum ich so eine *Ausnahme* bei Ordnungshütenden mache, wenn es um Zeug*innenschaft geht, könnt ihr z.B. auf der Website von @copwatchffm nachlesen. Was ihr bei Racial Profiling tun könnt, übrigens auch.
@copwatchffm Thread erstmal zuende.
Ich habe bestimmt eine Menge vergessen - gerne ergänzen.

Aber spart euch und vor allem mir irgendwelche Relativierungen der Marke "so schlimm ist das doch nicht."
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